Betrachten wir zur Veranschaulichung Abbildung 1. Im Herbst 1995 wurde ich in den Vatikan zu einer Konferenz über das Gesundheitswesen eingeladen. Ich legte dort ein Papier vor, an dem ich gerade arbeitete und das geeignet war, aufzuzeigen, was mit der Weltwirtschaft los war. Die Abbildung zeigt den Zustand in den USA in dem betreffenden Zeitraum. Man sieht einen deutlichen realwirtschaftlichen Niedergang. Die unteren 80 Prozent der Einkommensbezieher in Amerika kennen das: Der Lebensstandard der Familien war in physischer Hinsicht - z.B. der Gesundheitsversorgung - rückläufig. Und diese (untere) Kurve zeigt nicht nur nach unten, der Rückgang beschleunigt sich auch, die Kurve ist hyperbolisch.
Gleichzeitig haben die sog. "Marktwerte" der Wall Street noch bis vor kurzem eine rasante Entwicklung nach oben genommen. Die Finanzaggregate wachsen, aber wie? Indem sie die Menschen bestehlen. Wenn ein Unternehmen "Kosten einspart", indem es den Angestellten weniger zahlt, dann stiehlt es. Wenn es aus Billiglohnländern importiert, stiehlt es. Die Realwirtschaft der USA ist pro Kopf gemessen vor allem für die Familien mit niedrigeren Einkommen eingebrochen. Aber die Aktienmärkte schossen in die Höhe. "Die Aktien steigen! Wundervoll! Die Wirtschaft floriert!" Der Patient liegt im Sterben und das Fieber steigt!
Die Aktien-Hausse wurde u.a. durch Gelddrucken bewirkt: Immer mehr Geld wurde direkt oder indirekt in die Wirtschaft gepumpt, über das Federal-Reserve-System oder indem man sich Yen zu null Prozent Zinsen lieh. Die Finanztitel wuchsen, indem die physische Wirtschaft ausgeplündert wurde und auf die vorhandenen Titel immer neue Schulden gemacht wurden (leverage). Kommen wir nun zur Abbildung 2. Hier sieht man den Zustand der amerikanischen Volkswirtschaft im Frühjahr 2000. An diesem Punkt überstieg die Summe der Finanztitel, die über das "Absturz-Verhinderungsprojekt" der Regierung Clinton in die Wirtschaft gepumpt werden mußten, um die Aktienmärkte und verwandte Märkte vor dem Kollaps zu bewahren, die Summe der problematischen Finanztitel, die damit umgeschuldet werden mußten. Dieser Punkt war während der Weimarer Republik im Juni/Juli 1923 erreicht. Die deutsche Zentralbank mußte mehr Geld drucken, als sie eigentlich umschulden wollte. Das führte in die Hyperinflation.
Im Frühjahr und Sommer 2000 trat das amerikanische Finanzsystem also in eine hyperinflationäre Entwicklung ein. Der Zusammenbruch der Realwirtschaft beschleunigte sich immer mehr - wir alle sehen die Massenentlassungen und Firmenschließungen. Aber das System der Finanztitel hielt noch etwas länger, es bricht erst jetzt zusammen. Die Finanzwerte an den Aktienmärkten und anderen Börsen wachsen nicht mehr so schnell wie zuvor. Da der Wert dieser sog. "Wertpapiere" entscheidend von der Wachstumsrate abhängt, brechen ihre Gewinne dann unvermeidlich ein. Gleichzeitig muß man dem Finanzsystem über die Zinssenkungen der Federal Reserve usw. mehr neues Geld zuführen, als dadurch an altem Geld gestützt werden soll.
Das Gelddrucken geschieht in den USA, aber auch über Japan. Der Dollar ist vom Yen abhängig. Die japanische Regierung und die japanischen Banken haben die USA mit Liquidität gestützt. Sie haben Gelder zu Zinsen um null Prozent herum verliehen. Bekommt vielleicht irgendjemand von Ihnen einen Kredit zu null Prozent Zinsen? Das Geld wird in Yen ausgegeben und dazu benutzt, Dollar, Euro usw. zu kaufen. Anschließend fließt es auf die amerikanischen Finanzmärkte. Was geschieht nun, wenn der Yen einbricht?
Argentinien ist bankrott. Die Türkei ist praktisch schon so bankrott wie Argentinien und wird nur aus militärischen Erwägungen heraus wegen der Irak-Operation und Einsätzen in Zentralasien gestützt. Was geschieht, wenn die Türkei zusammenbricht? Das gesamte System erlebte einen kettenreaktionsartigen Kollaps.
Aber das ist noch nicht das Ende.
Die "Cluster-Knacker"
Das ganze System, für das Enron steht, ist ein gigantischer Schwindel. Es ist nichts Gutes daran, es ist reiner Diebstahl. Ein Aspekt war, daß Enron und ähnliche Unternehmen den Politikern und den Parteien sehr viel Geld spendeten. Sie haben Kongreßabgeordnete regelrecht aufgekauft. Und die Abgeordneten wurden immer schlechter, forderten aber gleichzeitig immer mehr Geld! Das System wurde nur mit Betrug und Kriminalität aufrecht erhalten. Würden Sie einer der großen Buchprüfungsfirmen trauen? Würden Sie den Bankiers trauen? Würden Sie einem Abgeordneten trauen?
Die Firmen investierten in Finanzderivate, sogenannte "Hedges" (im ursprünglichen Sinn: gegenseitige finanzielle Absicherung). Diese seltsamen Geschäfte wurden immer komplizierter, und immer größere Teile der Welt - vor allem in dem Bereich, der "Funny Money" genannt wird - waren darin verwickelt.
Aber es gibt für diese fiktiven Werte der Finanzderivate keine realen Sicherheiten. Sie basieren immer nur auf der Annahme, daß Fritz Müller Hans Meier bezahlen kann. Aber wenn Müller Selbstmord begeht, ist Meier bankrott. Bei diesen Derivatgeschäften sind alle Beteiligten irgendwo als Gegenpartei verwickelt, sie sind gefangen in dem größten und schmutzigsten Spinnennetz, das man sich vorstellen kann. Und wenn dieses Netz reißt, geht alles in einer gigantischen Kettenreaktion unter. Wir haben es mit einer Derivatblase von nominell mehr als 100 Billionen Dollar zu tun. Viele dieser Firmen sitzen auf den Bermudas, den Kanal-Inseln o.ä. und sind reine Scheinfirmen.
Viele amerikanischen Unternehmen waren an den Energiegeschäften und Derivatvereinbarungen beteiligt. Kürzlich ist ein Unternehmen in Pennsylvania untergegangen, das selbst gar nicht mit Derivaten spekulierte, aber Verträge mit Enron geschlossen hatte. Wir stehen also am Rande einer Kettenreaktion.
Ich möchte das mit einem Bild veranschaulichen. Es gibt da in der Natur ein sehr interessantes Lebewesen, das sich mal wie ein Tier verhält und mal wie eine Pflanze. Das ist der Schleimpilz. Es gibt viele unterschiedliche Arten von Schleimpilzen. Dieses Lebewesen, das im Morast gedeiht, ist in einer Phase seiner Existenz ein individuelles Wesen und verhält sich wie ein Tier, aber in einer anderen Phase schließen sie sich zu einem Bündel zusammen und bilden einen häßlichen Schleim. Und zwischen diesen beiden Entwicklungsphasen wechselt der Schleimpilz immer hin und her.
Sie sagen: "Wir sind hier alle einzelne ,Partner' bei Enron." (,Partner' waren scheinselbständige Tochterunternehmen.) Dann schaut man sich die Partnergesellschaften an und erkennt: "Moment mal, das ist ein Schleimpilz!" Dann betrachtet man Enrons Verpflichtungen als Gegenpartei bei Derivatgeschäften in ihrer Gesamtheit, zieht seine Schlüsse für den Gesamtkomplex der Finanzderivate und erkennt: "Das ist ein gewaltiger Schleimpilz von nominell 100 Billionen Dollar, der die ganze Welt zu ersticken droht!" Haben Sie jemals einen Schleimpilz sterben sehen?
Das meine ich mit "Cluster-Buster". Es gibt nichts mehr, was dieses System noch stützen könnte. Die Produktion ist eingebrochen, das System kollabiert; es ist am Ende. Das ist genau das, war ich 1995/96 und in der zweiten Phase 2000 im Zusammenhang mit der "Kollapsfunktion" vorhergesagt habe.
So ist die Lage: das Ende des Systems.
Die Lehren der klassischen Tragödie
Wir erleben eine klassische Tragödie. Früher, als die Menschen noch etwas wußten, wurde an den höheren Schulen und Universitäten noch Shakespeare gelehrt. Aber auch damals war die Interpretation der Tragödie falsch und romantisch. Es hieß z.B., Hamlet sei gescheitert, Hamlets Fehler hätten zum Untergang Dänemarks geführt. Das ist nicht richtig. Hamlet machte keinen "Fehler". Tatsächlich hätte er Dänemark nur retten können, wenn er einen "Fehler" gemacht hätte!
Hamlets Handeln wird an zwei zentralen Stellen des Stücks zusammengefaßt: in dem berühmten Monolog "Sein oder Nichtsein..." im Dritten Akt und in der Schlußszene des Stückes, dem außergewöhnlichen, verdrehten Dialog zwischen dem norwegischen Prinzen und Horatio. Hamlet und die anderen Toten werden von der Bühne getragen, aber Fortinbras hat nichts daraus gelernt und sagt sinngemäß: "Machen wir weiter so!" Horatio dagegen sagt: "Nein, genug! Laßt uns darüber nachdenken, was geschehen ist, damit es sich nicht wiederholt."
Fortinbras: Wo ist dies Schauspiel?
Horatio: Was ists, das Ihr zu sehn begehrt? Wenn irgend
Weh oder Wunder!, laßt vom Suchen ab.
Fortinbras: Die Niederlage hier schreit Mord. - O stolzer Tod,
Welch Fest geht vor in deiner ew'gen Zelle,
Daß du auf einen Schlag so viele Fürsten
So blutig trafst...
Horatio: Und laßt der Welt, die noch nicht weiß, mich sagen.
Wie alles dies geschah, so sollt ihr hören
Von Taten, fleischlich, blutig, unnatürlich,
Zufälligen Gerichten, wildem Mord;
Von Toden, durch Gewalt und List bewirkt,
Und Planen, die verfehlt zurückgefallen
Auf der Erfinder Haupt: Dies alles kann ich
Mit Wahrheit melden.
..aber laßt uns dies
Sogleich verrichten, weil noch die Gemüter
Der Menschen wild sind, daß kein Unheil mehr
Aus Ränken und Verwirrung mög geschehen.
(5.Aufzug, 2.Szene)
Und Hamlet drückt in seinem berühmten Dialog aus, daß er zwar weiß, was er tun müßte, daß er aber zuviel Angst davor hat, dabei zu sterben, und deshalb lieber am Althergebrachten festhält:
Nur daß die Furcht vor etwas nach dem Tod -
Das unentdeckte Land, von des Bezirk
Kein Wandrer wiederkehrt - den Willen irrt,
Daß wir die Übel, die wir haben, lieber
Ertragen, als zu unbekannten fliehn.
So macht Gewissen Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;
Und Unternehmen voller Mark und Nachdruck,
Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt,
Verlieren so der Handlung Namen...
(3.Aufzug, 1.Szene)
In jeder wahren Tragödie liegt die Ursache für den Untergang einer Nation nicht im Scheitern ihrer Führer als solcher. Schuld ist das Volk. Das Versagen des Staatsführers besteht nur darin, daß er es nicht wagt, gegen den Willen des Volkes zu handeln. So scheitern in der wirklichen Geschichte die Pragmatiker. Jeder Pragmatiker ist sozusagen eine potentielle reale Tragödie. Denn es gab immer nur einen Grund dafür, daß sich eine Kultur oder Zivilisation selbst zerstört: daß sie unbeirrbar an ihrer "öffentlichen Meinung" festhielt. Der tragische Held scheitert, weil er so handelt, wie es die öffentliche Meinung von ihm fordert. Und das Volk versagt, weil es Leute, die Sklaven der öffentlichen Meinung sind, zu ihren Staatsführern erwählt.
Das ist die Tragödie der Vereinigten Staaten heute. Deshalb versagen unsere beiden großen Parteien. Solange das Volk sich der öffentlichen Meinung unterwirft, sind die USA zum Untergang verurteilt. Nur eine abrupte, revolutionäre Veränderung der öffentlichen Meinung kann die USA jetzt noch vor der Hölle auf Erden bewahren. Diese Hölle ist der drohende "Krieg der Kulturen". Europa ist kurz davor, sich von den USA zu entfernen. Vielleicht kommt es nicht dazu, aber Europa droht mit etwas, womit es seit über 50 Jahren nicht gedroht hat: sich von der Macht der Vereinigten Staaten loszusagen. Denn Europa weiß, daß die USA zum Untergang verurteilt sind, und überlegt nun, ob es den Mut hat, sich diesem Untergang zu entziehen.
Das ist die Realität.
Lösungen gibt es nur gegen die öffentliche Meinung. Das bedeutet, daß wir unserem Freund, der an die "New Economy" oder an Freihandel oder an Globalisierung glaubt, erklären müssen, daß er ein selbstmörderischer Verrückter ist. Er ist ein tragischer Narr. Wer glaubt, er müsse den Meinungsumfragen folgen, ist ein tragischer Narr.
Wenn man erkennt, daß die ganze Nation sich wie die sprichwörtliche Herde Lemminge verhält, die bereit ist, über die Klippe zu springen, dann gibt man nichts mehr auf die Meinung der Lemminge. Wer sich ernsthaft Sorgen um die Lemminge macht, der muß versuchen, ihre Meinung zu ändern, und darf dabei nicht zimperlich sein, wenn ihre derzeitige Meinung zur Sprache kommt. Das ist jetzt unsere Aufgabe.
Ich habe Amerika genau beobachtet. Schließlich lebe ich schon eine ganze Weile. Ich bin immer noch voller Tatkraft, so wie (der Sänger) William Warfield und einige andere auch. Aber viele andere sind bereits gestorben. Leute wie ich, in meiner Position, gehören zu den Überlebenden. Wir wissen noch, was diesem Land in den 20er und 30er Jahren widerfahren ist, während des Krieges, in der unmittelbaren Nachkriegszeit, in den 50er und 60er Jahren, und wir wissen, was seitdem geschah.
Das Versagen der "Baby-Boomer"-Generation
Viele Menschen in einflußreichen Positionen, die nach dem Krieg geboren wurden - die "Babyboomer" oder "68er" - , haben keinen blassen Schimmer, was heute in der Welt vorgeht. Sie wuchsen unter dem Einfluß des sog. "McCarthyismus" auf, der eigentlich ein "Trumanismus" war. (Irgendjemand entschied sich für die Bezeichnung "McCarthyismus", wohl weil er "Truman" nicht aussprechen konnte.) Zu dieser Zeit sagten die Eltern zu ihren Kindern: "Bleibt nicht in der Stadt, zieht in die Vorstadt. Nehmt euch einen Bürojob, macht euch nicht die Hände schmutzig, das hat keine Zukunft. Das ist nur was für arme Leute, nicht für euch. Besucht die richtigen Schulen, und seid vorsichtig mit dem, was ihr sagt. Sagt niemals etwas, was euch schaden könnte und eure Familie in Schwierigkeiten bringt. Paßt euch an, damit ihr weiterkommt."
Es war also in gewisser Hinsicht nicht der Fehler der Babyboomer: Sie wurden eben so erzogen. Sie wissen es nicht besser. Wenn sie mit einem Problem konfrontiert sind, mit dem sie sich nicht auseinandersetzen wollen, sagen sie einfach: "Ich gehe nicht hin", "ich will davon nichts hören", "das glaube ich nicht". Oder sie sagen: "Ich will nichts wissen von ,toten weißen europäischen Männern' (Dead White European Males), das ist an unserer Universität verboten."
Deshalb haben wir heute eine unterprivilegierte Bevölkerung. Das hätte man mit meiner Generation nicht machen können, solange wir am Ruder waren. Unsere Generation war nicht so dumm. Meine Generation hat schlimme, moralische Verbrechen begangen. Sie fügte sich Entwicklungen, die sie nicht hätten hinnehmen dürfen. Sie unterwarfen sich der öffentlichen Meinung - die in Wirklichkeit von milliardenschwere Massenmedien manipuliert war - statt ihrem Gewissen. Aber man hätte uns nicht so an der Nase herumführen können wie die Babyboomer.
Deshalb muß ich jetzt reden wie ein alter Prophet, weil ich aus einer Generation stamme, die der Vernunft zumindest näher war als alle späteren. Meine Aufgabe ist es, Ihnen, die fast alle jüngeren Generationen angehören, deutlich zu machen, daß es einmal eine Zeit gab, in der wir mehr wußten, als Sie heute zu wissen meinen. Wir hätten die Globalisierung niemals akzeptiert. Wir hätten nicht zugelassen, daß jemand unsere Arbeitsplätze nach Übersee verlagert, daß die Infrastruktur zerstört wird usw. Wir hätten es einfach nicht toleriert. Aber Sie, die Jüngeren, haben es. Sie glauben, gewisse Dinge (Globalisierung usw.) seien unausweichlich, es sei nicht mehr umkehrbar, und Sie müßten sich damit abfinden.
Anders einige von uns, die älter und weiser sind und auf mehr Erfahrungen zurückgreifen können. Wir blicken auch eher auf unsere Vorfahren zurück und setzen unsere Lage in Beziehung zu den Menschen, die vor uns da waren. Meine eigene Familienerfahrung, bei Tischgesprächen und kulturellen Kontakten, reicht 200 Jahre zurück. Einer meiner Vorfahren, auf den bei uns zuhause immer wieder die Sprache kam, war ein Zeitgenosse Abraham Lincolns. Viele Menschen meiner Generation können bei ihrem familiären Hintergrund sogar bis ins 18. Jahrhundert und frühe 19. Jahrhundert zurückblicken. Sie denken an die Gegenwart vor dem Hintergrund der Geschehnisse über diese ganze Zeit seit damals hinweg. Sie vergleichen die Entwicklungen langfristig. Sie denken daran, woher wir gekommen sind, und fragen "wohin gehen wir"?
Eine Chance zur Veränderung
Aber vor uns liegt auch eine Chance, wenn Teile der jüngeren Generation wieder zu Verstand kommen und erkennen, daß die derzeitigen politischen Parteien nichts taugen. Es gibt ehrenwerte Leute in diesen Parteien, auch auf der Führungsebene, aber als organisierte Institutionen sind sie heute zu angepaßt. Republikaner und Demokraten sind gleich dumm und inkompetent. Wenn diese Parteien in ihrem gegenwärtigen Zustand die Zukunft gestalten müßten - auch die nahe Zukunft - , dann würde man zu dem Schluß kommen, dieses Land und diese Zivilisation seien nicht zu retten.
Aber wir können einiges bewegen, wenn die Menschen wieder zur Vernunft kommen, wenn sie eine "Erleuchtung" haben. Vielleicht werden viele eine größere Erleuchtung haben als George Bush am 11. September - wenn sie nämlich erkennen, daß alles, wofür sie jemals gekämpft haben, kurz vor der Zerstörung steht. Vielleicht werden sie bereit sein, ihr Verhalten zu ändern, weil sie feststellen, daß es Werte gibt, die ihnen wichtiger sind als ihre alten Gewohnheiten.
Ihr erstes Ziel wird vielleicht sein, zu dem zurückzugehen, was die Vereinigten Staaten unter Franklin Roosevelt einmal waren, was in gewissem Maße auch die ersten 20 Jahre nach dessen Tod weiterging. "Damals lief es besser. Warum nehmen wir uns das nicht wieder zum Vorbild?" Die Alten erklären den Jüngeren: "Damals ging es uns besser. Nur deshalb konntet ihr das College besuchen." Die Kinder heute haben kaum eine Chance. Sie können zwar ein College besuchen, aber sie lernen dort nichts mehr. Doch wir können uns ändern.
Wir müssen überhaupt die Welt auf eine andere Art betrachten. Leider sind wir kulturell stark von Hobbes beeinflußt. Wir glauben, das Geheimnis aller Dinge ist, wie man auf Kosten der anderen vorankommt. Viele Leute sagen: "Stehen unsere Interessen nicht im Widerspruch zu denen anderer Nationen? Wie können wir die anderen besiegen?" Irgendwelche Idioten reden von einem wirtschaftlichen Konflikt zwischen Europa und den USA. Es gibt keinen solchen Konflikt, außer in den Köpfen dieser Idioten. Es gibt keinen "Konflikt" zwischen dem Dollar und dem Euro! Der Euro ist bankrott und der Dollar ist bankrott - wo ist da der Konflikt?
Wir müssen in Dimensionen und Begriffen der Menschheit denken. Und wir müssen erkennen, daß der Nationalstaat eine notwendige Einrichtung ist. Denn nur durch den Bezug auf eine nationale Kultur können sich Menschen über sensitive Probleme überlegt und wirksam verständigen. Gleichzeitig müssen die Nationen aber auch als eine Familie von Nationen beratschlagen und sich auf eine Politik verständigen, so wie wir uns innerhalb einer Nation auf eine Politik verständigen, die sich auf unsere gemeinsame Sprachkultur und unsere Traditionen gründet - das, was wir mit unseren Nachbarn, Freunden und der Familie gemeinsam haben, so daß wir Bezüge schaffen können, die die Menschen verstehen. Das ist für Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen schwieriger.
Aber wir sind alle Menschen und haben als solche im wesentlichen dieselben Interessen. Wir unterscheiden uns alle auf gleiche Weise von den Tieren. Als Menschen haben wir Zugang zur Unsterblichkeit, zu Ideen, was kein Tier jemals hat, es sei denn, es würde von einem Menschen aufgenommen. Wenn ein Tier stirbt, geht es nirgendwo hin, es sei denn, ein Mensch hätte es geliebt. Was geschieht mit einem Menschen, wenn er stirbt? Wenn es ein Mensch voller Ideen war, der durch Ideen zur Entwicklung anderer Menschen beitrug, dann erreicht er mit der Weitergabe dieser kognitiven Entdeckungen und Ideen Unsterblichkeit. Was er in seinem Leben getan hat, wird zum immerwährenden Bestandteil der Menschheit, einem ewigen Erbe. In diesem Erbe lebt er ewig und erlangt Unsterblichkeit.
Wenn wir auf unsere Vorfahren und ihre Kulturen zurückblicken, und an die Kämpfe denken, die frühere Generationen gekämpft haben, dann versuchen wir, den Verstorbenen Gerechtigkeit zu erweisen. Wir denken an das Unrecht, das damals geschah, und versuchen, denjenigen, die unter Ungerechtigkeit leiden mußten, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. So muß der Lebende den Toten Gerechtigkeit zukommen lassen, und so muß er kommenden Generationen eine Zukunft ermöglichen.
Diese Unsterblichkeit existiert. Deshalb müssen wir in diesen Begriffen an die Menschheitsfamilie denken: als Familie souveräner Nationalstaaten und als Völker, die sich auf dieses Selbstverständnis gründen.
Von Lyndon LaRouche
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