Verschiedene Preise für dasselbe „Produkt“
Von Christof Leisinger
12. Juni 2001 „Ist der Zeitpunkt zum Einstieg gekommen?“ - so lauten gegenwärtig landauf landab die Schlagzeilen in Zeitungen und Magazinen. Selbst nach dem Desaster am Neuen Markt spielen sie die Trumpfkarte der „endlich erwachten deutschen Aktienkultur“ und wollen damit das Interesse der Anleger wach halten und „auskosten“.
Der smarte Anleger dürfte sich jedoch damit kaum locken lassen. Denn er stellt sich nicht die Frage nach dem Wann, sondern nach dem Wo. Er wird kaum auf einzelne Märkte setzen, sondern sich ganz genau überlegen, warum er in welche Werte einsteigt. Ein erstes Kriterium wird für ihn zunächst einmal das breite Bewertungsniveau sein.
Unterschiedliche „Preis-Leistungs-Verhältnisse“
Dabei wird er feststellen, dass es aktuell bei den drei großen „Börsenblöcken“ Europa, USA und Fernost recht unterschiedliche „Preis-Leistungs-Verhältnisse“ gibt. So sind etwa die Aktien in Japan selbst nach jahrzehntelanger Baisse gemessen an einfachen Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) immer noch extrem hoch bewertet. Die Wirtschaft gleitet trotz aller Wiederbelebungsversuche und geringer Nominalzinsen immer wieder in die Rezession ab, auch gerade jetzt.
Unternehmensgewinne, die hohe Aktienkurse nur annähernd rechtfertigen könnten, sind zumindest auf breiter Front nicht auszumachen. Am Dienstag ist der Nikkei zusätzlich wieder unter die 13.000-Punkte-Marke gefallen. Ein weiterer starker „Absturz“ ist zwar wegen der dann auftretenden Bilanzprobleme bei Banken und Unternehmen nicht zu erwarten, aber mit großer Wahrscheinlichkeit auch kein großer Kursaufschwung.
US-Aktien noch zu teuer
Nicht ganz so drastisch sieht es in den USA aus. Allerdings hat auch dort die Wirtschaft zumindest mittelfristig mit Wachstumsproblemen zu kämpfen. Vieles hängt davon ab, wie schnell die Industrieunternehmen wieder „aus den Binsen“ kommen. Allerdings verschieben immer mehr Ökonomen den Zeitpunkt der Erholung immer weiter nach hinten. Auch der Chefanalyst der SEB-Bank, Eberhardt Unger, geht von einem „langen U“ aus. Will sagen, er erwartet die Konjunkturerholung erst im Jahr 2002. Für ihn sind die Aktien im S&P mit einem durchschnittlichen KGV von etwa 35 und im Dow Jones mit einem KGV von 27 immer noch zu hoch bewertet.
„In Euroland ist die Konjunktur bis jetzt noch relativ stabil, wir erwarten ein Wachstum von etwas über zwei Prozent“, sagt Unger, „aber immerhin noch ein Wachstum, während wir in den anderen beiden Regionen von einer Rezession sprechen.“ Allerdings werde sich Euroland nicht von der globalen Entwicklung abkoppeln können. Aus diesem Grund empfiehlt er, Liquidität vorzuhalten, um bei tieferen Kursen zukaufen zu können. Die Aktien seien mit einem KGV von etwa 23 etwas überteuert. Bei Einzelinvestments würde er sich die Werte genau anschauen. Dabei denkt er beispielsweise an die Werte des MDax oder des SMax, die Quartal für Quartal ihre Ertragsqualität beweisen. Das große Zauberwort heißt „Stockpicking“, also die Auswahl der richtigen Einzelaktie in der richtigen Branche.
Die Branche und der Einzelwert machen's
Damit dürfte sich der künftige Trend abzeichnen. Nicht einzelne Märkte stehen im Brennpunkt, sondern Branchen und Einzelwerte. Wer etwa Anfang des Jahres 2000 im S&P 500 auf Aktien der Krankenhausbranche gesetzt hat, der konnte seit dem knapp 100 Prozent Gewinn verbuchen, während er mit Telekomausrüstern knapp 70 Prozent verloren hat. Der Maßstab für die Beurteilung wird zunehmend derselbe sein, nämlich das „Preis-Leistungs-Verhältnis“. Selbst japanische Werte werden sich dem stellen müssen, wenn dort die Wirtschaft eines Tages ihre „Ausnahmesituation der hohen Bewertungen“ überwunden hat. Davon geht zumindest auch Eberhardt Unger aus.
Von Christof Leisinger
12. Juni 2001 „Ist der Zeitpunkt zum Einstieg gekommen?“ - so lauten gegenwärtig landauf landab die Schlagzeilen in Zeitungen und Magazinen. Selbst nach dem Desaster am Neuen Markt spielen sie die Trumpfkarte der „endlich erwachten deutschen Aktienkultur“ und wollen damit das Interesse der Anleger wach halten und „auskosten“.
Der smarte Anleger dürfte sich jedoch damit kaum locken lassen. Denn er stellt sich nicht die Frage nach dem Wann, sondern nach dem Wo. Er wird kaum auf einzelne Märkte setzen, sondern sich ganz genau überlegen, warum er in welche Werte einsteigt. Ein erstes Kriterium wird für ihn zunächst einmal das breite Bewertungsniveau sein.
Unterschiedliche „Preis-Leistungs-Verhältnisse“
Dabei wird er feststellen, dass es aktuell bei den drei großen „Börsenblöcken“ Europa, USA und Fernost recht unterschiedliche „Preis-Leistungs-Verhältnisse“ gibt. So sind etwa die Aktien in Japan selbst nach jahrzehntelanger Baisse gemessen an einfachen Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) immer noch extrem hoch bewertet. Die Wirtschaft gleitet trotz aller Wiederbelebungsversuche und geringer Nominalzinsen immer wieder in die Rezession ab, auch gerade jetzt.
Unternehmensgewinne, die hohe Aktienkurse nur annähernd rechtfertigen könnten, sind zumindest auf breiter Front nicht auszumachen. Am Dienstag ist der Nikkei zusätzlich wieder unter die 13.000-Punkte-Marke gefallen. Ein weiterer starker „Absturz“ ist zwar wegen der dann auftretenden Bilanzprobleme bei Banken und Unternehmen nicht zu erwarten, aber mit großer Wahrscheinlichkeit auch kein großer Kursaufschwung.
US-Aktien noch zu teuer
Nicht ganz so drastisch sieht es in den USA aus. Allerdings hat auch dort die Wirtschaft zumindest mittelfristig mit Wachstumsproblemen zu kämpfen. Vieles hängt davon ab, wie schnell die Industrieunternehmen wieder „aus den Binsen“ kommen. Allerdings verschieben immer mehr Ökonomen den Zeitpunkt der Erholung immer weiter nach hinten. Auch der Chefanalyst der SEB-Bank, Eberhardt Unger, geht von einem „langen U“ aus. Will sagen, er erwartet die Konjunkturerholung erst im Jahr 2002. Für ihn sind die Aktien im S&P mit einem durchschnittlichen KGV von etwa 35 und im Dow Jones mit einem KGV von 27 immer noch zu hoch bewertet.
„In Euroland ist die Konjunktur bis jetzt noch relativ stabil, wir erwarten ein Wachstum von etwas über zwei Prozent“, sagt Unger, „aber immerhin noch ein Wachstum, während wir in den anderen beiden Regionen von einer Rezession sprechen.“ Allerdings werde sich Euroland nicht von der globalen Entwicklung abkoppeln können. Aus diesem Grund empfiehlt er, Liquidität vorzuhalten, um bei tieferen Kursen zukaufen zu können. Die Aktien seien mit einem KGV von etwa 23 etwas überteuert. Bei Einzelinvestments würde er sich die Werte genau anschauen. Dabei denkt er beispielsweise an die Werte des MDax oder des SMax, die Quartal für Quartal ihre Ertragsqualität beweisen. Das große Zauberwort heißt „Stockpicking“, also die Auswahl der richtigen Einzelaktie in der richtigen Branche.
Die Branche und der Einzelwert machen's
Damit dürfte sich der künftige Trend abzeichnen. Nicht einzelne Märkte stehen im Brennpunkt, sondern Branchen und Einzelwerte. Wer etwa Anfang des Jahres 2000 im S&P 500 auf Aktien der Krankenhausbranche gesetzt hat, der konnte seit dem knapp 100 Prozent Gewinn verbuchen, während er mit Telekomausrüstern knapp 70 Prozent verloren hat. Der Maßstab für die Beurteilung wird zunehmend derselbe sein, nämlich das „Preis-Leistungs-Verhältnis“. Selbst japanische Werte werden sich dem stellen müssen, wenn dort die Wirtschaft eines Tages ihre „Ausnahmesituation der hohen Bewertungen“ überwunden hat. Davon geht zumindest auch Eberhardt Unger aus.