Hallo 5sdp72779a,
Kostolany meint folgenden volkswirtschaftlichen Transaktionsmechanismus:
Steigende Zinsen führen zu steigenden Wechselkursen, da im Markt das Kapital dort hinfließt, wo höhere Renditen erwirtschaftet werden können. Das ist die Finanzebene. Auf der realwirtschaftlichen Ebene wirkt die Zinserhöhung mit einer Verzögerung von ein- bis eineinhalb Jahren. Die Refinanzierung der Unternehmen wird teurer und der höhere Wechselkurs wirkt tendenziell wie eine Preiserhöhung, d.h. die Nachfrage geht zurück. Dies zieht eine sinkende Produktion nach sich und führt zu einem Rückgang des Bruttosozialprodukts. Die Börsen antizipieren ein solches Verhalten sehr schnell, d.h. die Börse ist tendenziell rückläufig, es sei denn, es gibt andere Effekte die gegenläufig sind und stärker wirken.
Markante Zinserhöhungen sind deutliche Zinserhöhungen. Ihre Wirkung ist abhängig vom Vertrauen in die Währung. Ich würde sagen, dass ein Anstieg des Zinsen im Euroland um 1,5 bis 2,5 % eine „markante“ Zinserhebung wäre, die mit einem Time Lag zu den oben geführten Reaktionen führen sollte.
Was bedeuted das aber für die Börse in Deutschland?
Ich glaube, dass sich Deutschland aufgrund der Wahlen in einer Sondersituation befindet. Tendenziell wird mit einer Abwahl der derzeitigen Regierung gerechnet. D.h. Senkung der Steuern und Arbeitskosten aber auch Abbau der Defizite und Umsatzsteuererhöhung um 2 %. Die Senkung führt zu höheren Gewinnen und höherer internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen. Der Abbau der Defizite wirkt bremsend. Die Umsatzsteuererhöhung wird kurzfristig die inländische Nachfrage treffen.
Globalyze glaubt, dass die positiven Effekte überwiegen. Die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen wird sich zunächst im Export bemerkbar machen. Die inländische Nachfrage wird – aufgrund der bitteren Pillen Umsatzsteuererhöhung und Reduzierung der Ausgaben des Staates – weiter stagnieren und sich erst mittelfristig erholen können.
D.h. die Entfesselung der Kräfte des derzeit schlafenden Wirtschaftsriesen Deutschland wird stärker sein, als die hemmenden. Die einzige Gefahr, die wir sehen, ist ein Rückgang der Weltkonjunktur, aufgrund hoher Zinsen in den USA und einer Ausgabenreduzierung. Wobei China derzeit als verlässliche Konjunkturlokomotive gegenhält. (China hat derzeit höhere Kapitalimporte als die USA !).
Gerne verweise ich auf die Lageeinschätzung vom Januar dieses Jahres (sieh unten anbei) unter www.globalyze.de. Dort wurde die Einschätzung und die Entwicklung der Zinsen in den USA bereits vorhergesagt.
Also, Optimismus ist angesagt!
In diesem Sinne
Ihr Norbert Lohrke
Globalyze, 29.01.05
Rückblick: Verlauf 2004
Die Weltwirtschaft wuchs im Jahr 2004 noch relativ stark. Insbesondere war ein kräftiger Produktionsanstieg in den Entwicklungs- und Schwellenländern zu verzeichnen. Wenn auch die gesamtwirtschaftliche Erzeugung in den Industrieländern stark zunahm, ist zum Jahresende hin ein Absenken zu konstatieren. Dies ist nicht zuletzt auf die stark gestiegenen Rohölpreise zurückzuführen. Wenn auch die US-Wirtschaft wieder etwas anzog, so zeigt sich eine nachlassende Dynamik im Euroraum wie auch in Japan. Es muss festgestellt werden, dass die wirtschaftliche Entwicklung nicht so stark wie erwartet war.
Ausblick: Weltwirtschaft 2005
Frühindikatoren zeigen leider auch keine wesentliche Besserung an. So muss der eben von Bundeswirtschaftsminister Clement vorgestellte Wirtschaftsbericht als das oft zitierte „Pfeifen im Walde“ gedeutet werden. Wirtschaftspolitik ist eben mehr als Psychologie. Nur gut zureden, reicht nicht, Herr Schröder!
Der Grund dafür ist, dass die Risiken für die Konjunktur, insbesondere auch infolge des höherer Ölpreises, gestiegen sind. Neben dem hohen Ölpreis ist die starke Abwertung des US-Dollar in jüngster Zeit, die auch auf den hohen Kapitalbedarf für den Irak Krieg zurückzuführen ist, zu beachten. Sollten die internationalen Kapitalströme eine rasche Korrektur des außenwirtschaftlichen Defizits der Vereinigten Staaten erzwingen, wäre dies vermutlich mit einer erheblichen weiteren Abwertung des Dollar und steigenden Zinsen in den Vereinigten Staaten verbunden und führte wohl zu einer fühlbaren und länger währenden Abkühlung der Weltkonjunktur.
Die Finanzpolitik wird aufgrund hoher struktureller Defizite eher restriktiv sein (müssen). Dies ist auch für die USA zu erwarten. Die Zinspolitik ist u.E. derzeit eher auf Stabilität angelegt, d.h. es sind keine großen Änderungen zu erwarten. Dazu kommt eine Verlangsamung der – im historischen Vergleich hohen Binnennachfrage - was sich in den übrigen Industrieländern dämpfend bemerkbar machen wird.
Vieles hängt zudem vom Erdölpreis ab. Wird dieser zurückgehen ist mit einem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Produktion zu rechnen. Trotzdem steht die Konjunktur auch wegen struktureller Schwächen eher auf schwachen Beinen.
Aufgrund des oben beschriebenen Szenarios rechnen wir für 2005 mit einem leichten Rückgang der Kapazitätsauslastung in den Industrieländern. Andererseits haben die Unternehmen ihre Verschuldung gesenkt und die schwache Konjunktur zu Restrukturierungen genutzt, was dem entgegensteht. Die Gewinne steigen tendenziell wieder bzw. sind schon wieder hoch.
Auch wirken die unverändert günstigen Finanzierungsbedingungen in Europa auch Deutschland, belebend auf die Investitionen. Trotzdem wird die Arbeitslosigkeit - wenn überhaupt - nur geringfügig zurückgehen.
Was bedeuted das für die deutschen Unternehmen und Ihre Aktienanlage?
Nach nur einem Jahr Aufschwung verliert die Konjunktur in Deutschland schon wieder an Fahrt. Die Auslandsnachfrage geht trotz hoher Exporte zurück. Die schwache Binnennachfrage steigt leicht an. Dem stehen hohe Ausrüstungsinvestitionen im zweistelligen Bereich gegenüber. Allerdings stiegen die Vorratsinvestitionen außergewöhnlich kräftig, was darauf hindeutet, dass viele Unternehmen von dem Rückgang ihres Auslandsabsatzes überrascht wurden und auf Halde produzieren (Achten Sie bei der Analyse auf den Anstieg der Vorräte!!).
Alles in allem werden die Impulse von der Auslandsnachfrage im kommenden Jahr wohl um einiges geringer ausfallen als bisher von uns erwartet. Kaufkraftverluste und Kostensteigerungen aufgrund des Ölpreisanstiegs sowie die Verschlechterung der weltweiten Konjunkturaussichten trüben die Perspektiven für Beschäftigung, Einkommen und Gewinne. Eine Verbesserung der Einkommens- und Ertragsaussichten ist nur bei Rückgang der Ölpreise und einer Aufwertung des Dollars zu erwarten.
Für die Aktienanlage heißt dies, dass man u.E. derzeit von stark exportgetriebenen Werten die Finger lassen sollte. Automobilwerte sind mit Ausnahmen zu meiden, da die Nachfrage nach Fahrzeugen , insbesondere im privaten Bereich, weiterhin rückläufig ist und nur durch ein Eindecken der Flotten einigermaßen stabil gehalten wird.
Interessant sind unserer Meinung nach derzeit Werte, die stark von der privaten Nachfrage abhängig sind und deren Vorstände die letzten Jahre für Restrukturierungen und Kapazitätsanpassungen genutzt haben. Hier wird sich u. E. die notwendige Geduld bei einem potentiellen Anstieg der Konjunktur und damit auch der privaten Nachfrage, auszahlen.
Wie immer raten wir, sich die Werte einzeln zu betrachten. Ein gut geführtes Unternehmen ist auch in schwierigen Zeiten eine sichere Anlage!!