Na ganz so einfach ist das eben nicht. Ein Beispiel!
Ein Unternehmen XY wächst in gutem Marktumfeld aufgrund niedriger Verschuldung mit Hilfe von Kapitalerhöhungen oder Fremdkapital stark anorganisch (erleben wir ja derzeit häufiger). Der Vorstand und auch die Anleger achten dabei aber nur auf die gewonnenen Umsätze und Gewinne, anstatt sich auch mal die übernommenen Vermögenswerte und Schulden anzuschauen. Was passiert?
Das KGV sinkt durch die Gewinnzuwächse, und der Vorstand rühmt sich in Adhocs zu Quartalszahlen oder auf Hauptversammlungen wie toll doch seine Strategie funktioniert, und die Anleger freuen sich über das relativ niedrige KGV, obwohl schon da durch ne Kapitalerhöhung eine Verwässerung stattgefunden hat. Aber das nu am Rande.
Wichtiger dabei ist, dass man das Risiko nicht richtig einschätzt, dass sich bei Problemen an der Konjunkturfront oder internen Problemen durch die veränderte Bilanzstruktur ergeben kann. Plötzlich kommt es zu Goodwillabschreibunegn, immaterilles Vermögen oder Forderungen sind niht werthaltig etc.! Wenn dann das Eigenkapital durch diese Abschreibungen stark sinkt, beurteilt eine kreditgebende Bank dann auch die Passiva-Seite nochmal kritischer. Unter Umständen kann das ganz blöd ausgehen, obwohl das KGV ja angeblich die ganze Zeit so niedrig war.
Das ist nur ein Beispiel. Ein zweites Beispiel betrifft den Unterschied von GUV zu Kapitalfluss. Kann ich am besten am Beispiel des Spielepublishers CDV erklären.
Was nützt es CDV, wenn man ständig hohe Gewinne ausweist, aber die Investitionen egentlich nie einen operativen CashFlow bringen? CDV hat immer KGVs von 5-9, aber das ist auch nicht unberechtigt, da das Unternehmen ja ständig klamm mit liquiden Mitteln ist, und daher das Risiko für den Anleger zu groß ist. Da nützen auch niedrige KGVs nix!
Also für mich ist das KGV durchaus die wichtigste Größe bei einer Aktienanalyse, aber man muss sich schon genau angucken, wie es zu diesem KGV kommt. Ne Aktie mit gerade hohen Abschreibungen und daher hohem KGV kann sehr interessant sein, wenn die Bilanz dann fast bereinigt ist, und daher das KGV in den Folgejahren extrem sinkt. Ne Aktie mit niedrigem KGV kann aber extrem teuer sein, wenn in der Bilanz merkwürdige Bilanzrelationen vorherrschen, wo man sicher davon ausgehen kann, dass in den Folgejahren mit Abschreibungen zu rechnen ist.
Leider hab ich solche Negativbeispiele in meiner Börsenzeit 3-4 Mal an eigenen Leib erfahren müssen. Bei 2 der Beispiele (PGAM und Lintec) bin ich früh fast ohne Kursverluste rausgekommen, aber es gab auch Aktien die mich vpor 4-5 Jahren ne Menge Kohle gekostet haben. Daraus lernt man.
Grüße