Eine sehr gute Kolumne von Joe Frei (Todeslisten)

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Halloween:

Eine sehr gute Kolumne von Joe Frei (Todeslisten)

 
14.11.00 13:50
Ich fand es sehr interessant und habe es deshalb für euch ins Forum kopiert.
Gruß Halloween

Was an abgeschnittene Finger bei der Mafia oder an südamerikanische Todesschwadronen erinnert, hat im Juni 2000 Einzug bei den Dotcoms gehalten
Plötzlich ist von Friedhöfen für die Dotcoms und Todeslisten am Neuen Markt die Rede. Die Sehnsucht nach den Großen und Kleinen des Internets, die wenigstens ein bißchen Gewinne einfahren, wird immer größer (vgl. Triumvirat des Internets)

Boo.com trat die Lawine los und starb noch ohne Vorankündigung. Gerüchte gehen aber um, dass Boo.com nächtens als Geist sein Unwesen treibt.
Dann kam
- eine mysteriöse Liste von PricewaterhouseCooper (Unternehmensberatung), die zwar von einem Massensterben der Dotcoms sprachen, die Liste aber geheim hielten.
- Die amerikanische Website "fuckedcompany" mit den TOP 100 Untergangskandidaten folgte. Deutsche Werte sucht man dort vergebens. Auch CDNow war dort nicht unter den Top 100 zu finden.
- Der Platowbrief veröffentlichte 7 Todeskandidaten
- Die Zeitschrift Capital erweiterte wieder auf 20 Aktien vom Neuen Markt mit teils neuen Todeskandidaten.

Das ist sicher nicht die letzte Todesliste, die von den Medien in den nächsten Wochen an die Öffentlichkeit gegeben wird. Auf diese Weise kann man Firmen mit "Überlebenschancen" auch tot schreiben.

"Fusioniert" man die vorhandenen Listen von Platowbrief, Capital, Prior und fuckedcompany, ergeben sich folgende Mehrfachnennungen:

2 Stimmen für Artnet
2 Stimmen für Cybernet
2 Stimmen für Ebookers.com
2 Stimmen für Fortunecity
2 Stimmen für Gigabell
2 Stimmen für Musicmusicmusic

Die erste Dreifach-Nennung läßt noch auf sich warten. Sie muß ja dann wirklich sterben. Denn sonst gilt: "Totgesagte leben länger"

War die Gegenwehr der Totgesagten bis vor kurzem noch sehr zaghaft, werden jetzt andere Töne angeschlagen. Wahrscheinlich konnten die bisherigen Lieblinge (fast) aller Analysten nicht verstehen, dass das Motto "je höher die prognostizierten Verluste, um so größer die späteren Gewinne" jetzt plötzlich nicht mehr gelten sollte.
Mit offenem Mund, zu keiner Gegenwehr fähig, sahen sie zu, wie sie die, die sie hochgejubelt haben, jetzt ins Grab werfen.

Der Schock ist verdaut und jetzt wird dagegengehalten:

- Edel music überlegte sich rechtliche Schritte gegen die geschäftsschädigende Berichterstattung
- Ricardo, Artnet und Fortunecity verweisen auf ihre hohen Barreserven, die von den Analysten bei ihren Berechnungen vergessen wurden.
- Netlife verweist auf den verfünffachten Umsatz, 20 Mill. im Schatzkästchen und Schuldenfreiheit.
- Fluxx stimmt zwar den Berechnungen der Analysten zu, rechnet aber Anfang Januar mit dem Erreichen des Break-even.
- Gigabell ist zwar ehrlich und gibt zu, dass sie knapp bei Kasse sind, bringt aber permanent Übernahmekandidaten ins Spiel.

Die Rechnung ging vorerst bei folgenden scheintoten Firmen auf:

- Artnet
- Cybernet
- Fortunecity
- Ricardo
- Gigabell

Die Kurse erholten sich teilweise prächtig,- hoffentlich nicht, um damit wenigstens den Leichenschmaus bezahlen zu können. Einige Aktiengesellschaften sind jedoch in die Kategorie von Penny-Stocks gesunken


Weil Ostern noch zu weit ist (Auferstehungs-Liste)und "Totgesagte leben länger" schon zu abgenutzt ist, habe ich mich entschlossen, die Patienten am Neuen Markt, bei denen die Börse noch Hoffnung zeigt, in die Reha-Klinik zu überweisen. Nicht zuletzt das angeschlagene Image erfordert bei den meisten Firmen eine lange Behandlungszeit.
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