FTD vom 24.4.2002
www.ftd.de/ebay
Kunterbuntes bei Ebay
Von Tillmann Prüfer und Martin Virtel, Dreilinden
Mitten in der Krise boomt das Online-Auktionshaus Ebay wie zu besten
Internet-Hype-Zeiten. Die Gewinne sprudeln, Analysen sind begeistert. Die
Bewunderung für den E-Commerce-Giganten könnte jedoch schon bald umschlagen -
in Angst vor seiner Macht.
Immer das Gleiche mit diesen Old-Economy-Unternehmen. Machen Versprechen und
gehen dann Pleite. Auf der Baustelle stehen zwei verlassene Stromverteilerkästen im
Staub. Aufschrift: "Philipp Holzmann". Niemand mehr da, der weiterbauen wollte. Der
Bau sei im Groben fertig, beruhigt Philipp Justus. Und sein Gesicht ziert eine Zuversicht,
wie man sie bestimmt in einem Seminar "Zuversicht für Führungskräfte" erlernen kann.
Justus ist Chef der Deutschen Ebay-Niederlassung. Er muss hoffen, dass das neue
Customer-Support-Center rechtzeitig bezugsfähig ist. Wohin sonst mit den Mitarbeitern
aus acht Nationen, die dort Kundenfragen aus ganz Europa beantworten sollen?
Die Wirtschaft darbt, ganze Konzerne gehen in Insolvenz - und ausgerechnet ein
Dotcom-Unternehmen hat keine andere Sorge, als zu verhindern, dass sich die neuen
Mitarbeiter auf die Füße treten könnten. Ebay boomt, als hätte das Management die
Rezession einfach übersehen. Weltweit wächst Ebay um 72 Prozent im Jahr. Seit 2001
schreibt die deutsche Sektion schwarze Zahlen. Der Gesamtkonzern ist seit jeher
profitabel. "Ebay ist unser Topfavorit" sagt Anthony Noto, Internetaktien-Analyst bei
Goldman Sachs.
Allein in Deutschland erreicht die Website nach einer Erhebung des
Marktforschungsunternehmens MMXI vom Februar 30,5 Prozent der privaten
Internetnutzer, das Angebot ist nach Google, T-Online und MSN hier zu Lande das
meistgenutzte. Zwischen Juli und September 2001 wurden über die deutsche
Ebay-Website Güter im Wert von etwa 280 Mio. Euro verkauft. Damit hat Ebay das
umsatzstärkste Internetgeschäft.
Weltweit steigerte Ebay den Umsatz im vergangenen Jahr um 64 Prozent auf 219 Mio. $,
den Gewinn um fast 90 Prozent auf 90 Mio. $. Vor wenigen Tagen veröffentlichte Ebay die
Zahlen zum ersten Quartal 2002: gegenüber dem Vorjahr konnte der Profit mehr als
verdoppelt werden.
Geringer Werbeaufwand
All jene Probleme, die unzählige Internet-Businesspläne ad absurdum geführt haben,
scheinen bei Ebay fern: Der Internet-Buchhändler Amazon.com wäre fast an dem
Vorhaben zerbrochen, seine Warenpalette über Bücher hinaus zu erweitern und zu
einem Online-Warenhaus zu werden. Bei Ebay in den USA suchen Käufer dagegen in
20.000 Kategorien: Babyklamotten, Computer - sogar Autos sind im Sortiment.
Viele Dotcoms investierten vergeblich viel Geld in TV-Werbung, um Kunden zu finden.
Ebay warb bis vor kurzem nur im Internet und kann hier zu Lande trotzdem einen
jährliches Nutzerzuwachs von 180 Prozent aufweisen. Ein Großteil der
New-Economy-Unternehmen wurde hinweggerafft, weil es ihnen nicht gelang,
Werbekunden für ihre Seiten zu interessieren. Bei Ebay gehören Werbeumsätze nicht
zum Geschäftsmodell - dennoch verdient das Unternehmen durch Anzeigenschaltungen
mehr als das Portal Yahoo.
Am meisten hadern Online-Shops damit, dass die Kunden kein Vertrauen in die
Zahlungssysteme haben. Bei Ebay überweisen sie mit blindwütiger Naivität vierstellige
Euro-Beträge an völlig unbekannte Handelspartner - per Vorkasse.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bewunderung für das Boom-Unternehmen in
Bangen umschlägt. Ebay hat schon heute als Internet-Auktionator ein Quasi-Monopol -
und ist mit seinen Plänen lange nicht fertig. Die 1995 gegründete Firma ist auf dem
besten Wege, ein Microsoft des E-Commerce zu werden. Eine Shopping-Plattform, an
der mittelfristig kaum ein Weg vorbeiführen dürfte.
Viel Fassade
In den Firmenräumen in Dreilinden sieht es überhaupt nicht nach bösem Monopolisten
aus. Die vom Innenarchitekten Wilfried Lembert designten Büros wirken fast penetrant
spielerisch: buntes Glas, schrille Möbel. Die Geschäftsleitung hat Tisch-Kicker aufstellen
lassen, es gibt ein Fitnesscenter und einen Konferenzraum, der mit quietschbunten
Polstern ausgestattet ist.
Vieles davon ist allerdings Show. Konferiert wird nur in Räumen mit normalen Stühlen.
Zugleich tragen alle Mitarbeiter eine Schlüsselkarte um den Hals, mit der sie die Türen
der Flure öffnen müssen - damit niemand in einen Gebäudetrakt gerät, für den er nicht
autorisiert ist.
Bei Ebay zählen Kurven und Kennzahlen - keine Visionen. Das hat das Unternehmen vor
den Untiefen der New Economy bewahrt. Während andere Internet-Auktionshäuser sich
mit Waren eindeckten, die sie verlustträchtig versteigerten, und sich überdies mit Lager-
und Logistiksystemen überluden, machte Ebay nicht viel mehr, als im Web eine
Softwareplattform zur Verfügung zu stellen - und für jede Auktion Gebühren zu kassieren.
Noch heute kalkuliert Ebay kein bisschen sanfter: Die Dependance in Japan wurde nach
kurzer Zeit geschlossen. Yahoo hatte dort früher angefangen, Auktionen anzubieten und
einen zu großen Vorsprung. Als Ebay das französische Auktionshaus I-Bazar kaufte,
wurden sofort einige der acht europaweiten Marktplätze getilgt - zu geringe
Umsatzaussichten. An anderer Stelle investiert die Führung dagegen kräftig: Ebay hat
sich in Taiwan eingekauft und erwägt den Einstieg in den chinesischen Markt.
Deutschlandchef Justus passt bestens in diese knallharte Gute-Laune-Company. Der
Ex-Unternehmensberater übernahm vor zwei Jahren die Leitung von Ebay Deutschland,
kurz nachdem das US-Unternehmen das deutsche Internet-Auktionshaus Alando
übernommen hatte. Als Justus begann, das Startup ins Mutterhaus einzugliedern,
arbeiteten dort 70 Leute. Heute sind es gerade mal zehn Mitarbeiter mehr. Der Chef hat
kräftig rationalisiert. "Es gab zum Beispiel jemanden, der hat sich gleichzeitig um
Business Development, Produktentwicklung und Marketing gekümmert. Wir haben diese
Bereiche getrennt und klare Verantwortlichkeiten geschaffen." Womit er meint, dass er
den Mann gefeuert hat.
Tummelplatz für "Powerseller"
Wie prägend Ebay schon jetzt für Shopping-Kultur ist, belegt nicht nur die eigene
Erfolgsgeschichte, sondern auch die vieler Nutzer. In Deutschland gibt es inzwischen
1000 so genannte Powerseller. So werden Verkäufer bezeichnet, die monatlich mehr als
2500 Euro umsetzen. Professionelle Händler, die statt Ladenfläche ein Lager anmieten
und ihre Waren übers Internet verkaufen.
Eine der aktivsten von ihnen ist Marion von Kuczkowski, die dieser Tage das Buch
"Powerselling bei Ebay" veröffentlicht. Vor zwei Jahren hat sie ihre Boutique aufgegeben
und verkauft seither Mode über die Versteigerungsplattform. "Mit einem normalen Laden
könnte ich niemals so viele Leute ansprechen", sagt sie. Nun will sie einen Großhandel
für Ebay-Verkäufer gründen.
In den USA ist die Powerseller-Community schon weiter. Dort findet im Juni bei Anaheim
in Kalifornien die erste Ebay-User Konferenz statt. "Die Leute sollen zuerst an Ebay
denken, wenn sie Lust auf Shopping bekommen", fasst Konzernchefin Meg Whitman die
Strategie zusammen: "Etwa so, wie sie an Wal Mart denken." Tatsächlich wandelt sich
Ebay von einem Online-Flohmarkt zu einer Shopping-Mall. Allein in Deutschland gibt es
über vier Millionen registrierte Nutzer. Ein ungeheures Kundenpotenzial, wie es nirgends
sonst im Internet anzutreffen ist.
Ebay zieht an
Während Ebay in Deutschland im März 5,1 Millionen Besucher zählte, waren es bei
"Verfolger" Ricardo schätzungsweise 62.000. "Woanders kann man praktisch nichts
versteigern", sagt ein Powerseller, "die Erlöse sind zu gering." Kein Wunder, dass das
Auktionshaus immer mehr Internethändler anzieht. "Schon jetzt werden Online-Shops
geschlossen und das Sortiment bei Ebay angeboten", freut sich Deutschlandchef
Justus.
Und das soll nur der Anfang sein: Zurzeit führt das Unternehmen Gespräche mit
Herstellern, die erwägen, die Plattform als Direktvertriebsweg zu nutzen. Erst kürzlich hat
Ebay die Möglichkeit eingeführt, Waren zu Festpreisen anzubieten. Das macht es für
Hersteller interessant, dort ihre Produkte anzupreisen. Der Vorteil: Bei Ebay würden sie
ohne Marketing-Aufwendungen mehr Kunden treffen, als sie jemals in einen eigenen
Internet-Shop locken könnten. Justus rechnet in ein bis zwei Jahren mit
Direktvertriebs-Angeboten.
Von einem Monopol will er freilich nichts wissen. Schließlich würden anderswo weitaus
mehr Autos verkauft. Wieder andere Händler würden wesentlich mehr Computer
umsetzen.
Jede Menge Platz für Wachstum also: "Ebay soll ein Marktplatz werden, auf dem Leute
fast überall auf der Welt mit fast allem handeln können." Justus grinst. So, wie man es in
keinem Management-Kurs lernt.
© 2002 Financial Times Deutschland
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www.ftd.de/ebay
Kunterbuntes bei Ebay
Von Tillmann Prüfer und Martin Virtel, Dreilinden
Mitten in der Krise boomt das Online-Auktionshaus Ebay wie zu besten
Internet-Hype-Zeiten. Die Gewinne sprudeln, Analysen sind begeistert. Die
Bewunderung für den E-Commerce-Giganten könnte jedoch schon bald umschlagen -
in Angst vor seiner Macht.
Immer das Gleiche mit diesen Old-Economy-Unternehmen. Machen Versprechen und
gehen dann Pleite. Auf der Baustelle stehen zwei verlassene Stromverteilerkästen im
Staub. Aufschrift: "Philipp Holzmann". Niemand mehr da, der weiterbauen wollte. Der
Bau sei im Groben fertig, beruhigt Philipp Justus. Und sein Gesicht ziert eine Zuversicht,
wie man sie bestimmt in einem Seminar "Zuversicht für Führungskräfte" erlernen kann.
Justus ist Chef der Deutschen Ebay-Niederlassung. Er muss hoffen, dass das neue
Customer-Support-Center rechtzeitig bezugsfähig ist. Wohin sonst mit den Mitarbeitern
aus acht Nationen, die dort Kundenfragen aus ganz Europa beantworten sollen?
Die Wirtschaft darbt, ganze Konzerne gehen in Insolvenz - und ausgerechnet ein
Dotcom-Unternehmen hat keine andere Sorge, als zu verhindern, dass sich die neuen
Mitarbeiter auf die Füße treten könnten. Ebay boomt, als hätte das Management die
Rezession einfach übersehen. Weltweit wächst Ebay um 72 Prozent im Jahr. Seit 2001
schreibt die deutsche Sektion schwarze Zahlen. Der Gesamtkonzern ist seit jeher
profitabel. "Ebay ist unser Topfavorit" sagt Anthony Noto, Internetaktien-Analyst bei
Goldman Sachs.
Allein in Deutschland erreicht die Website nach einer Erhebung des
Marktforschungsunternehmens MMXI vom Februar 30,5 Prozent der privaten
Internetnutzer, das Angebot ist nach Google, T-Online und MSN hier zu Lande das
meistgenutzte. Zwischen Juli und September 2001 wurden über die deutsche
Ebay-Website Güter im Wert von etwa 280 Mio. Euro verkauft. Damit hat Ebay das
umsatzstärkste Internetgeschäft.
Weltweit steigerte Ebay den Umsatz im vergangenen Jahr um 64 Prozent auf 219 Mio. $,
den Gewinn um fast 90 Prozent auf 90 Mio. $. Vor wenigen Tagen veröffentlichte Ebay die
Zahlen zum ersten Quartal 2002: gegenüber dem Vorjahr konnte der Profit mehr als
verdoppelt werden.
Geringer Werbeaufwand
All jene Probleme, die unzählige Internet-Businesspläne ad absurdum geführt haben,
scheinen bei Ebay fern: Der Internet-Buchhändler Amazon.com wäre fast an dem
Vorhaben zerbrochen, seine Warenpalette über Bücher hinaus zu erweitern und zu
einem Online-Warenhaus zu werden. Bei Ebay in den USA suchen Käufer dagegen in
20.000 Kategorien: Babyklamotten, Computer - sogar Autos sind im Sortiment.
Viele Dotcoms investierten vergeblich viel Geld in TV-Werbung, um Kunden zu finden.
Ebay warb bis vor kurzem nur im Internet und kann hier zu Lande trotzdem einen
jährliches Nutzerzuwachs von 180 Prozent aufweisen. Ein Großteil der
New-Economy-Unternehmen wurde hinweggerafft, weil es ihnen nicht gelang,
Werbekunden für ihre Seiten zu interessieren. Bei Ebay gehören Werbeumsätze nicht
zum Geschäftsmodell - dennoch verdient das Unternehmen durch Anzeigenschaltungen
mehr als das Portal Yahoo.
Am meisten hadern Online-Shops damit, dass die Kunden kein Vertrauen in die
Zahlungssysteme haben. Bei Ebay überweisen sie mit blindwütiger Naivität vierstellige
Euro-Beträge an völlig unbekannte Handelspartner - per Vorkasse.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bewunderung für das Boom-Unternehmen in
Bangen umschlägt. Ebay hat schon heute als Internet-Auktionator ein Quasi-Monopol -
und ist mit seinen Plänen lange nicht fertig. Die 1995 gegründete Firma ist auf dem
besten Wege, ein Microsoft des E-Commerce zu werden. Eine Shopping-Plattform, an
der mittelfristig kaum ein Weg vorbeiführen dürfte.
Viel Fassade
In den Firmenräumen in Dreilinden sieht es überhaupt nicht nach bösem Monopolisten
aus. Die vom Innenarchitekten Wilfried Lembert designten Büros wirken fast penetrant
spielerisch: buntes Glas, schrille Möbel. Die Geschäftsleitung hat Tisch-Kicker aufstellen
lassen, es gibt ein Fitnesscenter und einen Konferenzraum, der mit quietschbunten
Polstern ausgestattet ist.
Vieles davon ist allerdings Show. Konferiert wird nur in Räumen mit normalen Stühlen.
Zugleich tragen alle Mitarbeiter eine Schlüsselkarte um den Hals, mit der sie die Türen
der Flure öffnen müssen - damit niemand in einen Gebäudetrakt gerät, für den er nicht
autorisiert ist.
Bei Ebay zählen Kurven und Kennzahlen - keine Visionen. Das hat das Unternehmen vor
den Untiefen der New Economy bewahrt. Während andere Internet-Auktionshäuser sich
mit Waren eindeckten, die sie verlustträchtig versteigerten, und sich überdies mit Lager-
und Logistiksystemen überluden, machte Ebay nicht viel mehr, als im Web eine
Softwareplattform zur Verfügung zu stellen - und für jede Auktion Gebühren zu kassieren.
Noch heute kalkuliert Ebay kein bisschen sanfter: Die Dependance in Japan wurde nach
kurzer Zeit geschlossen. Yahoo hatte dort früher angefangen, Auktionen anzubieten und
einen zu großen Vorsprung. Als Ebay das französische Auktionshaus I-Bazar kaufte,
wurden sofort einige der acht europaweiten Marktplätze getilgt - zu geringe
Umsatzaussichten. An anderer Stelle investiert die Führung dagegen kräftig: Ebay hat
sich in Taiwan eingekauft und erwägt den Einstieg in den chinesischen Markt.
Deutschlandchef Justus passt bestens in diese knallharte Gute-Laune-Company. Der
Ex-Unternehmensberater übernahm vor zwei Jahren die Leitung von Ebay Deutschland,
kurz nachdem das US-Unternehmen das deutsche Internet-Auktionshaus Alando
übernommen hatte. Als Justus begann, das Startup ins Mutterhaus einzugliedern,
arbeiteten dort 70 Leute. Heute sind es gerade mal zehn Mitarbeiter mehr. Der Chef hat
kräftig rationalisiert. "Es gab zum Beispiel jemanden, der hat sich gleichzeitig um
Business Development, Produktentwicklung und Marketing gekümmert. Wir haben diese
Bereiche getrennt und klare Verantwortlichkeiten geschaffen." Womit er meint, dass er
den Mann gefeuert hat.
Tummelplatz für "Powerseller"
Wie prägend Ebay schon jetzt für Shopping-Kultur ist, belegt nicht nur die eigene
Erfolgsgeschichte, sondern auch die vieler Nutzer. In Deutschland gibt es inzwischen
1000 so genannte Powerseller. So werden Verkäufer bezeichnet, die monatlich mehr als
2500 Euro umsetzen. Professionelle Händler, die statt Ladenfläche ein Lager anmieten
und ihre Waren übers Internet verkaufen.
Eine der aktivsten von ihnen ist Marion von Kuczkowski, die dieser Tage das Buch
"Powerselling bei Ebay" veröffentlicht. Vor zwei Jahren hat sie ihre Boutique aufgegeben
und verkauft seither Mode über die Versteigerungsplattform. "Mit einem normalen Laden
könnte ich niemals so viele Leute ansprechen", sagt sie. Nun will sie einen Großhandel
für Ebay-Verkäufer gründen.
In den USA ist die Powerseller-Community schon weiter. Dort findet im Juni bei Anaheim
in Kalifornien die erste Ebay-User Konferenz statt. "Die Leute sollen zuerst an Ebay
denken, wenn sie Lust auf Shopping bekommen", fasst Konzernchefin Meg Whitman die
Strategie zusammen: "Etwa so, wie sie an Wal Mart denken." Tatsächlich wandelt sich
Ebay von einem Online-Flohmarkt zu einer Shopping-Mall. Allein in Deutschland gibt es
über vier Millionen registrierte Nutzer. Ein ungeheures Kundenpotenzial, wie es nirgends
sonst im Internet anzutreffen ist.
Ebay zieht an
Während Ebay in Deutschland im März 5,1 Millionen Besucher zählte, waren es bei
"Verfolger" Ricardo schätzungsweise 62.000. "Woanders kann man praktisch nichts
versteigern", sagt ein Powerseller, "die Erlöse sind zu gering." Kein Wunder, dass das
Auktionshaus immer mehr Internethändler anzieht. "Schon jetzt werden Online-Shops
geschlossen und das Sortiment bei Ebay angeboten", freut sich Deutschlandchef
Justus.
Und das soll nur der Anfang sein: Zurzeit führt das Unternehmen Gespräche mit
Herstellern, die erwägen, die Plattform als Direktvertriebsweg zu nutzen. Erst kürzlich hat
Ebay die Möglichkeit eingeführt, Waren zu Festpreisen anzubieten. Das macht es für
Hersteller interessant, dort ihre Produkte anzupreisen. Der Vorteil: Bei Ebay würden sie
ohne Marketing-Aufwendungen mehr Kunden treffen, als sie jemals in einen eigenen
Internet-Shop locken könnten. Justus rechnet in ein bis zwei Jahren mit
Direktvertriebs-Angeboten.
Von einem Monopol will er freilich nichts wissen. Schließlich würden anderswo weitaus
mehr Autos verkauft. Wieder andere Händler würden wesentlich mehr Computer
umsetzen.
Jede Menge Platz für Wachstum also: "Ebay soll ein Marktplatz werden, auf dem Leute
fast überall auf der Welt mit fast allem handeln können." Justus grinst. So, wie man es in
keinem Management-Kurs lernt.
© 2002 Financial Times Deutschland