Guten Tag !
Heute ist der letzte Börsentag des Jahres 2022 - Zeit für ein kleines Fazit zur Bastei Lübbe AG im Jahr 2022. Fangen wir mal mit dem offensichtlichen an. 2022 war auch für die Aktie der Bastei Lübbe AG ein schlechtes Börsenjahr. Vor einem Jahr stand die Aktie noch bei 7,10 Euro, heute bei 4,40 Euro - macht einen Jahresverlust von 2,70 Euro oder umgerechnet von 38%. Der Kursgewinn aus dem Jahr 2021 ist demnach fast komplett wieder aufgezehrt worden.
Was die Entwicklung des Verlags gemessen an reinen Zahlen angeht, war 2022 (und damit auch das Geschäftsjahr 2022/2023) sicher auch kein besonders gutes Jahr. Zwar konnte Bastei Lübbe die Umsätze in diesem Jahr, gemessen am außerordentlich gut verlaufenen Jahr 2021/2022 in den ersten sechs Monaten des GJ um 7% steigern - angesichts der Belastung der Bürger mit höheren Kosten für Energie, Wohnen und Lebensmittel für einen Konsumwert sicher nicht schlecht. Das Ebit war allerdings, auch wenn man die Sonderbelastung durch die leider notwendig gewordene Abschreibung auf die Beteiligung Smarticular mal außen vor lässt, rückläufig. Es verringerte sich auf Halbjahresbasis von 4,5 Mio Euro auf 2,9 Mio Euro. Grund dafür waren die stark angestiegenen Druck- und Papierkosten. Das Umfeld ist derzeit also für einen Verlag nicht so besonders günstig und üblicherweise dauert es immer etwas bis man die steigenden Kosten auf die Preise übergewälzt hat.
Zudem gab es bei BL, wie schon erwähnt, eine Sonderabschreibung auf eine Beteiligung, die zusätzlich noch einmal 2 Mio Euro vom Ergebnis gekostet hat. Allerdings handelt es sich hier um einen einmaligen Vorgang (und, um auch mal etwas Positives zu erwähnen, der Vorstand hat aus den Desastern mit Daedalic etc. insofern gelernt als er den Kaufpreis für Smarticular am Erreichen von bestimmten Umsatz- und Ergebniszielen abhängig gemacht hat, was jetzt dazu führt, dass die Abschreibung vergleichsweise moderat ausfällt).
Also unterm Strich sieht das laufende Geschäftsjahr nicht wirklich gut aus, so dass aus meiner Sicht verständlich ist, dass der Kurs nachgegeben hat. Allerdings ist auch nicht alles schlecht bei BL. Man hat in einem wie geschildert eher ungünstigen Umfeld eine Umsatzsteigerung hinbekommen und die Marge liegt immer noch (wenn man den Sondereffekt herausrechnet) bei akzeptablen 6,6% im Halbjahr und die Prognose läuft auf eine Marge von 8,5% hinaus. Das ist sicher beileibe nicht schlecht.
Die Bücher von Bastei Lübbe waren im Jahr 2022 auch wieder erfolgreich. Schaut man auf die SPIEGEL Bestsellerliste für das Gesamtjahr, hat man bei HC Belletristik nicht den ganz großen Erfolg gehabt - es fehlten aber auch die ganz großen Namen - immerhin konnte Rebecca Gable mit ihrem neuesten Roman über Warringham Platz 19 erringen - es wäre noch zu erwähnen, dass der Roman auch aktuell noch auf der Bestenliste steht und mit 29,90 Euro auch nicht zu den billigsten Exemplaren auf der Liste zählt - soweit ich weiß geht die Liste rein nach der Zahl der verkauften Exemplare. Etwas besser sah es im Hardcover Sachbich aus - hier war Peter Hahne auf Platz 8 zu finden.
Besser hat BL (oder in dem Fall die Tochter LYX) bei den Paperbacks abgeschnitten. Die Plätze 18,16,15 und 2 gehören LYX (es wurde ja mal gefragt, ob es auch erfolgreiche Verlagsübernahmen bei BL gegeben hat . LYX wäre so eine).
Einen sehr großen Erfolg hat Bastei Lübbe bwz. die Verlage Baumhaus und Community Editions (erst in diesem Jahr vollständig übernommen) im Jugendbuchbereich erzielt. Unter den 10 meistverkauften Jugendbüchern finden sich gleich sechs (!!!) aus der Bastei Lübbe Gruppe, die Plätze 1-4 sind komplett von BL Büchern belegt, daneben gibt es noch die Plätze 6 und 9. Was an dieser Bestsellerlist mMn sehr bemerkenswert ist: Man kann hier sehr gut sehen, wie die "Serienformate" funktionieren. Es gibt jedes Jahr ja mindestens ein neues "Gregs Tagebuch" von Jeffrey Kinney und jedes Jahr klettert dieses zuverlässig auf Platz 1 der Bestenliste (wie auch in diesem Jahr). Gleichzeitig findet sich aber auch der allererste Band der Reihe aus dem Jahr 2011 (!!) auf der Bestenliste (Platz 6). Durch immer neue Bände werden auch immer neue Leser erschlossen, die dann aber eben nicht nur den grade aktuellen Band kaufen sondern, falls dieser gefällt, sich auch ältere Bände aus der Reihe besorgen - das ist ein sicher sehr erfolgversprechendes Modell, das nicht nur im Jugendbuchbereich funktioniert.
Dass BL Bücher macht, die sich erfolgreich am Markt behaupten, ist die Grundvoraussetzung, dass das Unternehmen auch wieder bessere Ergebnisse abliefern kann. BL hat grade im Bereich LYX eine ganze Reihe sehr erfolgreicher Autorinnen, die auch im Bereich "Social Media Marketing" weit vorne liegen. Darüber hinaus hat man einige solide Bestsellergaranten für den Harcoverbereich (Gable, Hahne, Follett und Dan Brown) und vor allem ein sehr erfolgreiches Jugendbuch.
Wir haben alle keine Glaskugel aber ich halte das "Oberziel" (100 Mio Euro Umsatz bei einer Ebitmarge von 10%) durchaus für erreichbar. Das bedeutet aber bei einem Buchverlag eben nicht, dass, falls man das Ziel mal erreicht hat, es im nächsten Jahr dann noch weiter bergauf geht. Es kann durchaus sein, dass man in einem Jahr mal 100 Mio Euro erreicht, weil man einen Topseller im Programm hat und dann im nächsten Jahr wieder aif 90 Mio Euro zurückfällt, weil man genau diesen Topseller dann eben nicht mehr im Programm hat. Es ist sehr schwer zu prognostizieren, wie erfolgreich ein Buch sein wird - das gilt sowohl für Planabweichungen nach unten aber eben auch nach oben. Generell liegen die Verlagsmitarbeiter von BL aber so schlecht nicht, wie die Umsatzentwicklung auch im laufenden Jahr zeigt.
Ich für meinen Teil glaube, dass, wenn man die Prognose am unteren Rand erreicht (ohne Sondereffekte), dass man dann auch eine Art "unteren Rand" für die Geschäftsentwicklung erreichen wird. 90 Mio Euro Umsatz bei einer Marge von 8,5%. Wesentlich unter diesen Umsatz und unter diese Marge sollte es nicht gehen. Wie gesagt, die hohen Druck- und Papierkosten schlagen schon jetzt auf die GuV durch. Es ist sicher nicht ausgeschlossen, dass die Kosten noch weiter anwachsen - aber BL sollte auch dazu in der Lage sein, die Preise so anzupassen, dass der Rohertrag sich nicht weiter verschlechtert.
BL selber prognostiziert für das laufende Jahr am unteren Rand der Prognose etwa 90 Mio Euro Umsatz und etwa 8 Mio Euro EBIT (eigentlich nur 6 Mio Euro aber darin enthalten sind 2 Mio Sonderabschreibung auf Smarticular). Das wären dann so als Untergrenze für die zukünftigen Jahre etwa 37 Cent EpS. Bezogen auf den aktuelle Kurs würde sich das KGV dann auf knapp 12 stellen.
Wie gesagt, ich sehe das als eine Art "Untergrenze" für die zukünftigen Jahre. Schafft man es, den Umsatz auf 95 Mio Euro und die Marge auf 9% zu steigern, würde das EpS schon bei etwa 40 Cent liegen - und wenn man die 100 Mio Euro und die 10% erreicht, läge das EpS bei 46 Cent.
Das wäre dann auch der erste Trigger für den Kurs - die Erwartung, dass BL durch Weitergabe der erhöhten Kosten und durch eine weitere Ausweitung des Digitalumsätze, die ja von erhöhten Druck und Papierkosten nicht betroffen sind, die Marge wieder auf über 9 % steigern kann und damit auch das Ergebnis erhöhen kann.
Zu hoffen ist auch, dass man Smarticular wieder auf den Erfolgsweg zurückführen kann. Es ist ja nicht so, dass dieses Unternehmen noch nie erfolgreich war. Man hat vor der Übernahme durchaus gute Umsätze und Ergebnisse geliefert, hat dann aber irgendwie abreißen lassen. Nun will man den Verlag sozusagen neu aufsetzen und an alte, erfolgreiche Zeiten anknüpfen - mal sehen ob das so funktioniert.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass BL eine ausgezeichnete Bilanzstruktur hat. Man hat netto keine Schulden sondern ein Nettofinanzvermögen von ca. 12 Mio Euro, damit hat Bastei Lübbe die Mittel, um erfolgreiche Autoren zu "kaufen" (auch wenn das wegen der Bindung der Autoren an ihren jeweiligen Lektor und an die Strukturen im "alten" Verlag eher schwierig ist). Man kann zusätzlich bisher noch unbekannte Autoren entwickeln und neue Autoren, die noch nicht an existierende Verlage gebunden und gewöhnt sind, finden und entwickeln - auch indem man das Social Media Marketing ausweitet.
Zudem kann man auch die Digitalumsätze ausbauen, die bei BL ja eh schon einen relativ großen Anteil am Gesamtumsatz haben.
Man erwirtschaftet zusätzlich Jahr für Jahr positive Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit, das gibt BL zusätzlich die Möglichkeit, auf einem insgesamt sicher eher stagnierenden Markt erfolgreich als aktiver Konsolidierer tätig zu werden und kleinere Verlage, die bei einem stagnierenden Markt aufgrund der üblicherweise nicht so üppigen Finanzausstattung eher in Schwierigkeiten geraten könnten, zu übernehmen bzw. Kooperationen mit diesen einzugehen.
Es gibt also durchaus noch Möglichkeiten für BL zu wachsen - sowohl für das Unternehmen was Umsatz und Ebit angeht als auch (in Folge davon) für den Aktienkurs.
Aber eine Sache musste ich in den letzten Monaten lernen: BL wird leider nie die solide und langweilige Aktie werden, die ich mir eigentlich immer gewünscht habe. Es gibt in meinem Depot im Gegenteil keine andere Aktie, die an so heftigen (und nicht zu begründenden) Ausschlägen "leidet" wie BL. Da reichen schon kleinste Order, um die Aktie heftig nach oben oder unten zu bewegen. Und meiner Beobachtung nach, wird der Kurs bei der XETRA Schlussauktion auch häufig noch einmal gewaltig nach unten (oder seltener auch nach oben) bewegt. Die Aktie ist also wirklich nur was für Anleger, die diese zwei oder drei Jahre im Depot halten wollen und die solche, bei einem marktengen Wert wie BL wohl leider auch nicht unüblichen, heftigen Kursschwankungen nicht interessieren. Und die Aktie ist sicher auch nichts für Leute, die ihre Order unlimitiert in den Markt geben...
Nun ja, ich wünsche jedenfalls allen Investierten und Interessierten einen guten Rutsch in ein hoffentlich erfolgreiches, glückliches und gesundes neues Jahr (in dem man sich ja auch das ein oder andere Buch zur Entspannung gönnen könnte - und wenns dann noch von BL ist....)