Sat, 14 Oct 2000, 8:06pm MEZ
US-Fondsschließungen in diesem Jahr auf Rekordhöhe
Rockville/Maryland, 13. Oktober (Bloomberg) - Die amerikanische Fondslandschaft ist kräftig in Bewegung. Nach einer Untersuchung der Thomson Financial-Tochter Wiesenberger haben US- Fondsgesellschaften in diesem Jahr bereits 175 Fonds mangels Anlegerinteresse geschlossen. Damit dürfte dieses Jahr sogar das bisherige Rekordjahr 1998 übertreffen. 1998 wurden in den ersten neun Monaten 159 Fonds zugemacht, insgesamt waren es dann 222. Investoren reagieren schnell und wechseln aus Fonds mit mäßiger Wertentwicklung in die Spitzenreiter der Branche. Besonders hart trifft es Fonds mit mittelmäßiger Performance oder solche unbekannter Fondsgesellschaften, für die wenig Werbung gemacht wird.
Zu den größten Schließungen in diesem Jahr gehören der RWB/WPG U.S. Large Stock Fund und der Munder Value Fund Class Y. ,Wir beobachten gerade das Phänomen, dass die Starken stärker und die Schwachen schwächer werden", erklärt Ramy Shaalan, ein Fondsanalyst bei Wiesenberger. In den letzten zwei Jahren haben Investoren ihr Geld vor allem in bestimmte Sektoren gesteckt, beispielsweise in die boomende Technologie- und Biotechnologiebranche. Dafür haben sie sich aus den Bereichen Rentenwerte und Schwellenmärkte zurückgezogen, weil diese sich schlechter entwickelten, sagt Shaalan. ,US-Anleger können in über 11.000 Fonds investieren, und das Geld wird nicht mehr breit im Markt gestreut, sondern gezielt in bestimmte Branchen gepumpt." Durch das Internet und sogenannte ,Fondssupermärkte", die viele verschiedene Fonds anbieten, fänden Anleger leichteren Zugang zu Informationen, sagt er. ,Sie reagieren schnell und schichten ihr Geld um", so Shaalan. ,Wenn man die Zuflüsse für die einzelnen Monate beobachtet, sieht man genau, dass die Anleger verlustbringende Positionen sofort abstoßen."
Der Analyst erklärt, dass weiterhin Geld zu ,etablierten" Fondsgesellschaften fließe, die langfristige Erfolge nachweisen könnten, wie Janus Capital Corp. und Vanguard Group. Aber auch kleinere Nischenanbieter mit guter Wertentwicklung könnten Anleger für sich gewinnen. ,Die Fonds im mittleren Bereich, die keine große Marketingabteilung hinter sich stehen haben, und die mit einer mittelprächtigen Wertentwicklung werden wahrscheinlich nicht mehr genügend Kapital anziehen können, um weiter zu existieren", sagt Shaalan.
Die Fondsgesellschaft Janus hat zwar in diesem Jahr die meisten Fondsanteile verkauft, aber im September musste die Gesellschaft zum ersten Mal innerhalb von rund drei Jahren Nettokapitalabflüsse aus ihren Fonds verbuchen. ,Man kann sich vorstellen, wie schwer es erst für die weniger etablierten Fonds ist oder gar für die mit einer schlechten Wertentwicklung", sagt Shaalan. Bei amerikanischen Wachstumsfonds und ,Small-Cap"-Fonds, die in Aktien kleiner Unternehmen investieren, sind in diesem Jahr bereits so viele Fonds geschlossen worden wie seit 1996 nicht mehr,heisst es in dem Bericht von Wiesenberger.
Einige Analysten haben noch eine andere Erklärung für die zahlreichen Fondsschließungen. Geoff Bobroff, ein Berater für die Investmentbranche aus East Greenwich/Rhode Island, führt die Zunahme der Schliessungen auf die zahlreichen Fusionen und Zusammenlegungen in den letzten Jahren zurück. ,Zwei Banken fusionieren und lassen ihre Fonds erst einmal ein oder zwei Jahre lang weiterlaufen", sagt Bobroff. ,Die sinkende Zahl der Fonds und die Schließungen sind zumindest teilweise eine Frage des Timinigs." Einige Gesellschaften hätten auch einen ,schmerzhaften Aufräumprozess" hinter sich, wobei sie Fonds mit schlechter Performance geschlossen hätten, erklärt er. Noch vor fünf oder zehn Jahren hätte eine Fondsgesellschaft einfach die Anlagestrategie des Fonds geändert und ihn wieder angeboten. Allerdings hänge dem Fonds dan weiterhin der schlechte Ruf an, auch wenn er seine Strategie geändert habe. ,Es ist also eigentlich besser, einen Fonds zuzumachen und einen neuen aufzulegen, als den alten umzugestalten", sagt Bobroff.