09. Dez,10:50 DPA-AFX
PERFORMAXX-BIOTECH-KOLUMNE: Kommt jetzt das große Fressen?
MÜNCHEN (Performaxx) - Dass es in der Biotechnologiebranche eine Konsolidierung gibt, ist schon längst kein Geheimnis mehr. Wann und wie sich diese Marktbereinigung jeweils vollzieht, war bisher jedoch eher unklar. Im Laufe des Jahres hat es zwar einige Kooperationen, Beteiligungen oder Übernahmen sowohl zwischen Biotech und Pharma als auch zwischen einzelnen Biotechs gegeben, von einem Konsolidierungstrend konnte aber nicht gesprochen werden. Ist nun mit dieser Woche die Eröffnungsglocke zum großen Fressen eingeläutet worden? So verschieden die Gründe für eine Übernahme im Detail auch seien mögen, sie lassen sich zwei Kategorien zuordnen. Zur ersten Kategorie gehört der Pharmakonzern, der in immer kürzeren Abfolgen Medikamente auf den Markt bringen muss und gegen seine auslaufenden Patente, eine gering gefüllte Pipeline und eine starke Konkurrenz zu kämpfen hat. Der Konzern brilliert zwar auf der einen Seite mit einer gut gefüllten Kriegskasse und einer starken Marketing- und Vertriebsmacht, ihm fehlt es aber auf der anderen Seite an der notwendigen Flexibilität und Innovationskraft im Forschungs- und Entwicklungsbereich. Zur zweiten Kategorie gehört das Biotech-Unternehmen, mit einer hoffnungsvollen Produktpipeline und prall gefüllten Portokasse (dem Boomjahr 2000 sei Dank!). Dem Unternehmen fehlt die kritische Masse um am Markt als unabhängiges und erfolgreiches Unternehmen wahrgenommen zu werden. Trotz erfolgreicher Forschung ist mit ersten Produkten - und damit auch Gewinnen- erst in ein paar Jahren zu rechnen. Die abgelaufene Woche stand ganz im Schatten der zweiten Kategorie, der hungrigen finanzstarken Biotech-Unternehmen. Millennium ist ein Musterbeispiel, wie es schöner nicht sein könnte. Das Unternehmen, eine "Genomics-Company", entwickelt auf Basis einer breiten Technologieplattform patientengruppenspezifische Medikamente als Dienstleistung und in eigener Regie. Millennium wäre von eigenen Produkten und Produktumsätzen noch Jahre entfernt, wenn das Unternehmen nicht schon in der Vergangenheit eine sehr aggressive Wachstumsstrategie an den Tag gelegt hätte. Während der letzten vier Jahre hat Millennium neben unzähligen Kooperationen mit Pharma- und Biotech-Unternehmen, vier Übernahmen abgewickelt. Die erfolgreichste war bisher die Akquisition von Leukosite. Ihr verdankt das Unternehmen das in diesem Jahr zugelassene Leukämieprodukt Campath, als auch den großen Hoffnungsträger LDP-341 (Krebsmedikament). Am Donnerstag holte Millennium nun zum bisher größten Schlag aus, und übernahm den Konkurrenten Cor Therapeutics. Die Cor-Aktionäre erhalten insgesamt 58 Mio. neue Millenniumaktien im Gesamtwert von 2 Mrd. USD. Nimmt man den Durchschnittskurs der vergangenen 30 Tage errechnet sich eine Prämie von 64%. Cor Therapeutics besitzt Barmittel in Höhe von etwa 600 Mio. USD, die der 1,5 Mrd. USD Kriegskasse von Millennium zufließen. Der bereinigte Kaufpreis beträgt somit 1,4 Mrd. USD. Neben einer gut gefüllten Pipeline an potentiellen Medikamenten für die Bereiche Herz- und Kreislauferkrankungen und Krebs, erhält Millennium das Medikament Integrilin. Das Produkt wird zur Bekämpfung von Blutgerinnseln eingesetzt und soll im nächsten Jahr einen Umsatz von 225 Mio. USD. generieren. Für Millennium ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem der ganz großen Biopharmaunternehmen der Zukunft - wenn dieser auch nicht gerade billig eingekauft wurde. Wie nicht anders erwartet, erlebte die Aktie von Cor Therapeutics ein Feuerwert von etwa +50%, während der Markt Millennium mit fast -17% in den Keller schickte - eine Quittung für die anstehende Verwässerung. Am Montag präsentiert Millennium auf einer Jahrestagung der Gesellschaft für Hämatologie ihre neusten Ergebnisse des Krebsmedikamentes LPD-341. Es liegt fast in der Luft, dass bei erfolgreicher Präsentation der Verlust in dieser Woche ausgeglichen werden kann - kein schlechtes Timing! Neben der besprochenen Übernahme vermeldeten Medimmune und Cephalon in dieser Woche ebenfalls Akquisitionen. Medimmune übernimmt für 1,5 Mrd. USD in Aktien Aviron und damit auch den Grippeimpfstoffe Flumist. Cephalon kauft für 450 Mio. USD in Cash die französische Group Lafon und erspart sich somit die Zahlung für Auftragsproduktion und Umsatzbeteiligungen am Narkolepsie-Medikament des Unternehmens. Die Konsolidierungswelle scheint nun immer mehr an Geschwindigkeit zu gewinnen. Aus unserer Sicht ein Zeichen dafür, dass der Markt nicht mehr mit einem erneuten Absinken der Biotech-Kurse auf breiter Front rechnet. Ein positives Signal, dem wir uns gerne anschließen. --- Olaf Stuhldreier, Biotechnologie Analyst bei Performaxx, Krefeld/München --- Die Performaxx-Biotech-Kolumne ist ein Service der Performaxx AG, Anbieter von unabhängigem Research zu neuen Märkten. Hauptprodukte von Performaxx sind Research-Studien im Auftrag institutioneller Kunden sowie die Website www.performaxx.de. Performaxx ist allein für die Inhalte der Kolumne verantwortlich. Informationen zu einzelnen Unternehmen stellen keine Aufforderung zum Kauf bzw. Verkauf von Aktien dar. Die Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.
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MÜNCHEN (Performaxx) - Dass es in der Biotechnologiebranche eine Konsolidierung gibt, ist schon längst kein Geheimnis mehr. Wann und wie sich diese Marktbereinigung jeweils vollzieht, war bisher jedoch eher unklar. Im Laufe des Jahres hat es zwar einige Kooperationen, Beteiligungen oder Übernahmen sowohl zwischen Biotech und Pharma als auch zwischen einzelnen Biotechs gegeben, von einem Konsolidierungstrend konnte aber nicht gesprochen werden. Ist nun mit dieser Woche die Eröffnungsglocke zum großen Fressen eingeläutet worden? So verschieden die Gründe für eine Übernahme im Detail auch seien mögen, sie lassen sich zwei Kategorien zuordnen. Zur ersten Kategorie gehört der Pharmakonzern, der in immer kürzeren Abfolgen Medikamente auf den Markt bringen muss und gegen seine auslaufenden Patente, eine gering gefüllte Pipeline und eine starke Konkurrenz zu kämpfen hat. Der Konzern brilliert zwar auf der einen Seite mit einer gut gefüllten Kriegskasse und einer starken Marketing- und Vertriebsmacht, ihm fehlt es aber auf der anderen Seite an der notwendigen Flexibilität und Innovationskraft im Forschungs- und Entwicklungsbereich. Zur zweiten Kategorie gehört das Biotech-Unternehmen, mit einer hoffnungsvollen Produktpipeline und prall gefüllten Portokasse (dem Boomjahr 2000 sei Dank!). Dem Unternehmen fehlt die kritische Masse um am Markt als unabhängiges und erfolgreiches Unternehmen wahrgenommen zu werden. Trotz erfolgreicher Forschung ist mit ersten Produkten - und damit auch Gewinnen- erst in ein paar Jahren zu rechnen. Die abgelaufene Woche stand ganz im Schatten der zweiten Kategorie, der hungrigen finanzstarken Biotech-Unternehmen. Millennium ist ein Musterbeispiel, wie es schöner nicht sein könnte. Das Unternehmen, eine "Genomics-Company", entwickelt auf Basis einer breiten Technologieplattform patientengruppenspezifische Medikamente als Dienstleistung und in eigener Regie. Millennium wäre von eigenen Produkten und Produktumsätzen noch Jahre entfernt, wenn das Unternehmen nicht schon in der Vergangenheit eine sehr aggressive Wachstumsstrategie an den Tag gelegt hätte. Während der letzten vier Jahre hat Millennium neben unzähligen Kooperationen mit Pharma- und Biotech-Unternehmen, vier Übernahmen abgewickelt. Die erfolgreichste war bisher die Akquisition von Leukosite. Ihr verdankt das Unternehmen das in diesem Jahr zugelassene Leukämieprodukt Campath, als auch den großen Hoffnungsträger LDP-341 (Krebsmedikament). Am Donnerstag holte Millennium nun zum bisher größten Schlag aus, und übernahm den Konkurrenten Cor Therapeutics. Die Cor-Aktionäre erhalten insgesamt 58 Mio. neue Millenniumaktien im Gesamtwert von 2 Mrd. USD. Nimmt man den Durchschnittskurs der vergangenen 30 Tage errechnet sich eine Prämie von 64%. Cor Therapeutics besitzt Barmittel in Höhe von etwa 600 Mio. USD, die der 1,5 Mrd. USD Kriegskasse von Millennium zufließen. Der bereinigte Kaufpreis beträgt somit 1,4 Mrd. USD. Neben einer gut gefüllten Pipeline an potentiellen Medikamenten für die Bereiche Herz- und Kreislauferkrankungen und Krebs, erhält Millennium das Medikament Integrilin. Das Produkt wird zur Bekämpfung von Blutgerinnseln eingesetzt und soll im nächsten Jahr einen Umsatz von 225 Mio. USD. generieren. Für Millennium ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem der ganz großen Biopharmaunternehmen der Zukunft - wenn dieser auch nicht gerade billig eingekauft wurde. Wie nicht anders erwartet, erlebte die Aktie von Cor Therapeutics ein Feuerwert von etwa +50%, während der Markt Millennium mit fast -17% in den Keller schickte - eine Quittung für die anstehende Verwässerung. Am Montag präsentiert Millennium auf einer Jahrestagung der Gesellschaft für Hämatologie ihre neusten Ergebnisse des Krebsmedikamentes LPD-341. Es liegt fast in der Luft, dass bei erfolgreicher Präsentation der Verlust in dieser Woche ausgeglichen werden kann - kein schlechtes Timing! Neben der besprochenen Übernahme vermeldeten Medimmune und Cephalon in dieser Woche ebenfalls Akquisitionen. Medimmune übernimmt für 1,5 Mrd. USD in Aktien Aviron und damit auch den Grippeimpfstoffe Flumist. Cephalon kauft für 450 Mio. USD in Cash die französische Group Lafon und erspart sich somit die Zahlung für Auftragsproduktion und Umsatzbeteiligungen am Narkolepsie-Medikament des Unternehmens. Die Konsolidierungswelle scheint nun immer mehr an Geschwindigkeit zu gewinnen. Aus unserer Sicht ein Zeichen dafür, dass der Markt nicht mehr mit einem erneuten Absinken der Biotech-Kurse auf breiter Front rechnet. Ein positives Signal, dem wir uns gerne anschließen. --- Olaf Stuhldreier, Biotechnologie Analyst bei Performaxx, Krefeld/München --- Die Performaxx-Biotech-Kolumne ist ein Service der Performaxx AG, Anbieter von unabhängigem Research zu neuen Märkten. Hauptprodukte von Performaxx sind Research-Studien im Auftrag institutioneller Kunden sowie die Website www.performaxx.de. Performaxx ist allein für die Inhalte der Kolumne verantwortlich. Informationen zu einzelnen Unternehmen stellen keine Aufforderung zum Kauf bzw. Verkauf von Aktien dar. Die Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.
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