Guten Morgen !
Die Frage ist natürlich, ob nicht die Tatsache, dass man sich von Herrn Schierack getrennt hat und dass das dem Vernehmen nach mit "Schwierigkeiten" in der Digitalsparte zu tun hat, nicht genau ein Ausweis dafür ist, dass etwas "gewaltig schief" läuft.
Ich will hier jetzt auch nicht vom Paulus zum Saulus werden aber die ein oder andere Frage ergibt sich für mich nach dem relativ unkommentierten und schmal begründeten Abgang von Herrn Schierack schon.
Und solange ich darauf keine wirklich nachhaltigen Antworten bekomme, bleibe ich hinsichtlich der geschäftlichen Entwicklung und der möglichen Ergebnisse für das laufende Jahr eher skeptisch.
Ich habe hier immer ehrlich meine Meinung dargestellt und meistens mehr Chancen als Risiken gesehen. Im Moment kann ich das so leider nicht mehr so aufrechterhalten.
Dabei bin ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass ein gut geführter Verlag durchaus Erfolg an der Börse haben kann, weil man mMn auch weiterhin mit Büchern (in sämtlichen Erscheinungsformen) durchaus Geld verdienen kann.
Dennoch habe ich zuletzt einen erheblichen Anteil meiner Aktien verkauft. Warum?
Der Weggang von Herrn Schierack deutet mMn darauf hin, dass mit der "Digitalsparte" etwas nicht stimmt. Das ist (tatsächlich) nicht so furchtbar neu - aber wenn der Vorstand deshalb entlassen wird, erscheint es mir nicht wirklich sicher, ob die Dimension der versenkten Millionen nicht größer ist als bisher von mir angenommen.
Dass oolipo nicht so läuft, wie gewünscht und erhofft, ist ja schon länger bekannt. Mir persönlich, das habe ich auch schon geschrieben, wäre es am liebsten, wenn man die Plattform verkaufen könnte (oder wenigstens nennenswerte Anteile daran), um wenigstens einen Teil der Investitionen wieder zurückzubekommen.
Daneben scheint es auch so zu sein, dass Daedalic vielleicht auch nicht so rund läuft, wie man angenommen hat.
Bekanntermaßen ruhte ein Großteil der Hoffnungen bei Daedalic ja auf dem "Säulen der Erde Spiel". Das ist zwar erst Mitte des Jahres auf den Markt gekommen aber mir ist es auf irgendwelchen Bestsellerlisten nicht aufgefallen. Nun muss man aber berücksichtigen, dass man bei Daedalic wohl nicht unwesentliche Lizenzgebühren für das Markenrecht an Ken Follett zahlen muss und dass die "neue Strategie", nunmehr bei Daedalic auf "bekannte Stoffe" zu setzen, doch generell erhebliche Vorleistungen zum Erwerb der entsprechenden Rechte verlangt.
Wenn nun "Säulen der Erde" nicht so viel Geld eingebracht hat, wie erhofft, fehlt die Finanzierung für den Erwerb der nächsten "prominenten Rechte" und dann wird das letztendlich ein Fass ohne Boden! Und was macht man dann? Wieder eine neue Strategie? Wieder mehr auf "billige" Eigententwicklungen setzen oder muss noch mehr Geld in Daedalic gesteckt werden und woher soll das Geld kommen und wie rentabel wäre es da überhaupt angelegt?
Wie gesagt, man konnte auch vorher schon vermuten, dass "digital" nicht alles gut läuft bei BL aber durch den Abgang von Herrn Schierack wird diese Vermutung ja schon etwas manifester (denn ganz umsonst trennt man sich nicht vom Vorstand).
Und mMn ist es eben nicht ausgeschlossen (sondern wahrscheinlich), dass die bilanziellen Risiken, die auf diesen Geschäften beruhen (immerhin besteht ein Großteil der immateriellen Vermögenswerte aus "Spielen") von einem neuen Vorstand (nach dem Motto: "Am Beginn der neuen Tätigkeiten erst einmal alle Grausamkeiten begehen, weil man die dem Vorgänger ja noch in die Schuhe schieben kann!") in einem Rutsch abgeräumt werden, was dann dazu führen dürfte, dass die Gewinnprognose auch für das laufende Jahr wieder einkassiert werden müsste. Die Betonung liegt dabei auf "wieder"! Dann würden die "Gewinne" aus den neuen Büchern von Follett und Brown nicht unwesentlich durch Abschreibungen etc. auf das Digitalgeschäft einfach aufgezehrt und unterm Strich wäre das Ergebnis dann eben wieder enttäuschend.
Das würde "die Börse"/"der Markt" aber gar nicht gerne sehen und daher würde ich nicht ausschließen, dass es mit dem Kurs noch ein Stück weiter runter geht (das ist aber nur eine Spekulation meiner Wenigkeit).
Last but not least: Ich halte es auch noch nicht für absolut sicher, dass Follett und Brown tatsächlich so stark abverkauft werden können, wie geplant (das ist es bei Büchern nie!).
Mir erscheint es vielleicht doch etwas sehr gewagt gewesen zu sein, den neuen Follett für gleich 36 Euro in den Markt zu geben. Ja, das Buch steht auf Platz 1 der Bestellerlisten und wird sicher auch bis Weihnachten noch eine Menge Käufer finden aber wenn man sich z.B. einmal bei Amazon.de die Kommentierung dazu anschaut, dann wird auffallend häufig darauf verwiesen, dass 36 Euro doch etwas arg teuer sind.
Und das gestern erschienene Buch von Dan Brown wird sicher auch sehr schnell sehr hoch in den Bestsellerlisten landen (und Follett wohl von Platz 1 ablösen) aber die Besprechungen in den Zeitungen sind eher wenig positiv und auch dieses Buch ist mit 28 Euro kein Schnäppchen.
Ich persönlich hätte meine Hoffnungen auf einen länger laufenden Bestseller eher auf Follett gesetzt, weil ich glaube, dass die Geschichten um Robert Langdon nun auch so langsam mal "ausgelutscht" (sorry) sind - aber ob sich ein 36 Euro teures Buch tatsächlich sehr lange ganz oben auf den Bestsellerlisten halten kann? Das ist ein Experiment und ich bin mal gespannt, wie das ausgeht. Warten wir mal ab, wie sich die Bestsellerlisten in den Wochen vor Weihnachten demnächst entwickeln.
Was man aber in jedem Fall berücksichtigen muss ist, dass beide Bücher für BL sehr teuer waren - Autorenhonorar, Produktion, Werbung.... da kommt einiges an Cash zusammen, was da abfließt, bevor der Verkauf so richtig startet. Das Geld will erst einmal wieder eingenommen werden.... (Ein Buch wie "Die Optimierer" von Theresa Hannig, ist dagegen in der Produktion sicher um einiges günstiger und wenn so ein Buch einer eher unbekannten Autorin sich recht häufig verkaufen würde, bleibt da "unterm Strich" vielleicht ähnlich viel hängen wie bei einem vielleicht nicht ganz so häufig verkauften "potentiellen Bestseller", und zwar ohne dass im Vorfeld der CF ähnlich belastet wird...)
Kurz zusammengefasst: Durch den Abgang von Herrn Schierack verliert der Verlag in meinen Augen einen Fachmann im Verlagswesen, der grade in den Jahren vor dem Börsengang gezeigt hat, dass er einen Verlag erfolgreich führen kann. Dieser Abgang deutet darauf hin, dass in der Digitalsparte möglicherweise noch deutlich mehr im Argen liegt, als man bisher wissen konnte und da ein neuer Vorstand sich am Anfang seiner Tätigkeit gerne "ehrlich macht", kann ich nicht ausschließen, dass die Ergebnisprognose nun schon wieder zurückgenommen werden muss, was der Markt sicher nicht mit einem Kursfeuerwerk begleiten wird.
Ohne es sicher zu wissen, halte ich derzeit daher eine negative Entwicklung des Börsenkurses, wenn der neue Vorstand mal antritt und man sich bei BL zu der neuen Strategie und deren Kosten (und seien es bilanzielle Bereinigungen) äußert, für wahrscheinlicher als das Gegenteil.
Und dann lese ich noch in der aktuellen Ausgabe von "Börse Online", dass Bastei Lübbe möglicherweise neues Kapital benötigt (ich vermute einmal, dass die Vorleistungen für das Daedalicspiel, die Entwicklung von oolipo sowie das Aufsetzen der beiden potentiellen Bestseller von Brown und Follett eine Menge Cash verschlungen haben).
Ob man das neue Kapital allerdings an der Börse einsammeln kann? Und falls ja, zu welchen Kursen? Sollte man das Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres einkassieren müssen, wird der Kurs vielleicht tatsächlich auf unter 5 Euro fallen. Wieviel Kapital kann man sich denn dann an der Börse zu solchen Minikursen besorgen? Reicht das dann aus?
In dem Zusammenhang erscheint es mir persönlich (ist aber nur eine Mutmaßung) nicht wirklich absurd weit weg, dass der Verlag möglicherweise auch über ein Delisting nachdenkt, um sich das Geld anderweitig (Einstieg eines größeren Verlags oder anderen (neuen) Großinvestors) zu besorgen.
Wenn man wirklich neues Geld brauchen würde, könnte man damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen... vor allen Dingen würde dann die lästige Publizierungspflicht entfallen und man hätte nicht ständig diesen Ärger mit den Kleinaktionären, die auf Hauptversammlungen etc. lästige und unangenehme Nachfragen stellen. Wie gesagt, ich habe dazu keine näheren Infos, schließe ein derartiges Szenario aber auch nicht aus.
Alles in allem sehe ich DERZEIT deutlich mehr Risiken als Chancen für den Kurs - mindestens bis man sich seitens des Verlags definitiv zur neuen Strategie, zum neuen Vorstand, zur Frage der Börsennotierung und zu einer möglichen Korrektur des erwarteten Ergebnisses für das laufende Jahr geäußert hat.
Je nachdem, wie diese Auskünfte ausfallen und je nachdem wie sich der Kurs entwickelt, hätte ich nach wie vor keinerlei Probleme damit, meinen Aktienbestand auch wieder nennenswert aufzustocken (im Gegenteil, ich würde ich freuen!), denn noch einmal: Ich bin davon überzeugt, dass ein gut geführter klassischer Verlag durchaus die Chance hat, an der Börse als Dividendenwert erfolgreich zu sein.
Insofern: Ja selbstverständlich! Herr Schierack hat auch in meinen Augen kein glückliches Händchen gehabt, indem er als Vorstandsvorsitzender (allerdings Hand in Hand mit dem seinerzeitigen Großaktionär Stefan Lübbe, der eben als "tätiger Großaktionär" durchaus Gewicht im Verlag hatte und sicher die generelle Richtung, in die der Verlag sich entwickeln sollte nicht unwesentlich mitbestimmt hat und eine große Affinität zu einer "digitalen Ausrichtung hatte, das sollte bitte nicht vergessen werden!!!) zu viel Geld aus dem Börsengang in den Bereich "Digital" reingesteckt hat (ich habe auch hier von Anfang an darauf hingewiesen, dass es vielleicht sinnvoller gewesen wäre, sich mehr um neue Autoren oder Nischenverlage, also generell um Inhalte zu kümmern als um die Art der Inhalteverwertung z.B. durch Spieleentwickler oder innerhalb sonstiger Marktsegmente, von denen man letztlich in Köln keine Ahnung hat(te).
Meiner Meinung nach, hat Herr Schierack das aber dann irgendwann unterwegs auch erkannt. Seine letzten Käufe (Buchpartner, LYX) waren ja wieder eher dem klassischen Verlagsbereich zuzuordnen und bei oolipo hat er zuletzt eben auch zunehmend darauf gesetzt, Partner zu finden, die Anteile an dem Unternehmen (und damit auch finanzielle Risiken) übernehmen. Dass oolipo dafür zunächst einmal fertig gestellt werden musste, liegt auf der Hand.
Leider wurde aber wohl zu spät umgesteuert und dafür ist natürlich Herr Schierack als VV verantwortlich (aber noch einmal: Der Einfluss des verstorbenen Großaktionärs Herrn Stefan Lübbe auf die Ausrichtung des Verlags sollte nicht unterschätzt werden!). Dass er diesen (großen) strategischen Fehler gemacht hat, heißt aber nicht, dass man in nun mit Schmutz und Dreck überkübeln darf (in meinen Augen jedenfalls). Ich finde diese Vermengung von "Kritik in der Sache" mit "persönlichen Verunglimpfungen" jedenfalls nicht wirklich hilfreich.
Mich würde es sehr freuen, wenn aus Köln bald mal eine etwas konkretere Nachricht zu den oben aufgeführten Themen kommen würde (Wie sieht denn die neue Strategie aus? Wird man sich von Daedalic und/oder oolipo trennen? Wenn ja, wie viel kostet das? Wie sieht das nunmehr erwartete Ergebnis aus? Bleibt man an der Börse gelistet?). Ich würde dann, natürlich je nachdem, wie die Aussagen aussehen und wie sich der Kurs entwickelt, sicher auch GERNE wieder in den Verlag investieren.
Im Moment sind mir persönlich aber zu viele Fragen offen. Das ist natürlich aber nur meine persönliche Meinung und keineswegs irgendeine Handlungsempfehlung für andere Börsenteilnehmer.
Einen angenehmen Tag allerseits!