Mit gefälschten Dokumenten haben Metallhändler sich Kredite erschlichen - und prellten Banken in Europa und den USA um mehr als 600 Millionen Dollar. Auch die WestLB, Dresdner Bank und HypoVereinsbank sollen zu den Opfern gehören.
Hamburg/London/New York - In Großbritannien ist er die Nummer 209 auf der Liste der wohlhabendsten Menschen: Virendra Rastogi, 34, ist 150facher Dollar-Millionär - und soll mindestens neun Banken auf zwei Kontinenten um Millionen geprellt haben. Nach Angaben der US-Justizbehörden beläuft sich der Schaden auf 600 Millionen Dollar, könnte aber bis auf eine Milliarde Dollar anschwellen.
Hart trifft dies in Deutschland vor allem die WestLB: Der Betrug soll Verluste von 200 Millionen Dollar verursacht haben. Auch die Dresdner Bank ist mit bis 20 Millionen Dollar und die HypoVereinsbank mit einem zweistelligen Euro-Millionenbetrag betroffen, berichtet das "Handelsblatt".
Im Visier der Fahnder stehen die in New York ansässige Allied Deals sowie die Londoner Metallhandelsfirma RBG Resources, die beide zum Imperium der Rastogi-Familie gehören. Virendra Rastogi und seine vier Komplizen - sein Bruder Narenda Rastogi, Anil Anand, Manoj Nijhawan und Udhay Shhankar Balakrishna - sollen sich mit gefälschten Lieferpapieren Kredite erschwindelt haben.
Ihre Vorgehensweise scheint simpel: Generell erhalten Unternehmen der Metallbranche Kredite für künftige Lieferungen. Im Gegenzug sichern sie den Bankinstituten zu, dass die Rechnungen bei der Lieferung der Ware auf ihren Namen laufen.
Doch die mutmaßlichen Betrüger tricksten die Banken aus: Mit gefälschten Dokumenten gaukelten sie den Instituten vor, Kunden in Indien, Hongkong, Singapur und die Vereinigten Arabischen Emirate zu beliefern. Wurde ein Kredit fällig, nahmen sie zur Tilgung flugs einen neuen auf. Schon seit Mai 2000 sollen sie sich nach Angaben der New Yorker Staatsanwaltschaft und des FBI mit dieser Methode Gelder erschlichen haben.
Erst als Ende vergangenen Jahres nahezu alle Kreditzahlungen zum selben Zeitpunkt eingestellt wurden, schöpften die Banken Verdacht. Doch die mutmaßlichen Millionen-Betrüger hatten zahlreiche Ausreden: Die Fehde mit einer rivalisierenden Familie, die Festnahme eines Bruders Rastogis in Indien und die Terrorattacken vom 11. September seien für den abrupten Abbruch der Zahlungen verantwortlich.
Als die Banken Nachforschungen anstellten, fanden sie heraus, dass die vermeintlichen millionenschweren Unternehmen in Wirklichkeit kleine Einzelhandelsgeschäfte in schäbigen Wohngegenden waren. In einigen Fällen befand sich an der angegebenen Adresse keine Firma.
Im Februar hatten die Wirtschaftsprüfer PriceWaterhouseCoopers nach fünf Jahren ihre Tätigkeit für RBG eingestellt. Als Begründung hatten sie den "Verdacht von Scheingeschäften" angegeben - in den RBG-Büchern stünden nicht existierende Geschäfte. Bei Nachforschungen tauchten Handelswechsel über 470 Millionen Dollar auf, die offenbar gefälscht waren.
Daraufhin hatte die WestLB Anfang Mai einen Antrag auf Liquidation der RBG gestellt. Die Bank hatte nach Angaben ihres Sprechers zwei Finanztransaktionen mit RBG laufen, berichtet die "Financial Times Deutschland". Der Sprecher räumte zwar ein, dass die Bank geschädigt wurde, wollte aber nicht bestätigen, dass Verluste von bis zu 200 Millionen Dollar entstanden, schreibt die Zeitung weiter. Ein Dresdner-Bank-Sprecher sagte der "Financial Times Deutschland, die Tochter Dresdner Bank Lateinamerika sei betroffen - "welche Auswirkungen dieser Fall hat, prüfen wir gerade bankintern." Er dementierte jedoch, dass der Schaden in den dreistelligen Millionenbetrag laufe, so die "Financial Times Deutschland".
Stark betroffen sind vor allem britische und US-Banken, so die amerikanischen Ermittler. Das US-Institut Fleet Boston schätzt seinen Verlust auf 70 Millionen Dollar, sagte der Sprecher James Mahoney der "New York Times". Das Unternehmen würde eng mit dem FBI und den US-Justizbehörden zusammenarbeiten. Die Investmentbank JP Morgan Chase soll um drei Millionen Dollar geprellt worden sein. Auch die Bank of the US, die belgische KBC, die China Trust Bank und die Schweizer Banque Cantonale Vaudoise sollen mit bis zu 50 Millionen Dollar zu den Opfern gehören.
Auf amerikanischer Seite waren zwei weitere Wirtschaftsprüfer mit den Büchern von Allied Deals vertraut: Rothstein, Kass & Co. und Ernst&Young LLP. Die Transaktionen von Allied seien teilweise von Versicherungen gedeckt gewesen, berichtet das "Handelsblatt". Möglicherweise gehören noch weitere Firmen zu dem betrügerischen Netz.
Anfang Mai wurde Rastogi verhaftet, befindet sich gegen Kaution aber wieder auf freiem Fuß. Bis auf Anand kamen auch seine Komplizen gegen Kaution wieder frei.
Möglicherweise könnte sich der Fall auch zur politischen Affäre ausweiten: Jack Cunningham, früheres Kabinettsmitglied der Labour-Regierung, und der liberale Abgeordnete Lord Holme arbeiteten jahrelang als Berater für RBG Resources. Erst in den letzten Monaten hatten sie ihre Verbindungen gelockert.
spiegel.de
Hamburg/London/New York - In Großbritannien ist er die Nummer 209 auf der Liste der wohlhabendsten Menschen: Virendra Rastogi, 34, ist 150facher Dollar-Millionär - und soll mindestens neun Banken auf zwei Kontinenten um Millionen geprellt haben. Nach Angaben der US-Justizbehörden beläuft sich der Schaden auf 600 Millionen Dollar, könnte aber bis auf eine Milliarde Dollar anschwellen.
Hart trifft dies in Deutschland vor allem die WestLB: Der Betrug soll Verluste von 200 Millionen Dollar verursacht haben. Auch die Dresdner Bank ist mit bis 20 Millionen Dollar und die HypoVereinsbank mit einem zweistelligen Euro-Millionenbetrag betroffen, berichtet das "Handelsblatt".
Im Visier der Fahnder stehen die in New York ansässige Allied Deals sowie die Londoner Metallhandelsfirma RBG Resources, die beide zum Imperium der Rastogi-Familie gehören. Virendra Rastogi und seine vier Komplizen - sein Bruder Narenda Rastogi, Anil Anand, Manoj Nijhawan und Udhay Shhankar Balakrishna - sollen sich mit gefälschten Lieferpapieren Kredite erschwindelt haben.
Ihre Vorgehensweise scheint simpel: Generell erhalten Unternehmen der Metallbranche Kredite für künftige Lieferungen. Im Gegenzug sichern sie den Bankinstituten zu, dass die Rechnungen bei der Lieferung der Ware auf ihren Namen laufen.
Doch die mutmaßlichen Betrüger tricksten die Banken aus: Mit gefälschten Dokumenten gaukelten sie den Instituten vor, Kunden in Indien, Hongkong, Singapur und die Vereinigten Arabischen Emirate zu beliefern. Wurde ein Kredit fällig, nahmen sie zur Tilgung flugs einen neuen auf. Schon seit Mai 2000 sollen sie sich nach Angaben der New Yorker Staatsanwaltschaft und des FBI mit dieser Methode Gelder erschlichen haben.
Erst als Ende vergangenen Jahres nahezu alle Kreditzahlungen zum selben Zeitpunkt eingestellt wurden, schöpften die Banken Verdacht. Doch die mutmaßlichen Millionen-Betrüger hatten zahlreiche Ausreden: Die Fehde mit einer rivalisierenden Familie, die Festnahme eines Bruders Rastogis in Indien und die Terrorattacken vom 11. September seien für den abrupten Abbruch der Zahlungen verantwortlich.
Als die Banken Nachforschungen anstellten, fanden sie heraus, dass die vermeintlichen millionenschweren Unternehmen in Wirklichkeit kleine Einzelhandelsgeschäfte in schäbigen Wohngegenden waren. In einigen Fällen befand sich an der angegebenen Adresse keine Firma.
Im Februar hatten die Wirtschaftsprüfer PriceWaterhouseCoopers nach fünf Jahren ihre Tätigkeit für RBG eingestellt. Als Begründung hatten sie den "Verdacht von Scheingeschäften" angegeben - in den RBG-Büchern stünden nicht existierende Geschäfte. Bei Nachforschungen tauchten Handelswechsel über 470 Millionen Dollar auf, die offenbar gefälscht waren.
Daraufhin hatte die WestLB Anfang Mai einen Antrag auf Liquidation der RBG gestellt. Die Bank hatte nach Angaben ihres Sprechers zwei Finanztransaktionen mit RBG laufen, berichtet die "Financial Times Deutschland". Der Sprecher räumte zwar ein, dass die Bank geschädigt wurde, wollte aber nicht bestätigen, dass Verluste von bis zu 200 Millionen Dollar entstanden, schreibt die Zeitung weiter. Ein Dresdner-Bank-Sprecher sagte der "Financial Times Deutschland, die Tochter Dresdner Bank Lateinamerika sei betroffen - "welche Auswirkungen dieser Fall hat, prüfen wir gerade bankintern." Er dementierte jedoch, dass der Schaden in den dreistelligen Millionenbetrag laufe, so die "Financial Times Deutschland".
Stark betroffen sind vor allem britische und US-Banken, so die amerikanischen Ermittler. Das US-Institut Fleet Boston schätzt seinen Verlust auf 70 Millionen Dollar, sagte der Sprecher James Mahoney der "New York Times". Das Unternehmen würde eng mit dem FBI und den US-Justizbehörden zusammenarbeiten. Die Investmentbank JP Morgan Chase soll um drei Millionen Dollar geprellt worden sein. Auch die Bank of the US, die belgische KBC, die China Trust Bank und die Schweizer Banque Cantonale Vaudoise sollen mit bis zu 50 Millionen Dollar zu den Opfern gehören.
Auf amerikanischer Seite waren zwei weitere Wirtschaftsprüfer mit den Büchern von Allied Deals vertraut: Rothstein, Kass & Co. und Ernst&Young LLP. Die Transaktionen von Allied seien teilweise von Versicherungen gedeckt gewesen, berichtet das "Handelsblatt". Möglicherweise gehören noch weitere Firmen zu dem betrügerischen Netz.
Anfang Mai wurde Rastogi verhaftet, befindet sich gegen Kaution aber wieder auf freiem Fuß. Bis auf Anand kamen auch seine Komplizen gegen Kaution wieder frei.
Möglicherweise könnte sich der Fall auch zur politischen Affäre ausweiten: Jack Cunningham, früheres Kabinettsmitglied der Labour-Regierung, und der liberale Abgeordnete Lord Holme arbeiteten jahrelang als Berater für RBG Resources. Erst in den letzten Monaten hatten sie ihre Verbindungen gelockert.
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