In Zeiten von Wirtschaftsflaute und Krieg ist die Nachfrage nach Unterhaltung gesunken. Darum setzt Disney-Chef Michael Eisner auf Expansion und schickt Micky nach China
von Martin Halusa
Die Akropolis steht im Süden Chinas, ganz in der Nähe des Eiffelturms. Stonehenge ist gleich nebenan, auch die Niagarafälle sind fußläufig erreichbar in Shenzhen: Der Vergnügungspark "Window of the World", in dem lauter Miniaturausgaben weltbekannter Bauwerke stehen, ist eine Attraktion der Sonderwirtschaftszone um die südchinesische Stadt. Doch eine halbe Stunde Zugfahrt entfernt entsteht zurzeit eine Attraktion von ganz anderem Kaliber: 2005 soll Disneyland Hongkong eröffnet werden. Viele Chinesen werden, so sie die Visa bekommen, das Vergnügungsareal des westlichen Unterhaltungsgiganten besuchen und nicht den heimischen Park mit den Minimonumenten, hofft Disney-Chef Michael Eisner. Denn anderswo machen es Wirtschaftsflaute und der Irak-Krieg Disney zurzeit schwer. Amüsement steht nicht hoch im Kurs, das bekommt das Unternehmen zu spüren. Darum geht Mickymaus nach Asien. Disneyland Hongkong "ist unser Eintritt nach China", verspricht Eisner. Viel früher als erwartet werde man Gewinn machen. 2007 dann soll auch in Shanghai ein Disney-Vergnügungspark öffnen.
Eisner herrscht über ein Riesenreich, in dem die Sonne niemals untergeht. Sie geht auf über Japan, wo Walt Disney seit 1983 das Tokio Disneyland betreibt, strahlt über Euro Disneyland bei Paris, wandert weiter nach Disney World in Orlando (Florida) und steht dann über Disney Land in Anaheim (Kalifornien). Doch ist das Imperium des Königs von Mickymaus' Gnaden nicht mehr so dicht bevölkert. Besucher bleiben den Vergnügungsparks fern, die Kreuzfahrtschiffe der Disney Cruise Line fahren mit leeren Kabinen durch die Karibik, die Einschaltquoten von Disneys Fernsehnetzwerk ABC sinken, mehrere Filme floppten in den Kinos. Der Quartalsgewinn sank um elf Prozent. Der 61-jährige Eisner, der bei Disney die Posten von Chief Executive Officer (CEO) und Chairman bekleidet, spricht immer wieder von der Ertragswende, flehentlich geradezu, als wollte er sie herbeibeten.
Wie kaum ein anderes Unternehmen ist Walt Disney von Lust und Laune der Verbraucher abhängig. Als die USA gegen den Irak in den Krieg zogen, machte sich das beim Konzern mit der Maus sofort bemerkbar. Die Touristen, die aus den USA und auch die aus Übersee, blieben aus. Schon im April hatte der Disney-Chef gewarnt, dass SARS und der Krieg im Irak zu einem deutlichen Ergebnisrückgang führen könnten. Und so ist es auch gekommen. In den Disney-Parks sank die Zahl der Besucher um sieben Prozent. Viele blieben daheim und holten sich Mickymaus nach Hause: Der Gewinn der Disney-Filmsparte stieg von 27 auf 206 Mio. Dollar, weil Disney im vergangenen Quartal mehr DVDs und Videos verkaufte. Andererseits kostete die Berichterstattung über den Irak-Krieg viel Geld. 32 Mio. Dollar hat ABC für Extrasendungen, Satellitenschaltungen und anderes ausgegeben, gleichzeitig gingen die Werbeeinnahmen zurück. Der ABC-Quartalsgewinn sank um ein Viertel.
Eisners Gegenmittel heißt Expansion. Im Zentrum steht dabei das Engagement in China. Das ist von langer Hand vorbereitet. Schon Mitte der achtziger Jahre liefen die ersten Disney-Trickfilme im chinesischen Fernsehen, mit der Folge, dass Produktpiraten massenhaft unautorisierte Disney-Produkte auf den Markt warfen. Für Disney hatte das den Effekt, dass sich die Marke Disney und ihre Figuren in China etablierten, auch wenn der Konzern dabei kein Geld verdiente. 1998 kam dann "Mulan" in die Kinos, die Trickfilmadaption einer chinesischen Legende, und wurde in China sehr positiv aufgenommen. In dieser günstigen Situation schloss Disney mit Hongkong einen Vertrag über die Errichtung eines Vergnügungsparks. Gleichzeitig sorgte Eisner dafür, dass Disney-Trickfilme in den wichtigsten TV-Kanälen liefen. So wird das künftige Publikum für Disneys Vergnügungsparks in China bereits herangebildet.
Indes wäre beinahe alles umsonst gewesen. Seit 1984 ist Eisner Disneys Topmanager, der Chef von 112 000 Mitarbeitern, und oft wurde ihm vorgeworfen, er habe zu viel Macht, mische sich zu viel ein, was dem Unternehmen nicht bekomme. Eisner aber blieb immer oben - bis vor wenigen Monaten. Da schien sein Stern zu sinken. Der Kurs der Disney-Aktie war auf ein Achtjahrestief gefallen, der Fernsehsender ABC lag in der Bewertung weit hinter der Konkurrenz, die Eisner-Gegner hatten Oberwasser. Doch im Kampf um seinen Posten bekam Eisner Unterstützung vom Aufsichtsrat. Einstimmig billigte das Gremium im Herbst Eisners Expansionspläne.
Das Projekt "Disney in Hongkong" wurde im Januar mit dem ersten Spatenstich begonnen. 314 Mio. Dollar will Disney im Süden Chinas ausgeben, unter anderem werden sieben Millionen Bäume und Büsche gepflanzt. An dem noch zu errichtenden Vergnügungspark ist Disney mit 43 Prozent beteiligt, 57 Prozent hält die lokale Regierung. 1,8 Mio. Besucher sollen pro Jahr kommen, wenn das Gelände fertig ist.
Walt Disney befinde sich nun am Ende einer fünf Jahre dauernden Investitionsphase, sagt Eisner. Und das Geld fließt nicht nur nach Asien: Allein am Standort Orlando werde man bis 2004 insgesamt 150 Mio. Dollar in Disney World stecken. Investitionen wie diese sollen sich nun allmählich auszahlen. Derzeit aber steht der kalifornische Spaßkonzern nicht gut da. Bei ABC liefen die Spielfilme nicht so gut wie bei der Konkurrenz, ähnlich die Reality-Shows. Vorbei die Zeiten, als der TV-Sender mit "Who wants to be a Millionaire" Fernsehgeschichte schrieb, auch in Hinsicht auf Zuschauerquoten und Werbeumsätze. Das war im Jahr 2000, da erreichte Disneys TV-Bereich noch einen Gewinn von einer Mrd. Dollar. Im vergangenen Jahr dagegen machte Disney mit Fernsehen einen Verlust von 36 Mio. Dollar. Die geplante Fusion von ABC mit CNN - der Nachrichtenkanal gehört AOL Time Warner - wurde abgeblasen. Weil die Kundenzahlen beim Online-Dienst AOL stagnieren, verzichtete das Mutterunternehmen auf die kriselnde ABC.
Rückschläge gibt es für Disney auch im Filmgeschäft, das den Konzern einst groß gemacht hat. Der Zeichentrickfilm "Der Schatzplanet" fiel beim Publikum durch. 36 Mio. Dollar kamen an den Kinokassen herein, doch beliefen sich die Produktionskosten auf 140 Mio. Dollar - kein gutes Geschäft.
Disney hofft nun auf Lizzie McGuire. Das ist der Name der Titelheldin einer Teenager-Soap, die täglich auf dem Disney Channel läuft. Der Film zur Seifenoper ist gestern mit lautem Werbegetöse in den US-Kinos angelaufen.
Bei allem Expansionsdrang soll Disney zugleich die Kosten senken. Auf der Liste für Streichungen stehen dabei auch die Anaheim Angels. Das Baseballteam gehört Disney - noch. Wie es heißt, will Disney die Mannschaft für 180 Mio. Dollar an einen Millionär aus Arizona verkaufen. Das wäre für Michael Eisner ein Erfolg, den der brauchen kann. Im Jahr 2006 läuft Eisners Vertrag aus. Viele an der Wall Street meinen, dass Eisners Verpflichtung nicht verlängert werden sollte, sondern ein anderer seinen Posten übernehmen müsste.
von Martin Halusa
Die Akropolis steht im Süden Chinas, ganz in der Nähe des Eiffelturms. Stonehenge ist gleich nebenan, auch die Niagarafälle sind fußläufig erreichbar in Shenzhen: Der Vergnügungspark "Window of the World", in dem lauter Miniaturausgaben weltbekannter Bauwerke stehen, ist eine Attraktion der Sonderwirtschaftszone um die südchinesische Stadt. Doch eine halbe Stunde Zugfahrt entfernt entsteht zurzeit eine Attraktion von ganz anderem Kaliber: 2005 soll Disneyland Hongkong eröffnet werden. Viele Chinesen werden, so sie die Visa bekommen, das Vergnügungsareal des westlichen Unterhaltungsgiganten besuchen und nicht den heimischen Park mit den Minimonumenten, hofft Disney-Chef Michael Eisner. Denn anderswo machen es Wirtschaftsflaute und der Irak-Krieg Disney zurzeit schwer. Amüsement steht nicht hoch im Kurs, das bekommt das Unternehmen zu spüren. Darum geht Mickymaus nach Asien. Disneyland Hongkong "ist unser Eintritt nach China", verspricht Eisner. Viel früher als erwartet werde man Gewinn machen. 2007 dann soll auch in Shanghai ein Disney-Vergnügungspark öffnen.
Eisner herrscht über ein Riesenreich, in dem die Sonne niemals untergeht. Sie geht auf über Japan, wo Walt Disney seit 1983 das Tokio Disneyland betreibt, strahlt über Euro Disneyland bei Paris, wandert weiter nach Disney World in Orlando (Florida) und steht dann über Disney Land in Anaheim (Kalifornien). Doch ist das Imperium des Königs von Mickymaus' Gnaden nicht mehr so dicht bevölkert. Besucher bleiben den Vergnügungsparks fern, die Kreuzfahrtschiffe der Disney Cruise Line fahren mit leeren Kabinen durch die Karibik, die Einschaltquoten von Disneys Fernsehnetzwerk ABC sinken, mehrere Filme floppten in den Kinos. Der Quartalsgewinn sank um elf Prozent. Der 61-jährige Eisner, der bei Disney die Posten von Chief Executive Officer (CEO) und Chairman bekleidet, spricht immer wieder von der Ertragswende, flehentlich geradezu, als wollte er sie herbeibeten.
Wie kaum ein anderes Unternehmen ist Walt Disney von Lust und Laune der Verbraucher abhängig. Als die USA gegen den Irak in den Krieg zogen, machte sich das beim Konzern mit der Maus sofort bemerkbar. Die Touristen, die aus den USA und auch die aus Übersee, blieben aus. Schon im April hatte der Disney-Chef gewarnt, dass SARS und der Krieg im Irak zu einem deutlichen Ergebnisrückgang führen könnten. Und so ist es auch gekommen. In den Disney-Parks sank die Zahl der Besucher um sieben Prozent. Viele blieben daheim und holten sich Mickymaus nach Hause: Der Gewinn der Disney-Filmsparte stieg von 27 auf 206 Mio. Dollar, weil Disney im vergangenen Quartal mehr DVDs und Videos verkaufte. Andererseits kostete die Berichterstattung über den Irak-Krieg viel Geld. 32 Mio. Dollar hat ABC für Extrasendungen, Satellitenschaltungen und anderes ausgegeben, gleichzeitig gingen die Werbeeinnahmen zurück. Der ABC-Quartalsgewinn sank um ein Viertel.
Eisners Gegenmittel heißt Expansion. Im Zentrum steht dabei das Engagement in China. Das ist von langer Hand vorbereitet. Schon Mitte der achtziger Jahre liefen die ersten Disney-Trickfilme im chinesischen Fernsehen, mit der Folge, dass Produktpiraten massenhaft unautorisierte Disney-Produkte auf den Markt warfen. Für Disney hatte das den Effekt, dass sich die Marke Disney und ihre Figuren in China etablierten, auch wenn der Konzern dabei kein Geld verdiente. 1998 kam dann "Mulan" in die Kinos, die Trickfilmadaption einer chinesischen Legende, und wurde in China sehr positiv aufgenommen. In dieser günstigen Situation schloss Disney mit Hongkong einen Vertrag über die Errichtung eines Vergnügungsparks. Gleichzeitig sorgte Eisner dafür, dass Disney-Trickfilme in den wichtigsten TV-Kanälen liefen. So wird das künftige Publikum für Disneys Vergnügungsparks in China bereits herangebildet.
Indes wäre beinahe alles umsonst gewesen. Seit 1984 ist Eisner Disneys Topmanager, der Chef von 112 000 Mitarbeitern, und oft wurde ihm vorgeworfen, er habe zu viel Macht, mische sich zu viel ein, was dem Unternehmen nicht bekomme. Eisner aber blieb immer oben - bis vor wenigen Monaten. Da schien sein Stern zu sinken. Der Kurs der Disney-Aktie war auf ein Achtjahrestief gefallen, der Fernsehsender ABC lag in der Bewertung weit hinter der Konkurrenz, die Eisner-Gegner hatten Oberwasser. Doch im Kampf um seinen Posten bekam Eisner Unterstützung vom Aufsichtsrat. Einstimmig billigte das Gremium im Herbst Eisners Expansionspläne.
Das Projekt "Disney in Hongkong" wurde im Januar mit dem ersten Spatenstich begonnen. 314 Mio. Dollar will Disney im Süden Chinas ausgeben, unter anderem werden sieben Millionen Bäume und Büsche gepflanzt. An dem noch zu errichtenden Vergnügungspark ist Disney mit 43 Prozent beteiligt, 57 Prozent hält die lokale Regierung. 1,8 Mio. Besucher sollen pro Jahr kommen, wenn das Gelände fertig ist.
Walt Disney befinde sich nun am Ende einer fünf Jahre dauernden Investitionsphase, sagt Eisner. Und das Geld fließt nicht nur nach Asien: Allein am Standort Orlando werde man bis 2004 insgesamt 150 Mio. Dollar in Disney World stecken. Investitionen wie diese sollen sich nun allmählich auszahlen. Derzeit aber steht der kalifornische Spaßkonzern nicht gut da. Bei ABC liefen die Spielfilme nicht so gut wie bei der Konkurrenz, ähnlich die Reality-Shows. Vorbei die Zeiten, als der TV-Sender mit "Who wants to be a Millionaire" Fernsehgeschichte schrieb, auch in Hinsicht auf Zuschauerquoten und Werbeumsätze. Das war im Jahr 2000, da erreichte Disneys TV-Bereich noch einen Gewinn von einer Mrd. Dollar. Im vergangenen Jahr dagegen machte Disney mit Fernsehen einen Verlust von 36 Mio. Dollar. Die geplante Fusion von ABC mit CNN - der Nachrichtenkanal gehört AOL Time Warner - wurde abgeblasen. Weil die Kundenzahlen beim Online-Dienst AOL stagnieren, verzichtete das Mutterunternehmen auf die kriselnde ABC.
Rückschläge gibt es für Disney auch im Filmgeschäft, das den Konzern einst groß gemacht hat. Der Zeichentrickfilm "Der Schatzplanet" fiel beim Publikum durch. 36 Mio. Dollar kamen an den Kinokassen herein, doch beliefen sich die Produktionskosten auf 140 Mio. Dollar - kein gutes Geschäft.
Disney hofft nun auf Lizzie McGuire. Das ist der Name der Titelheldin einer Teenager-Soap, die täglich auf dem Disney Channel läuft. Der Film zur Seifenoper ist gestern mit lautem Werbegetöse in den US-Kinos angelaufen.
Bei allem Expansionsdrang soll Disney zugleich die Kosten senken. Auf der Liste für Streichungen stehen dabei auch die Anaheim Angels. Das Baseballteam gehört Disney - noch. Wie es heißt, will Disney die Mannschaft für 180 Mio. Dollar an einen Millionär aus Arizona verkaufen. Das wäre für Michael Eisner ein Erfolg, den der brauchen kann. Im Jahr 2006 läuft Eisners Vertrag aus. Viele an der Wall Street meinen, dass Eisners Verpflichtung nicht verlängert werden sollte, sondern ein anderer seinen Posten übernehmen müsste.