Anlegerschutz spezialisierte Münchner Rechtsanwalt Klaus Rotter. Er rät, bei extremen
Aufschlägen auf den Börsenkurs „genau zu prüfen, wer hinter dem Übernahmeangebot steckt“.
Denn Cobracrest ist keineswegs ein Einzelfall (siehe Charts).
Um sicherzugehen, dass er die Barabfindung von 5,23 Euro auch erhält, hatte Udo Kleiner seine
Umtauschunterlagen per UPS-Expresssendung in die USA geschickt. Doch unter der
angegebenen Adresse 590 Madison Avenue existiert kein Unternehmen namens Carlyle
International. Noch nicht einmal einen Alibi-Briefkasten gibt es dort. Nachfragen unserer
Redaktion beim Portier ergaben, dass „zumindest so lange ich hier arbeite, keine Firma dieses
Namens hier ansässig war“. Der Mann macht den Job seit drei Jahren.
Während Kleiners Unterlagen auf dem Weg in die USA waren, untersagte die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die Übernahme – allerdings nur zum Teil. Am
Barabfindungsangebot hatten die Börsenhüter nichts auszusetzen, lediglich die
Aktientauschkomponente wurde verboten, weil Carlyle International keinen Wertpapierprospekt
hinterlegt hatte.
In der entsprechenden Adhoc-Mitteilung von Cobracrest wird mit keiner Silbe erwähnt, dass das
Barangebot weiterhin hätte gültig bleiben müssen. Dort heißt es lediglich, die Bafin habe die
Abwicklung des Übernahmevertrages „praktisch unmöglich gemacht“. Hier soll, so mutmaßt der
geprellte Anleger Kleiner, „der Bafin der schwarze Peter zugeschoben werden“.
Da Cobracrest nicht im amtlichen Handel, sondern nur im Freiverkehr notiert ist, „können wir
mangels Zuständigkeit nicht die Barabfindungskomponente des Angebots zu prüfen“, erklärt
Bafin-Sprecherin Anja Neukötter. „Die Untersagung des öffentlichen Aktientauschangebots
erfolgte auf Grundlage des Wertpapierprospektgesetzes.“
Der Anlegerschutz greift im Freiverkehr kaum. Im Prinzip kann jeder mit Übernahmeangeboten
Kurse hochtreiben und dann einfach keine oder fehlerhafte Unterlagen einreichen. Die Bafin muss
das Übernahmengebot in der Folge zurückweisen.
Ein Nachspiel wird der Fall Cobracrest trotzdem haben: Wegen des Verdachts auf
Marktmanipulation läuft ein Untersuchungsverfahren. Doch selbst wenn diejenigen ermittelt
werden, die den Kurs getrieben haben, heißt das nicht automatisch, dass Anleger automatisch
Schadenersatz bekommen. „Investoren müssten zivilrechtlich klagen“, so Bafin-Sprecherin
Neukötter.
Nur gegen wen? Carlyle International trat selbst nie an die Öffentlichkeit, alle Meldungen zum
Übernahmengebot kamen von stets Cobracrest. Auch der Mehrheitsaktionär Cobracrest London,
ein Private-Equity-Fonds, der nach der geplatzten Übernahme wieder 98 Prozent der Anteile hält,
gibt als Kontaktadresse stets Salzufer 8 in Berlin an.
Dort residiert die deutsche Tochter, gemäß Eingendefinition ein „Lifestyle-Konzern“, der -
wiederum über etliche Tochterfirmen und Joint Ventures – seine Produkte vertreibt. Dass Anleger
angesichts des intransparenten Firmengeflechts den Durchblick verlieren, „ist wahrscheinlich
Sinn der Übung“, vermutet Oliver Priess vom Berliner Anwaltsbüro Roscherstraße, das drei
Geschädigte vertritt und sich vor Anfragen kaum retten kann.
Immerhin hat Priess auf der Suche nach den Hintermännern eine heiße Spur: Auf seiner
Homepage nennt er den als Vorstands-Chef von Carlyle International angegebene Ronald von N.
Der war früher beim US-Terminmarkthändler Refco beschäftigt, der 2003 wegen
Bilanzmanipulationen ins Visier der US-Behörden rückte. Und Axel T., der 2004 im Auftrag von
Cobracrest London 86 Prozent des Börsenmantels von Advantec Biotechnologie erworben hatte,
aus dem die deutsche Cobracrest hervorging, sei bei Gericht kein Unbekannter: Sein Name wird
mit der Pleite der Immobilienfirma Aufina im Jahr 2002 in Verbindung gebracht.
In der Berliner Cobracrest-Zentrale jedenfalls zeigt man sich bei der Suche nach den
Hintermännern wenig kooperativ. Vorstands-Chef Richard Häusler ignorierte bislang alle
Interview-Wünsche.
Quelle: WO,
http://www.wallstreet-online.de/informer/...;page=1&thread_page=8