Der EU-Stabilitätspakt wird nach Aussage eines führenden Finanzministers der Euro-Zone in seinem zentralen Punkt geändert. Künftig soll nicht mehr das tatsächliche Defizit im Staatshaushalt ausschlaggebend für die Verwarnung eines Landes sein, sondern der um konjunkturelle Einflüsse bereinigte Fehlbetrag.
In Krisenzeiten liegt er deutlich niedriger als das nominale Defizit. Deutsche Regierungskreise bestätigten die Pläne. Der Minister sagte am Rande des Weltwirtschaftsforums in New York, man habe beschlossen, die Veränderung jetzt noch nicht vorzunehmen. Angesichts der laufenden Auseinandersetzung, ob Deutschland und Portugal wegen ihrer unerwartet hohen Defizite von der EU ermahnt werden, hätte dies fragwürdig gewirkt.
Würde der Budget-Saldo schon heute um konjunkturelle Effekte bereinigt, hätte Deutschland keine Ermahnung zu fürchten. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche eine Frühwarnung an die Bundesrepublik empfohlen, da das deutsche Defizit gemessen am Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr voraussichtlich 2,7 Prozent erreichen wird. Es geriete damit in die Nähe der im Stabilitätspakt vorgesehenen Obergrenze von drei Prozent. Die Kommission hat für ihre Empfehlung allerdings noch keine Mehrheit im Rat der EU-Finanzminister (Ecofin).
Peinliche Verwarnung
Gerade im anlaufenden Bundestagswahlkampf wäre die Verwarnung für die Bundesregierung peinlich. Hinzu kommt, dass der Stabilitätspakt auf deutsches Betreiben zustande kam. Er schreibt vor, dass Mitglieder der Euro-Zone bei normaler Konjunkturlage einen ausgeglichenen Haushalt oder sogar einen Überschuss aufweisen müssen. Nur im Falle einer schweren Rezession darf der Fehlbetrag drei Prozent übersteigen.
EU-Finanzkommissar Pedro Solbes sagte der Financial Times Deutschland in New York, die Kommission bleibe bei ihrer Mahnung: "Das ist nicht nur meine Ansicht, das ist die Auffassung der Kommission." Die Mahnung sei schlüssig, auch wenn Berlin kein Kurswechsel angeraten werde.
Dagegen äußerte Bundeskanzler Gerhard Schröder den Verdacht, die Kommission habe unlautere Motive für ihr Vorgehen. Der "International Herald Tribune" sagte er, er könne nicht verstehen, warum die Kommission eine Frühwarnung wolle. "Es muss dafür andere Gründe geben als ökonomische." Gemessen am normalen Umgangston zwischen Regierungen und Kommission ist die Unterstellung ein glatter Affront.
Auch der genannte führende Finanzminister kritisierte die Brüsseler Behörde. "Was soll das? Die Kommission warnt Deutschland, sagt aber gleichzeitig, die deutsche Politik sei exzellent", sagte er.
Dennoch plädierte er dafür, auf jeden Fall den Stabilitätspakt beizubehalten. Er sei ein Garant für solidarisches Verhalten in der Euro-Zone. Es gebe bei normaler wirtschaftlicher Lage auch keinerlei Gründe dafür, einen Haushalt mit Nettoneuverschuldung zu haben. Ohne Rezession lasse sich ein hohes Defizit nicht rechtfertigen. Deshalb sollten die Regeln einschließlich der Sanktionen beim Überschreiten der Drei-Prozent-Grenze nicht geändert werden. Sinnvoll sei es aber, vom nominalen Defizit als Kriterium abzugehen und konjunkturelle Einflüsse wie Steuerausfälle oder Mehrausgaben zu berücksichtigen.
Ähnlicher Vorstoß
Bundesfinanzminister Hans Eichel hatte im vergangenen Sommer einen ähnlichen Vorstoß unternommen. Bei einem Estland-Besuch deutete er an, dass er die jährliche Defizitprognose der Euro-Länder an die EU-Kommission für zu wenig flexibel hält. Geeigneter seien mittelfristig zu erfüllende Ausgabenziele. "Die Defizitziele von Maastricht sind nicht der Weisheit letzter Schluss", hieß es im Finanzministerium.
Obwohl Eichel nach heftiger öffentlicher Kritik - auch aus der Europäischen Zentralbank - schon wenig später zurückruderte, trieb sein Ministerium die Planungen für eine Reform des Stabilitätspakts gemeinsam mit den EU-Partnern voran. In deutschen Regierungskreisen hieß es am Wochenende, die Staaten der Euro-Zone seien sich mittlerweile einig.
Zudem wurde bestätigt, dass die Änderungen nicht sofort vorgenommen werden sollen: Dies würde den Eindruck erwecken, dass die Bestimmungen des Stabilitätspakts bei Schwierigkeiten einfach geändert würden. Man müsse deshalb erst abwarten, bis die Defizite in allen Ländern der Euro-Zone wieder niedriger seien.
In Krisenzeiten liegt er deutlich niedriger als das nominale Defizit. Deutsche Regierungskreise bestätigten die Pläne. Der Minister sagte am Rande des Weltwirtschaftsforums in New York, man habe beschlossen, die Veränderung jetzt noch nicht vorzunehmen. Angesichts der laufenden Auseinandersetzung, ob Deutschland und Portugal wegen ihrer unerwartet hohen Defizite von der EU ermahnt werden, hätte dies fragwürdig gewirkt.
Würde der Budget-Saldo schon heute um konjunkturelle Effekte bereinigt, hätte Deutschland keine Ermahnung zu fürchten. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche eine Frühwarnung an die Bundesrepublik empfohlen, da das deutsche Defizit gemessen am Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr voraussichtlich 2,7 Prozent erreichen wird. Es geriete damit in die Nähe der im Stabilitätspakt vorgesehenen Obergrenze von drei Prozent. Die Kommission hat für ihre Empfehlung allerdings noch keine Mehrheit im Rat der EU-Finanzminister (Ecofin).
Peinliche Verwarnung
Gerade im anlaufenden Bundestagswahlkampf wäre die Verwarnung für die Bundesregierung peinlich. Hinzu kommt, dass der Stabilitätspakt auf deutsches Betreiben zustande kam. Er schreibt vor, dass Mitglieder der Euro-Zone bei normaler Konjunkturlage einen ausgeglichenen Haushalt oder sogar einen Überschuss aufweisen müssen. Nur im Falle einer schweren Rezession darf der Fehlbetrag drei Prozent übersteigen.
EU-Finanzkommissar Pedro Solbes sagte der Financial Times Deutschland in New York, die Kommission bleibe bei ihrer Mahnung: "Das ist nicht nur meine Ansicht, das ist die Auffassung der Kommission." Die Mahnung sei schlüssig, auch wenn Berlin kein Kurswechsel angeraten werde.
Dagegen äußerte Bundeskanzler Gerhard Schröder den Verdacht, die Kommission habe unlautere Motive für ihr Vorgehen. Der "International Herald Tribune" sagte er, er könne nicht verstehen, warum die Kommission eine Frühwarnung wolle. "Es muss dafür andere Gründe geben als ökonomische." Gemessen am normalen Umgangston zwischen Regierungen und Kommission ist die Unterstellung ein glatter Affront.
Auch der genannte führende Finanzminister kritisierte die Brüsseler Behörde. "Was soll das? Die Kommission warnt Deutschland, sagt aber gleichzeitig, die deutsche Politik sei exzellent", sagte er.
Dennoch plädierte er dafür, auf jeden Fall den Stabilitätspakt beizubehalten. Er sei ein Garant für solidarisches Verhalten in der Euro-Zone. Es gebe bei normaler wirtschaftlicher Lage auch keinerlei Gründe dafür, einen Haushalt mit Nettoneuverschuldung zu haben. Ohne Rezession lasse sich ein hohes Defizit nicht rechtfertigen. Deshalb sollten die Regeln einschließlich der Sanktionen beim Überschreiten der Drei-Prozent-Grenze nicht geändert werden. Sinnvoll sei es aber, vom nominalen Defizit als Kriterium abzugehen und konjunkturelle Einflüsse wie Steuerausfälle oder Mehrausgaben zu berücksichtigen.
Ähnlicher Vorstoß
Bundesfinanzminister Hans Eichel hatte im vergangenen Sommer einen ähnlichen Vorstoß unternommen. Bei einem Estland-Besuch deutete er an, dass er die jährliche Defizitprognose der Euro-Länder an die EU-Kommission für zu wenig flexibel hält. Geeigneter seien mittelfristig zu erfüllende Ausgabenziele. "Die Defizitziele von Maastricht sind nicht der Weisheit letzter Schluss", hieß es im Finanzministerium.
Obwohl Eichel nach heftiger öffentlicher Kritik - auch aus der Europäischen Zentralbank - schon wenig später zurückruderte, trieb sein Ministerium die Planungen für eine Reform des Stabilitätspakts gemeinsam mit den EU-Partnern voran. In deutschen Regierungskreisen hieß es am Wochenende, die Staaten der Euro-Zone seien sich mittlerweile einig.
Zudem wurde bestätigt, dass die Änderungen nicht sofort vorgenommen werden sollen: Dies würde den Eindruck erwecken, dass die Bestimmungen des Stabilitätspakts bei Schwierigkeiten einfach geändert würden. Man müsse deshalb erst abwarten, bis die Defizite in allen Ländern der Euro-Zone wieder niedriger seien.