Ich habe gestern bei 1,47 Dollar nachgekauft. Die Risiken hatte ich ja schon genannt. Durch gezielt gestreute Bankrott-Gerüchte ist die Aktie gestern bis 1,32 Dollar gefallen. Dies liegt auch an dem naked short selling, das Kicky erwähnt. Calpine hat jedoch mehrmals erklärt, es bestünden keine Pläne für "Chapter 11" (US-Gläubigerschutz = Bankrott mit Weiterführung der Geschäfte). Dies bestätigen auch die Bond-Preise, die seit dem Absturz der Aktie nur schwach nachgegeben haben. Meines Erachtens besteht keine unmittelbare Konkursgefahr. Calpine hat 780 Mio. Dollar auf dem Konto und kann damit Fälligkeiten bis 2007 problemlos bedienen. Der Verkauf des Gaskraftwerks in Saltend (England) wird weitere 260 Mio. in die Kassen spülen. Problematisch ist die Verlängerung einer im August fällig werdenden Wandelanleihe (convertible). Daraus resultiert allerdings nur die Gefahr einer Kursverwässerung. Es könnten 30 bis 50 % mehr Aktien in den free float kommen. Dies ist jedoch schon lange bekannt und sollte bereits bei Kursen um 3 Dollar eingepreist gewesen sein. Sollten wirklich 50 % Aktien hinzukommen, wäre 2 Dollar der äquivalente Preis nach Verdünnung (bezogen auf Ausgangswert = 3 Dollar). Dies ist immer noch gut 0,50 Cent über dem gestrigen Schlusskurs.
Zu dem jetzigen Ausverkauf kommt es, weil Leute, die Calpine "auf Margin" (Depotbeleihung) gekauft haben, bei Kursen unter 2 Dollar (ab dem Kurs ist bei vielen US-Brokern eine Aktie nicht mehr "marginable") zu Zwangsverkäufen gezwungen wurden. Üblicherweise hat man nach dem Margin call drei Tage Zeit, entweder die Aktien zu verkaufen oder Geld nachzuschießen. Da vielen das Geld fehlt, mussten sie zwangsverkaufen. Diese Verkaufswelle sollte aber drei Tage nach dem ersten Margin Call (Dienstag) verebben, so dass nächste Woche wieder steigende Kurse möglich sind.
Zu den Fundamentals: Calpine hat 93 Kraftwerke mit insgesamt 30 Mio. Megawatt, die meisten sind mit Gas befeuert. Die Kraftwerke sind alle kürzlich gebaut und entsprechen dem neuesten Stand der Technik (40 % höhere Effizienz als herkömmliche). Der Wert aller dieser Anlage beträgt 26 Mrd. Dollar. Die Schulden Calpines liegen bei 18 Mrd. Dollar. So ergibt sich für die Aktien ein Netto-Asset-Wert von 26 - 18 = 8 Mrd. Dollar, macht bei 538 mio. Aktien einen inneren Wert von 8 Mrd/538 Mio = 14,86 Dollar. Würde Calpine liquidiert, so bliebe dieser Betrag - nach Abfindung sämtlicher Schuldner! - netto über. Folglich ist die Aktie mit 1,50 Dollar spottbillig. Anders als bei Dot.Coms und sonstigen Highflyern handelt es sich bei den Kraftwerke um werthaltige, existente Anlage - etwas völlig konkretes.
Das Problem Calpines sind die mit dem Öl drastisch gestiegenen Gas-Preise. Diese sind jedoch gerade wieder kräftig am Fallen (die Juni-Futures auf NG fielen diese Woche von 7,35 Dollar auf 6,60, charttechnisch wurde eine wichtige Unterstützungen nach unten durchbrochen, siehe Chart unten). Dies sollte Calpine finanziell stützen. Zweitens ist die diesjährige Schneedecke in den Rocky Mountains sehr dünn, so dass Kaliforniens Wasserkraftwerke, die normalerweise 20 % des Stromanteils liefern, den hohen Bedarf im Sommer nicht decken können. Drittens wird der Energiebedarf in Kalif. laut WSJ ab jetzt jährlich um 3,7 % steigen (Stromfresser wie Intel und AMD im Silicon Valley). Der Energiemarkt befindet sich an einem zyklischen Tiefpunkt und zieht gerade wieder an. Viertens gehen bereits nächste Woche zwei neue Kraftwerke Calpines "online": Sie werden Strom liefern, während bislang nur ihre Baukosten in die Bilanzen eingingen.
Fünftens hat Jim Cramer (Realmoney.com) in seiner Fernseh-Show Calpine bei 3 Dollar zum Verkauf empfohlen. Cramer gilt unter Insidern als Kontraindikator. Wer gegen ihn wettet, macht mehr Geld als diejenigen, die ihm folgen (sein kostenpflichtig zugängliches Musterdepot "Action Alert Plus" ist dick im Minus). In der Folge haben hundertausende Lemminge Calpine geshortet - 43,3 % des free floats ist short verkauft. Dies wäre das erste Mal in der Geschichte der Börse, dass die Masse recht behält. Nach den Zahlen nächsten Donnerstang (5. Mai) dürfte Calpine selbst dann steigen, wenn die Ergebnisse schlecht sind - aus demselben Grund, weshalb Apple trotz exzellenter Zahlen abschmierte. Bei Apple war es eine "Sell-the-good-news"-Reaktion, bei Calpine wird es eine "Buy-the-bad-news"-Reaktion der Shortseller geben, die auf 243 Mio. short verkauften Aktien sitzen. Wenn, wie Kicky schreibt, viele davon "naked shorts" sind, werden sie bei ihren Panikkäufen Probleme beim Eindecken bekommen. Es wird einen Mörder-Short-Squeeze geben, sobald klar wird, dass die Bankrott-Gerüchte Unsinn sind.
Explizit empfohlen wird Calpine von US-Fondmanagers David J. Williams (portfolio manager des Excelsior Value and Restructuring Fund). Er erklärte im Dezember im Interview mit "Business Week": "Everyone hates Calpine Corp., but I own it. The company is making progress with a big financial restructuring. If they just liquidated the company, you'd get $6 a share, and the stock's selling at $3.50."
Wenn dieses Argument bei 3,50 Dollar richtig war, so ist es bei 1,50 Dollar sicher nicht falscher.
Williams Fond hält 7.8 Mio. Calpine-Aktien. Wer seinen Empfehlungen im letzten Jahr folgte, machte 43 % Plus (Business Week: "...whose picks returned 43% this year".)
Weitere institutionelle Großanleger:
MFS INVESTMENT MANAGEMENT 36,921,410
§
MELLON BANK NA 33,468,524
§
BARCLAYS BANK PLC 21,855,344
§
SCEPTER HOLDINGS, INC. 17,500,000
§
STATE STR CORPORATION 16,598,846
§
U.S. TRUST COMPANY N.A. 16,092,657
§
VANGUARD GROUP, INC. 14,509,520
§
COLLEGE RETIRE EQUITIES 13,923,595
§
CITIGROUP INC 7,281,854
§
DEUTSCHE BK AKTIENGESELLSCHAFT 6,800,272
Die Pleite-Gerüchteküche verweist fleißig auf Enron, da waren ja damals auch alle "Großen" investiert und lagen bekanntlich alle falsch. Der Vergleich hinkt jedoch. Enron hat sich als selbsternannte Energiebörse mit Derivaten (Futures) verhoben, während Calpine nicht mit Futures handelt.
Zum Schluss noch ein Wort zu den Schulden: 18 Mrd. Dollar sind viel, aber General Motors hat seit vielen Jahren 300 Mrd. Schulden, ohne bislang daran zu zerbrechen - und dies, obwohl der KFZ-Markt viel zyklischer ist als der Energiemarkt. Deshalb sind z. B. EON oder RWE eine sicherere Anlage als DCX oder VW. Und bei Calpine stehen den 18 Mrd. Schulden immerhin fuer 26 Mrd. brandneue Assets gegenueber.
@Fuzzi: Selbstverständlich ist dies erst mal ein Zock bzw. Trade. Doch wenn die Gaspreise weiter fallen, könnte es auch ein Super-Turnaround werden. Sieh Dir die Aktien des Energieerzeugers Williams (WMB) an - die stiegen von 2 Dollar auf jetzt 17 Dollar (Hoch: 19).
Der Chart unten zeigt den Preis fuer Natural Gas in den letzten drei Monaten.
Zu dem jetzigen Ausverkauf kommt es, weil Leute, die Calpine "auf Margin" (Depotbeleihung) gekauft haben, bei Kursen unter 2 Dollar (ab dem Kurs ist bei vielen US-Brokern eine Aktie nicht mehr "marginable") zu Zwangsverkäufen gezwungen wurden. Üblicherweise hat man nach dem Margin call drei Tage Zeit, entweder die Aktien zu verkaufen oder Geld nachzuschießen. Da vielen das Geld fehlt, mussten sie zwangsverkaufen. Diese Verkaufswelle sollte aber drei Tage nach dem ersten Margin Call (Dienstag) verebben, so dass nächste Woche wieder steigende Kurse möglich sind.
Zu den Fundamentals: Calpine hat 93 Kraftwerke mit insgesamt 30 Mio. Megawatt, die meisten sind mit Gas befeuert. Die Kraftwerke sind alle kürzlich gebaut und entsprechen dem neuesten Stand der Technik (40 % höhere Effizienz als herkömmliche). Der Wert aller dieser Anlage beträgt 26 Mrd. Dollar. Die Schulden Calpines liegen bei 18 Mrd. Dollar. So ergibt sich für die Aktien ein Netto-Asset-Wert von 26 - 18 = 8 Mrd. Dollar, macht bei 538 mio. Aktien einen inneren Wert von 8 Mrd/538 Mio = 14,86 Dollar. Würde Calpine liquidiert, so bliebe dieser Betrag - nach Abfindung sämtlicher Schuldner! - netto über. Folglich ist die Aktie mit 1,50 Dollar spottbillig. Anders als bei Dot.Coms und sonstigen Highflyern handelt es sich bei den Kraftwerke um werthaltige, existente Anlage - etwas völlig konkretes.
Das Problem Calpines sind die mit dem Öl drastisch gestiegenen Gas-Preise. Diese sind jedoch gerade wieder kräftig am Fallen (die Juni-Futures auf NG fielen diese Woche von 7,35 Dollar auf 6,60, charttechnisch wurde eine wichtige Unterstützungen nach unten durchbrochen, siehe Chart unten). Dies sollte Calpine finanziell stützen. Zweitens ist die diesjährige Schneedecke in den Rocky Mountains sehr dünn, so dass Kaliforniens Wasserkraftwerke, die normalerweise 20 % des Stromanteils liefern, den hohen Bedarf im Sommer nicht decken können. Drittens wird der Energiebedarf in Kalif. laut WSJ ab jetzt jährlich um 3,7 % steigen (Stromfresser wie Intel und AMD im Silicon Valley). Der Energiemarkt befindet sich an einem zyklischen Tiefpunkt und zieht gerade wieder an. Viertens gehen bereits nächste Woche zwei neue Kraftwerke Calpines "online": Sie werden Strom liefern, während bislang nur ihre Baukosten in die Bilanzen eingingen.
Fünftens hat Jim Cramer (Realmoney.com) in seiner Fernseh-Show Calpine bei 3 Dollar zum Verkauf empfohlen. Cramer gilt unter Insidern als Kontraindikator. Wer gegen ihn wettet, macht mehr Geld als diejenigen, die ihm folgen (sein kostenpflichtig zugängliches Musterdepot "Action Alert Plus" ist dick im Minus). In der Folge haben hundertausende Lemminge Calpine geshortet - 43,3 % des free floats ist short verkauft. Dies wäre das erste Mal in der Geschichte der Börse, dass die Masse recht behält. Nach den Zahlen nächsten Donnerstang (5. Mai) dürfte Calpine selbst dann steigen, wenn die Ergebnisse schlecht sind - aus demselben Grund, weshalb Apple trotz exzellenter Zahlen abschmierte. Bei Apple war es eine "Sell-the-good-news"-Reaktion, bei Calpine wird es eine "Buy-the-bad-news"-Reaktion der Shortseller geben, die auf 243 Mio. short verkauften Aktien sitzen. Wenn, wie Kicky schreibt, viele davon "naked shorts" sind, werden sie bei ihren Panikkäufen Probleme beim Eindecken bekommen. Es wird einen Mörder-Short-Squeeze geben, sobald klar wird, dass die Bankrott-Gerüchte Unsinn sind.
Explizit empfohlen wird Calpine von US-Fondmanagers David J. Williams (portfolio manager des Excelsior Value and Restructuring Fund). Er erklärte im Dezember im Interview mit "Business Week": "Everyone hates Calpine Corp., but I own it. The company is making progress with a big financial restructuring. If they just liquidated the company, you'd get $6 a share, and the stock's selling at $3.50."
Wenn dieses Argument bei 3,50 Dollar richtig war, so ist es bei 1,50 Dollar sicher nicht falscher.
Williams Fond hält 7.8 Mio. Calpine-Aktien. Wer seinen Empfehlungen im letzten Jahr folgte, machte 43 % Plus (Business Week: "...whose picks returned 43% this year".)
Weitere institutionelle Großanleger:
MFS INVESTMENT MANAGEMENT 36,921,410
§
MELLON BANK NA 33,468,524
§
BARCLAYS BANK PLC 21,855,344
§
SCEPTER HOLDINGS, INC. 17,500,000
§
STATE STR CORPORATION 16,598,846
§
U.S. TRUST COMPANY N.A. 16,092,657
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VANGUARD GROUP, INC. 14,509,520
§
COLLEGE RETIRE EQUITIES 13,923,595
§
CITIGROUP INC 7,281,854
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DEUTSCHE BK AKTIENGESELLSCHAFT 6,800,272
Die Pleite-Gerüchteküche verweist fleißig auf Enron, da waren ja damals auch alle "Großen" investiert und lagen bekanntlich alle falsch. Der Vergleich hinkt jedoch. Enron hat sich als selbsternannte Energiebörse mit Derivaten (Futures) verhoben, während Calpine nicht mit Futures handelt.
Zum Schluss noch ein Wort zu den Schulden: 18 Mrd. Dollar sind viel, aber General Motors hat seit vielen Jahren 300 Mrd. Schulden, ohne bislang daran zu zerbrechen - und dies, obwohl der KFZ-Markt viel zyklischer ist als der Energiemarkt. Deshalb sind z. B. EON oder RWE eine sicherere Anlage als DCX oder VW. Und bei Calpine stehen den 18 Mrd. Schulden immerhin fuer 26 Mrd. brandneue Assets gegenueber.
@Fuzzi: Selbstverständlich ist dies erst mal ein Zock bzw. Trade. Doch wenn die Gaspreise weiter fallen, könnte es auch ein Super-Turnaround werden. Sieh Dir die Aktien des Energieerzeugers Williams (WMB) an - die stiegen von 2 Dollar auf jetzt 17 Dollar (Hoch: 19).
Der Chart unten zeigt den Preis fuer Natural Gas in den letzten drei Monaten.