Visuelle Darstellung von künstlicher Intelligenz.(Symbolbild)
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Sven Wagner Sven Wagner
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Sven ist seit 2012 Redakteur bei ARIVA.DE. Sein weitreichendes Interesse an Kryptowährung und dem Finanzmarkt helfen ihm dabei, die aktuellsten Themen zu recherchieren und für die Community aufzubereiten.

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KI-Gigafactorys in Europa: SAP, Telekom und Nvidia im Rennen um die Rechenzentren der Zukunft

SAP, Deutsche Telekom, Siemens und weitere Industriegrößen planen gemeinsam mit EU-Förderung ein KI-Rechenzentrum von europäischem Format. Parallel verkündet Nvidia den Aufbau der ersten industriellen KI-Cloud in Deutschland – der Wettlauf um die technologische Souveränität ist eröffnet.
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Europäische KI-Gigafactorys: Der Weg zu digitaler Souveränität

Europa intensiviert seine Bemühungen, bei der Infrastruktur für Künstliche Intelligenz (KI) international aufzuschließen. Unter Federführung mehrerer deutscher Technologiekonzerne – darunter SAP SE, Deutsche Telekom AG, Ionos SE, Siemens AG und die Schwarz-Gruppe – wird derzeit ein gemeinsames Konsortium zur Errichtung einer sogenannten AI Gigafactory vorbereitet. Ziel ist die Bewerbung auf ein Förderprogramm der Europäischen Kommission, das die Entstehung von fünf KI-Großrechenzentren in der EU unterstützt. Der Schulterschluss soll die Grundlagen für eine eigenständige, leistungsfähige Cloud- und KI-Infrastruktur in Deutschland schaffen.

Ziel: Weltklasse-Infrastruktur mit 100.000 GPUs

Laut der EU-Kommission sollen die geplanten KI-Rechenzentren mit mindestens 100.000 GPUs (Graphics Processing Units) ausgestattet werden – eine Größenordnung, die in Deutschland bislang nicht erreicht wird. Die bislang größten Anlagen verfügen über etwa 25.000 GPUs. Die EU strebt mit den sogenannten AI Gigafactorys eine „Weltklasse-Infrastruktur“ an, die Start-ups, Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen zugänglich gemacht werden soll. Die Bewerbungsfrist für erste Interessenbekundungen endet am 20. Juni 2025.

Bei der Konferenz „Technology Experience Convention Heilbronn“ (TECH) betonten führende Branchenvertreter die Bedeutung partnerschaftlicher Modelle. SAP-Vorstand Thomas Saueressig sagte: „Es geht nur in Partnerschaft, das ist ganz klar.“ Ionos-CEO Achim Weiß hob die Relevanz digitaler Souveränität hervor, während Schwarz-Digits-Digitalchef Rolf Schumann erklärte, man wolle „es gemeinsam durchziehen“.

Standortfrage offen – Modell noch in Verhandlung

Noch ist nicht entschieden, an welchen Standorten in Deutschland Rechenkapazitäten aufgebaut werden sollen. Als ein möglicher Ort gilt das Schwarz-Digits-Projekt in Lübbenau, Brandenburg, wo derzeit ein Rechenzentrum auf einem 13 Hektar großen Areal entsteht. Es soll bis 2027 eine Leistung von bis zu 200 Megawatt bieten – eine Infrastruktur, die einer AI Gigafactory entspricht.

Auch das Forschungszentrum Jülich bringt sich mit der „JAIF“-Initiative (Jülich Aachen Infrastructure for AI Innovation) in Stellung. Gespräche mit der Deutschen Telekom und anderen Konsortialpartnern sollen in dieser Woche stattfinden. T-Systems-Technikchefin Christine Knackfuß-Nicolic betonte die Bereitschaft der Telekom, eine führende Rolle einzunehmen.

Parallel dazu diskutieren Branchenvertreter über mögliche Betreibermodelle, Finanzierungssicherheit und die Rolle des Staates. So soll eine Public-Private-Partnership (PPP) bis zu 35 % der Investitionssumme durch öffentliche Mittel absichern. Die verbleibenden Mittel sollen durch private Unternehmen und Investmentfonds aufgebracht werden. Laut EU-Kommission liegt die benötigte Summe pro Anlage bei drei bis sechs Milliarden Euro.

Staatliche Beteiligung als Ankerkunde erforderlich

Ein zentraler Punkt in den aktuellen Diskussionen ist die Auslastung und Wirtschaftlichkeit der geplanten Rechenzentren. SAP-Manager Saueressig schlägt einen stufenweisen Ausbau vor, angepasst an die Nachfrageentwicklung, um die Investitionsrisiken zu minimieren. Zudem wird gefordert, dass der Staat als sogenannter Ankerkunde fungiert – mit garantierten Volumenaufträgen, um die Anfangsauslastung sicherzustellen.

Auch Energiekosten und Standortbedingungen stehen im Fokus. Oliver Menzel, Geschäftsführer von Maincubes, verweist auf die hohen laufenden Betriebskosten: „Ohne wirksame Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten ist ein wirtschaftlicher Betrieb in Ländern wie Deutschland kaum möglich.“ Wichtig seien langfristig stabile Rahmenbedingungen, nicht nur einmalige Förderungen.


Nvidia investiert in Deutschland: Aufbau einer industriellen KI-Cloud

Parallel zu den EU-Initiativen meldete sich auch der US-Konzern Nvidia Corp. mit einer gewichtigen Ankündigung: Im Rahmen der VivaTech-Konferenz in Paris erklärte CEO Jensen Huang, Nvidia werde seine erste industrielle KI-Cloud-Plattform in Deutschland errichten. Diese soll gezielt europäische Hersteller wie BMW AG und Mercedes-Benz Group AG bei der Entwicklung, Simulation und Logistikunterstützung durch KI-basierte Prozesse unterstützen.

Die neue KI-Industrie-Cloud soll mit 10.000 Nvidia-GPUs ausgestattet werden. Neben Deutschland sind weitere Technologiezentren in insgesamt sieben europäischen Ländern geplant. In Partnerschaft mit dem französischen KI-Unternehmen Mistral AI entsteht zudem eine europäische KI-Plattform mit 18.000 Nvidia Grace Blackwell-Chips. Damit soll ein vollständig europäisches Cloud-Ökosystem entstehen – ein entscheidender Schritt in Richtung souveräner Infrastruktur.

Huang betonte in Paris: „Europa ist sich jetzt der Bedeutung von KI-Fabriken und der Bedeutung der KI-Infrastruktur bewusst.“ Ziel sei es, die Rechenleistung für KI in Europa in den nächsten zwei Jahren zu verzehnfachen.

Strategische Bedeutung für Europa und Deutschland

Das Engagement Nvidias in Deutschland ist auch politisch bedeutsam: Wie Insider berichten, soll CEO Huang am Freitag in Berlin mit Bundeskanzler Friedrich Merz zusammentreffen. Eine konkrete Standortentscheidung steht noch aus, doch ein positiver Bescheid wäre ein strategischer Erfolg für die neue Bundesregierung – insbesondere nach Rückschlägen wie dem Rückzug von Intel und Wolfspeed aus geplanten Chipfabrikprojekten.

Die Nvidia-Offensive erfolgt vor dem Hintergrund von US-Exportbeschränkungen für Hochleistungschips, die den Zugang zum chinesischen Markt einschränken. Entsprechend sucht Nvidia nach neuen Wachstumsfeldern – und Europa bietet mit seinem regulatorischen Umfeld und wachsendem KI-Bedarf eine attraktive Zielregion.


Fazit: Der Wettlauf um Europas KI-Infrastruktur hat begonnen

Die parallelen Initiativen von EU-Konsortien und Nvidia unterstreichen die strategische Relevanz leistungsfähiger KI-Rechenzentren für Europas wirtschaftliche und digitale Unabhängigkeit. Während SAP (SAP Aktie), Telekom, Siemens und andere Konzerne auf ein gemeinsames deutsches Konsortium setzen, verstärkt Nvidia seine Infrastrukturpräsenz mit konkreten Projekten in Deutschland.

Ob sich die EU und ihre Mitgliedstaaten gegen die gewaltige Stargate-Initiative aus den USA behaupten können, bleibt offen. Klar ist jedoch: Ohne massive Investitionen in souveräne Rechenleistung wird Europa dauerhaft von amerikanischen oder asiatischen Cloud- und KI-Anbietern abhängig bleiben.

Viel Zeit bleibt nicht. Bis zum 20. Juni 2025 müssen verbindliche Interessenbekundungen bei der EU eingereicht werden. Deutschlands Chancen hängen nun wesentlich davon ab, ob die Industrieakteure und die Politik eine gemeinsame Linie finden – inhaltlich, finanziell und strategisch.


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