Aus der FTD vom 21.6.2001
Analysten auf der Couch
Von Ina Bauer, Frankfurt
Metabox, ein Hersteller von Set-Top-Boxen, muss das Ergebnis der Umfrage unter Analysten und Fondsmanagern vorausgeahnt haben. Am späten Dienstagabend gab das Hildesheimer Unternehmen eine Änderung im Vorstand bekannt.
Für eine am Neuen Markt notierte Firma ist so etwas inzwischen wenig spektakulär. Doch bei Metabox lohnt sich ein genauer Blick, der vielleicht sogar ein süffisantes Lächeln auf die baisse-geplagten Gesichter der Analysten zaubert. Das Unternehmen hat sich mit Michael Heckeroth einen Diplom-Psychologen ins Top-Management geholt, der nicht nur bei der Hardwareentwicklung erfahren ist, sondern auch im Krisenmanagement. Er soll unter anderem den Bereich Finanzmarktkommunikation verantworten.
Zufall oder Strategie? Wie die Umfrage von Kohtes Klewes und der FTD ergeben hat, erachten die Aktien-Profis Einzelgespräche mit den Vorständen als ihre wichtigste Informationsquelle. Vielleicht ist die Berufung des Psychologen Heckeroth für Metabox der letzte Versuch, den Abwärtstrend der Aktie zu stoppen. Die Analysten und Fondsmanager können dem neuen Vorstand bei ihrem Einzelgespräch auf den Zahn fühlen, sofern Metabox überhaupt noch auf ihrer Liste von Unternehmensbesuchen steht.
Der Privatanleger muss diesem vielleicht zweifelhaften Vergnügen entsagen. Er wird keinen Termin beim Vorstand bekommen - das ist sicher. Die Umfrage hat bestätigt, dass die Anlageprofis ihre Entscheidungen von Informationen abhängig machen, zu denen der Kleinanleger keinen Zugang hat. Er muss sich auf die Printmedien und das Internet verlassen. Zwar sind beide Quellen den Analysten und Fondsmanagern wichtig, aber sie rangieren hinter Einzelgesprächen mit Vorständen, Unternehmensbesuchen und Finanznachrichtensystemen. Diesen Informationsvorsprung können Privatanleger einfach nicht wettmachen.
© 2001 Financial Times Deutschland