Aus der FTD vom 25.9.2002
Von Doris Grass, Frankfurt
Der Neue Markt hat nach Ansicht von Heinz Hilgert, Vorstandsmitglied der DZ Bank, in seiner derzeitigen Ausgestaltung keine Chance, wieder auf die Beine zu kommen.
Das Vertrauen der Anleger sei nachhaltig gestört, und die aktuellen Initiativen der Deutschen Börse könnten diesen Schwund nicht stoppen, sagte Hilgert am Dienstag auf der "Handelsblatt"-Konferenz "Börse der Zukunft" in Frankfurt. "Das ist kein temporäres Problem. Ich glaube nicht, dass es gelingt, den Neuen Markt, so wie er heute ist, nachhaltig wieder zu beleben", fügte Hilgert hinzu.
Schuld an der Vertrauenskrise ist nach Überzeugung des DZ-Bankers das kollektive Versagen aller Marktteilnehmer. Aber auch die Deutsche Börse habe auf die Skandale im Wachstumssegment nicht rechtzeitig und konsequent genug reagiert, kritisierte Hilgert. Sie habe viel zu lange in "Attentismus" verharrt und nicht versucht, den Niedergang des Neuen Marktes aufzufangen. "Ich kann mir im Augenblick kein Szenario vorstellen, wo ein ausschließlich auf Wachstumsfirmen orientiertes Segment wieder Investoren anziehen kann", sagte Hilgert. Der Wegfall des Neuen Marktes als Instrument für die Eigenkapitalbeschaffung wird sich seiner Ansicht nach bitter rächen.
Das von der Börse angekündigte Premiumsegment wird laut Hilgert "unter dem Trauma des Neuen Marktes und des Smax leiden müssen". Der Aufbau eines solchen neuen Segments bedürfe besonderer Sorgfalt, wenn das Vertrauen der Anleger zurückgewonnen werden solle.
Xetra Best bringt nichts
Die Initiativen "Xetra Best" und der Aufbau einer zentralen Gegenpartei zur Kostensenkung und Risikominimierung für die Handelsteilnehmer bringe den Privatanlegern nichts. Der DZ-Bank-Vorstand befürchtet vielmehr, dass die Internalisierung von Kundenorders durch die Banken auf Xetra Best die Liquidität an den deutschen Börsen zersplittern wird. Hinzu komme, dass mit einer Verschlechterung der Qualität der Börsenpreise gerechnet werden müsse, wenn die Banken die Aufträge ihrer Privatkunden gegeneinander ausführen und sie nicht mehr an der Börse platzieren.
Außerdem sei nicht auszuschließen, dass die Banken, die auf Xetra Best als so genannte "Best Executors" arbeiten und die Aufträge internalisieren, ihre Informationen über den Orderflow für eigene Handelsstrategien ausnutzen. Man müsse Sorge haben, dass die Internalisierungstendenz die Transparenz einschränke und die Anleger weiter verunsichere, sagte Hilgert.
Umgekehrt werde Xetra Best auch den Banken, die ihre Kundenorders internalisieren wollen, kaum substanziellen Mehrwert bringen. Angesichts der extremen Börsenflaute "ist Internalisierung ein Marktthema von vorgestern", denn es "gibt nichts mehr zu internalisieren".
Strengere Zulassungsbedingungen
Um das Vertrauen der Privatanleger zurückzugewinnen, forderte Hilgert eine Verbesserung der Preisqualität und -transparenz, eine Gleichbehandlung institutioneller und privater Investoren unter anderem durch kostenfreie Marktinformationen und Orderbucheinblick, den Ausbau der Handelsüberwachung und einen besseren Anlegerschutz bei Übernahmen und beim Rückzug von der Börse. Auch müsse die Deutsche Börse ihr Qualitätsmanagement durch strengere Zulassungsbedingungen und eine risikoorientiertere Segmentierung verbessern.
© 2002 Financial Times Deutschland
Gruß
Von Doris Grass, Frankfurt
Der Neue Markt hat nach Ansicht von Heinz Hilgert, Vorstandsmitglied der DZ Bank, in seiner derzeitigen Ausgestaltung keine Chance, wieder auf die Beine zu kommen.
Das Vertrauen der Anleger sei nachhaltig gestört, und die aktuellen Initiativen der Deutschen Börse könnten diesen Schwund nicht stoppen, sagte Hilgert am Dienstag auf der "Handelsblatt"-Konferenz "Börse der Zukunft" in Frankfurt. "Das ist kein temporäres Problem. Ich glaube nicht, dass es gelingt, den Neuen Markt, so wie er heute ist, nachhaltig wieder zu beleben", fügte Hilgert hinzu.
Schuld an der Vertrauenskrise ist nach Überzeugung des DZ-Bankers das kollektive Versagen aller Marktteilnehmer. Aber auch die Deutsche Börse habe auf die Skandale im Wachstumssegment nicht rechtzeitig und konsequent genug reagiert, kritisierte Hilgert. Sie habe viel zu lange in "Attentismus" verharrt und nicht versucht, den Niedergang des Neuen Marktes aufzufangen. "Ich kann mir im Augenblick kein Szenario vorstellen, wo ein ausschließlich auf Wachstumsfirmen orientiertes Segment wieder Investoren anziehen kann", sagte Hilgert. Der Wegfall des Neuen Marktes als Instrument für die Eigenkapitalbeschaffung wird sich seiner Ansicht nach bitter rächen.
Das von der Börse angekündigte Premiumsegment wird laut Hilgert "unter dem Trauma des Neuen Marktes und des Smax leiden müssen". Der Aufbau eines solchen neuen Segments bedürfe besonderer Sorgfalt, wenn das Vertrauen der Anleger zurückgewonnen werden solle.
Xetra Best bringt nichts
Die Initiativen "Xetra Best" und der Aufbau einer zentralen Gegenpartei zur Kostensenkung und Risikominimierung für die Handelsteilnehmer bringe den Privatanlegern nichts. Der DZ-Bank-Vorstand befürchtet vielmehr, dass die Internalisierung von Kundenorders durch die Banken auf Xetra Best die Liquidität an den deutschen Börsen zersplittern wird. Hinzu komme, dass mit einer Verschlechterung der Qualität der Börsenpreise gerechnet werden müsse, wenn die Banken die Aufträge ihrer Privatkunden gegeneinander ausführen und sie nicht mehr an der Börse platzieren.
Außerdem sei nicht auszuschließen, dass die Banken, die auf Xetra Best als so genannte "Best Executors" arbeiten und die Aufträge internalisieren, ihre Informationen über den Orderflow für eigene Handelsstrategien ausnutzen. Man müsse Sorge haben, dass die Internalisierungstendenz die Transparenz einschränke und die Anleger weiter verunsichere, sagte Hilgert.
Umgekehrt werde Xetra Best auch den Banken, die ihre Kundenorders internalisieren wollen, kaum substanziellen Mehrwert bringen. Angesichts der extremen Börsenflaute "ist Internalisierung ein Marktthema von vorgestern", denn es "gibt nichts mehr zu internalisieren".
Strengere Zulassungsbedingungen
Um das Vertrauen der Privatanleger zurückzugewinnen, forderte Hilgert eine Verbesserung der Preisqualität und -transparenz, eine Gleichbehandlung institutioneller und privater Investoren unter anderem durch kostenfreie Marktinformationen und Orderbucheinblick, den Ausbau der Handelsüberwachung und einen besseren Anlegerschutz bei Übernahmen und beim Rückzug von der Börse. Auch müsse die Deutsche Börse ihr Qualitätsmanagement durch strengere Zulassungsbedingungen und eine risikoorientiertere Segmentierung verbessern.
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