Zum Jahresende 2002 sehen wir den Nemax All Share bei 1.500 Punkten
Der Neue Markt ist im Laufe des jetzt zu Ende gehenden Börsenjahres ins Gerede gekommen. Nicht nur der starke Kursrückgang beim Nemax All Share aufgrund des Konjunktureinbruchs in den USA und Europa, sondern auch die Ereignisse am 11. September in New York und Washington trugen zur starken Verunsicherung der Anleger bei. Hinzu kamen eine Verschärfung der Delisting-Regeln der Deutschen Börse, nach denen Werte, die 30 Börsentage in Folge weniger als 1 Euro notieren und eine Marktkapitalisierung von weniger als 20 Millionen Euro aufweisen, der Rausschmiss aus dem Neuen Markt droht. Für Schlagzeilen sorgten außerdem die mittlerweile zahlreich gewordenen Insolvenzen sowie undurchsichtige Machenschaften einiger Vorstände, die nicht nur die Glaubwürdigkeit einzelner Gesellschaften, sondern auch das Vertrauen in die Börse in Mitleidenschaft gezogen haben.
Nachdem der Nemax All Share im September seinen Tiefstand erreichte, konnte er insbesondere im November stark zulegen. Der rasante Aufschwung lässt sich fundamental nur teilweise begründen. Die Unternehmen zeigen sich zwar wieder zuversichtlicher, aber die nachweisbaren auf Besserung hindeutenden Fakten sind noch Mangelware. Die Erholung war zum großen Teil liquiditätsgetrieben, da Geld schon lange nicht mehr so billig war. Mitgetragen wurde die Hausse auch von institutionellen Anlegern, die im großen Stil Nemax-Futures kauften. Zur Deckung der Futures müssen die Banken und Versicherungen Aktien der Nemax-Werte in ihr Depot legen. Gedanken zu den fundamentalen Bewertungen der einzelnen Werte werden dabei oft vernachlässigt. Die Devise lautet: Dabei sein ist alles. Mit einer fundierten Anlagestrategie hat das allerdings nicht viel zu tun. Das Tempo, mit dem sich die Erholung vollzog wird sich nicht fortsetzen lassen, wie wir jetzt bereits feststellen können. Dafür sind die Aussichten einfach zu sehr eingetrübt. Die amerikanische Wirtschaft befindet sich gegenwärtig in einer Rezession. In Europa sieht es nur unwesentlich besser aus. Deutschland bildet nach veröffentlichten Zahlen der führenden Wirtschaftsinstitute das Schlusslicht in Europa und bewegt sich am Rande einer Rezession. Wir erwarten eine nachhaltige Konjunkturaufhellung erst in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2002. Die Börsen nehmen zwar diese Entwicklung in der Regel sechs bis acht Monate vorweg, doch nach den wieder aufgekommenen Übertreibungen der letzten Wochen können Rückschläge nicht ausgeschlossen werden. Mit Blick auf die Wachstumswerte rechnen wir damit, dass sich bei einer abzeichnenden Konjunkturerholung vor allem amerikanische Qualitätswerte zu den größten Gewinnern zählen werden. Was die europäischen Wachstumsaktien anbelangt, so bleiben wir sehr wählerisch, da ein nachhaltiger Aufschwung vermutlich eher in den USA zustande kommt. Am Neuen Markt wird der zur Zeit stattfindende Ausleseprozess weitergehen. Es gibt einfach noch zu viele Unternehmen, deren Geschäftsmodelle mehr als fragwürdig sind oder die sich auf dem Markt nicht durchsetzen werden. Wir erwarten, dass etwa 10 Prozent der am Neuen Markt gelisteten Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten verschwinden werden. Außerdem rechnen wir noch mit weiteren Schwankungsanfälligkeiten beim Neuen Markt bis sich die Konjunkturzahlen wieder aufhellen. Zum Jahresende 2002 sehen wir den Nemax All Share bei 1.500 Punkten.
Wassili Papas
21.12.2001