Die deutsche Biokraftstoffbranche erlebt die größte Krise ihrer noch jungen Geschichte: Selbst die inzwischen dementierte Meldung die Große Koalition plane eine Aussetzung der Steuererhöhng für Biosiesel, konnte den dramatischen Kursverfall der vergagenen Monate nicht kompensieren.
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Mehr als 40 Biodieselproduzenten stehen vor dem Aus, warnt der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Einige Anlagen mussten bereits schließen. Die Branche scheint damit Erfahrungen zu machen, die man aus den USA kennt, wo zur Zeit der Ölkrise in den 1970er-Jahren auf einen Boom rasch der Zusammenbruch folgte. Der einzige Unterschied heute: Die Märkte gehen differenzierter ran. Während es für Biodiesel und Bioethanol eng wird, sind Experten beim Biogas langfristig wesentlich optimistischer.
Für den derzeitigen Zusammenbruch des Marktes gibt es zwei Erklärungen: Beim Biodiesel ist es in erster Linie die Politik. Vergangenes Jahr hatte die Bundesregierung die bis dahin geltende Steuerbefreiung für Biodiesel aufgehoben und eine stufenweise ansteigende Besteuerung beschlossen. Zum 1. Januar 2008 soll die Steuer für den Liter Biodiesel von derzeit 9 auf 15 Cent steigen. Als Kompensation dafür sind Anbieter zu einer Beimischung von Biodiesel von derzeit 4,4 Prozent zum konventionellen Diesel verpflichtet. Doch das reicht nicht aus, um die Nachfrage ausreichend zu stützen: Den Produktionskapazitäten von derzeit etwa 4,8 Millionen Tonnen steht eine Nachfrage von 3,5 Millionen Tonnen gegenüber. Hinzu kommt, dass im ersten Halbjahr geschätzte 700.000 Tonnen subventionierter Biodiesel aus den USA auf den deutschen Markt gekommen sind.
Ganz ähnlich sieht es beim Bioethanol aus, der dem Benzin beigemischt wird. Hier gibt brasilianisches Ethanol den maximalen Preis vor. "Das Geschäftsmodell von Biodiesel und Bioethanol überzeugt einfach nicht", sagt Stewart Armer, Chef des SRI-Investmentteams bei Fortis Investment. "Die Branche ist eingekeilt zwischen dem Ölpreis und den Rohstoffkosten." Beide seien jenseits des Brancheneinflusses. Hinzu komme, dass die Politik hier eine ineffiziente Form der Förderung gewählt habe - ganz im Gegensatz zu den Modellen der Einspeisevergütung, die Wind-, Solar- und Biomassekraftanlagen einen stabilen Einnahmefluss garantiere. In Europa dürften Biodiesel und Bioethanol - auch aufgrund der relativ hohen Erzeugungskosten -
deshalb keine große Zukunft haben, sagt Armer.
BranchenwandelAbwärts Die Aktienkurse von Schmack Biogas, Cropenergies und Biopetrol Industries haben in den vergangenen zwölf Monaten schwer enttäuscht. Die Verluste betrugen 25 bis 47 Prozent. Damit merken Anleger, wie kurzlebig mancher Trend sein kann - diese Unternehmen gingen mit viel Vorschuss an die Börse. Nun sind es auch die steigenden Rohstoffpreise, die diese Branche belasten und die Produktion von Biosprit verteuern.
Auf dem falschen Fuß erwischt wurde die Branche auch vom Anstieg der Weltmarktpreise für Rohstoffe. Ihre Anlagen verwenden nicht nur landwirtschaftliche Abfälle, sondern auch wertvolle Ölsaaten wie Raps beim Biodiesel, Getreide wie Weizen beim Bioethanol, Mais beim Biogas. "Die Rohstoffkosten, insbesondere die Preise für Getreide, machen einen beträchtlichen Teil der Betriebskosten von Bioenergieanlagen aus", sagt Norbert Schmitz, Experte für nachwachsende Rohstoffe bei Meo Consulting. Diese sind in den vergangenen Monaten dramatisch in die Höhe gegangen. Der Preis für Weizen in Kansas City hat sich binnen eineinhalb Jahren verdoppelt.
Ursache sind Missernten in vielen Teilen der Welt. "Die hohen Preise sind zwar wohl temporär. Sie werden sich allerdings danach auf einem höheren Niveau stabilisieren als in den vergangenen Jahren", sagt Schmitz.
Dennoch könnte Biogas im Gegensatz zu Biokraftstoffen nach Expertenansicht hierzulande eine Chance haben. "Gasversorger sind an der Einspeisung von Biogas in ihre Netze grundsätzlich interessiert, ganz im Gegensatz zu den Treibstofferzeugern, für die Biokraftstoffe nicht lukrativ erscheinen", sagt Armer.
Nicht zuletzt hängt die Wirtschaftlichkeit aber auch hier von der Politik ab. So schockierte im Juli ein Vorschlag aus dem Bundesumweltministerium zur Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes die Branche. Demnach soll die Vergütung für Strom aus Biogasanlagen gesenkt werden: um 0,5 bis 2,0 Cent je Kilowattstunde. Zwischen erneutem Boom oder Flaute liegen Kleinstbeträge.
Autor/Autoren: Hubert Beyerle