Quelle:
http://www.cashkurs.com/start/Bärenmarktrally in den letzten Zügen (24.04.2009)
Die in der letzten großen Lageeinschätzung vom 19.03. beschriebene Bärenmarktrally hat sich wie erwartet bis nach Ostern weiterentwickelt. Nach aller Wahrscheinlichkeit (Sie wissen, Garantien gibt es an der Börse nicht) liegt diese Bärenmarktrally nun in den letzten Zügen. Vielleicht zieht es sich noch einige Tage, vieles deutet jedoch darauf hin, dass es in den nächsten Tagen wieder auf den Weg Richtung Süden geht. Die Zwischenrally hätte ein Potential bis etwa 5200 Punkte gehabt, die sie aber bei Weitem nicht ausgeschöpft hat. Stattdessen scheint sie sich bereits im Bereich um 4700 Punkte tot zu laufen. Wenn Sie sich die Begeisterung und den Optimismus der letzten 3 Wochen ansehen, erkennen Sie genau das angekündigte Muster (Siehe aktuelle Lage 19.03.). Erst entstand Hoffnung, dann kam Optimismus und schließlich Gier hinzu. „Mist, es steigt und ich bin nicht dabei“. Die extrem pessimistische Marktstimmung vom Februar wurde nicht nur abgebaut, es ist sogar weit verbreiteter Optimismus entstanden. Ein Optimismus, der durch die harten Fakten leider keineswegs untermauert wird. Im Gegenteil. Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen mit einem Konjunktureinbruch in Deutschland von -6 Prozent und erwarten eine ebenso schwere Wirtschaftskrise wie 1932/33. Jetzt könnte man sagen, die haben sich schon letztes Jahr geirrt (damals zu optimistisch), vielleicht irren sie wieder - nur diesmal zu pessimistisch. Ich befürchte aber, dass die Tendenz korrekt ist und wir uns das Ausmaß des Einbruchs nur schwer vorstellen können. Woher soll denn der plötzliche Aufschwung auch kommen? Nehmen wir einmal an, die Bankensanierung gelingt und die Bad Banks entlasten die Banken. An wen soll die nun sanierte Bank denn jetzt bitte Kredite vergeben? An denjenigen, der gerade seinen Job verloren hat? An denjenigen, der auf Kurzarbeit ist und nicht weiß, ob er nächsten Monat noch zur Arbeit fährt? An das Unternehmen mit Liquiditätsproblemen (die bräuchten dringend Kredite), mit dem Wissen, das Geld vermutlich erneut abschreiben zu müssen? Zu glauben, eine Sanierung der Bankbilanzen löst die Probleme nachhaltig greift definitiv zu kurz.
Bislang ging man von einer Erholung der Konjunktur „spätestens im zweiten Halbjahr 2009“ aus. Das ist mittlerweile ad acta gelegt. Selbst die Erholung 2010 wird immer öfter angezweifelt. Die Wirtschaftsforschungsinstitute sind inzwischen bei -0,5% für 2010 angekommen und das wird sicherlich nicht die letzte Prognosekorrektur bleiben. Dieser bisherige Optimismus begründete allerdings die Gewinnschätzungen für die Unternehmen. Die Analysten gehen bislang davon aus, dass der Gewinneinbruch im vierten Quartal 2008 nur ein einmaliger Ausrutscher war und rechnen für das zweite Halbjahr 2009 wieder mit deutlichen Gewinnsteigerungen auf dem Niveau von Ende 2007! Wo soll das herkommen!? Die Auftragseinbrüche sind historisch zu nennen und nehmen noch immer zu. Im Verlaufe des Jahres wird nun auch von offizieller Seite mit einer Million zusätzlicher Arbeitsloser gerechnet. Nur dem Instrument der Kurzarbeit, von dem die Industrie mit Unterstützung der Regierung gottlob regen Gebrauch macht, ist es zu verdanken, dass wir noch keine Massenentlassungswelle erleben. Sie wird jedoch erwartet, da auch die Kurzarbeit keine Strukturprobleme lösen kann. Dauerhafte Überkapazitäten wie in der Autoindustrie – man spricht hier von bis zu 100% Überkapazität – müssen abgebaut werden. Zumal in der Krise. Für diesen Fall hat DGB-Chef Sommer bereits „soziale Unruhen in Deutschland nicht ausgeschlossen“. Wo soll hier eine nachhaltige Erholung begründet liegen?
Das Konjunkturpaket beginnt zu wirken… und wie! Es gab einen wahren Run auf die Autohäuser. Die Abwrackprämie hat funktioniert. Leider haben davon (Ausnahme VW) fast ausschließlich ausländische Hersteller profitiert. Bei Daimler und BMW lange Gesichter. Im Gegenteil. Die Autos, die jetzt gekauft wurden, werden in den nächsten Monaten schon mal nicht mehr verkauft. Das waren also Vorzieheffekte.
Die Bauausgaben der öffentlichen Hand haben zu einer Flut von neu eingerichteten Baustellen auf deutschen Autobahnen gesorgt. Bislang 1600 Autobahnbaustellenkilometer!! Aber eben nur Baustelleneinrichtung! Auf den wenigsten Teilstücken wird auch gearbeitet, weil gar nicht so viele Arbeiter und Baumaschinen für den Straßenbau zur Verfügung stehen. Hier gab es zuvor schon keine großen Beschäftigungsprobleme. Die Folge: Man hat die Aufträge erst mal angenommen (Was man hat, hat man) und die Baustelle eingerichtet. Das wird dann in den nächsten Monaten Stück für Stück abgearbeitet. Deshalb werden aber kaum neue Maschinen angeschafft oder Arbeiter eingestellt, da jeder weiß, dass diese Auftragsflut eine Eintagsfliege bleiben wird und danach ja wieder massiv eingespart werden muss.
Die Immobilienpreise in Deutschland beginnen jetzt ebenfalls massiv unter die Räder zu kommen. Was bislang als „kein Thema“ galt, wird plötzlich zum harten Fakt. Die Preise für deutsche Eigenheime sind im ersten Quartal 2009 um sagenhafte 9 Prozent gesunken. Immer mehr Hausbesitzer müssen aufgrund ihrer wegfallenden Einnahmen ihr Wohneigentum verkaufen – egal zu welchem Preis. Hier setzt eine Abwärtsspirale ähnlich den USA ein, wenn auch vermutlich nicht mit solcher Dynamik und Dimension. Wehe dem Hausbesitzer, der dann einen Anschlusskredit benötigt, aber sein Hauswert zur Beleihung nicht mehr ausreicht.
Wir könnten hier beliebig fortsetzen, aber ich denke, es genügt um zu verstehen, dass es für überschwänglichen Optimismus sicherlich noch zu früh ist.
An dieser Stelle noch etwas Grundsätzliches. Es fällt mir selbst nicht leicht, Ihnen ständig schlechte Meldungen und negative Szenarien zu präsentieren. Ich sehne den Tag herbei, an dem ich Ihnen wieder positive Ausblicke und nachhaltig steigende Notierungen ankündigen kann. Es ist bestimmt kein Vergnügen, jeden Tag Anfeindungen ausgesetzt zu sein, weil der Überbringer von schlechten Nachrichten nun mal nicht besonders beliebt ist. Obwohl meine Prognosen seit zwei Jahren (leider) voll zutrafen, muss ich mich noch immer täglich verteidigen, ich würde zu negativ sehen. Bislang habe ich nichts anderes beschrieben als die Realität und ich denke, das ist es, was Sie von mir erwarten. Ich führe viele Hintergrundgespräche in Politik und Wirtschaft und überall herrscht Ratlosigkeit bis Entsetzen über die aktuelle Entwicklung, aber dort ist kaum einer bereit, dies in dieser Deutlichkeit öffentlich zu sagen. Ich kann aber mittlerweile nachvollziehen, warum viele Kommentatoren sich lieber in den Chor der „Schönredner“ einreihen, als ihre echte Einschätzung abzugeben. Das ist wesentlich angenehmer.