Nestlé Headquarters in Vevey, Switzerland
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Nestlé: Der gefallene Riese steht vor dem Comeback

Lange Zeit galt Nestlé als Inbegriff von Stabilität – ein sicherer Hafen in stürmischen Börsenzeiten. Doch die vergangenen Jahre haben am Glanz des Schweizer Lebensmittelkonzerns gezehrt. Seit dem Hoch zum Jahreswechsel 2021/22 hat die Aktie in der Spitze rund 50 Prozent an Wert verloren, aktuell liegt das Minus bei etwa 43 Prozent. Damit hinkt Nestlé nicht nur den Wettbewerbern Unilever und Danone, sondern auch dem ohnehin schwachen europäischen Branchenindex deutlich hinterher.
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Mit dem Jahr 2025 steht der Konzern nun an einem Wendepunkt. Zwar dürfte die Profitabilität kurzfristig weiter unter Druck stehen, doch erste Anzeichen für eine Stabilisierung sind erkennbar. Die UBS erwartet nach jüngsten Pre-Close-Gesprächen ein solides drittes Quartal, das leicht über den Markterwartungen liegen dürfte. Der Zwischenbericht am 16. Oktober könnte zum Stimmungsumschwung beitragen: Analysten rechnen mit einem organischen Umsatzplus von 4,1 Prozent – der Konsens liegt bei 3,7 Prozent.

Damit steigen die Chancen, dass Nestlé seine Jahresziele bestätigen kann. Für 2025 strebt das Management ein verbessertes organisches Wachstum und eine operative Marge "bei oder über 16 Prozent" an. Der Markt erwartet einen Umsatz von knapp 90 Milliarden CHF sowie einen Nettogewinn von rund 11 Milliarden CHF. Entscheidend wird sein, ob der neu ernannte CEO Philipp Navratil die Trendwende strategisch absichern kann.

Navratils Agenda: Straffung und neue Impulse

Der neue Chef dürfte die Geschäftsbereiche schon bald einer kritischen Prüfung unterziehen. In der Konzernzentrale in Vevey werden bereits mögliche Schritte diskutiert: eine Reduzierung der 20,1-Prozent-Beteiligung an L’Oréal, die derzeit rund 37,5 Milliarden CHF wert ist, gilt als realistische Option. Ebenso könnten Teilverkäufe im Wasser- oder Vitamingeschäft bis zu 10 Milliarden CHF in die Kassen spülen. Auch ein möglicher Ausstieg aus dem margenschwachen US-Tiefkühlsegment steht im Raum – ein Schritt, der weitere Milliarden freisetzen könnte.

Die Idee einer möglichen Aufspaltung des Konzerns kursiert ebenfalls in Investorenzirkeln. Angesichts der Bewertungsniveaus und der jüngsten Underperformance wäre es keine Überraschung, wenn aktivistische Investoren in den kommenden Monaten auf den Plan träten, um Druck auf die Konzernführung auszuüben.

2026 als Zieljahr für den Turnaround

Analysten sehen das kommende Jahr als Übergangsphase – mit klarer Perspektive nach vorn. Ab 2026 sollten sich die Margen dank sinkender Rohstoffkosten, insbesondere bei Kakao und Kaffee, wieder erholen. Auch die Preisanpassungen im Süßwaren- und Kaffeegeschäft dürften sich dann positiv bemerkbar machen.

Bei einem leicht steigenden Umsatz auf gut 91 Milliarden CHF und einem prognostizierten Nettogewinn von 11,6 Milliarden CHF könnte Nestlé die Wende vollziehen. Der Free Cashflow dürfte sich bei bis zu 10 Milliarden CHF einpendeln – eine solide Basis für Investitionen, Schuldentilgung und Dividenden.

Bewertung: Viel Pessimismus im Kurs eingepreist

Die aktuelle Marktbewertung spiegelt die Skepsis gegenüber defensiven Konsumwerten wider. Mit einem KGV von 16,5 liegt Nestlé deutlich unter dem eigenen Zehnjahresdurchschnitt von 21,3. Hinzu kommt eine Dividendenrendite von 4,1 Prozent, die die Aktie selbst in ruhigen Marktphasen attraktiv macht. Im historischen Vergleich war die Bewertung selten günstiger.

Nestlé bleibt trotz der Schwächephase ein Weltmarktführer mit herausragender Markenbasis – von Nespresso über KitKat bis Purina. Sollte es Navratil gelingen, die Kosten zu senken, die Margen zu stabilisieren und strategische Assets geschickt zu veräußern, könnte das Vertrauen der Anleger zurückkehren.

Fazit: Die Wende naht – über 75 Franken wird es spannend

Nach Jahren des Abverkaufs formiert sich Nestlé neu. Die Voraussetzungen für eine Erholung sind vorhanden: klarer Führungswechsel, operative Stabilisierung und ein attraktives Bewertungsniveau. Gelingt es der Aktie, den hartnäckigen Widerstand bei 75 Schweizer Franken nachhaltig zu überwinden, wäre das technische Signal für eine Trendwende gesetzt. Dann dürften Anleger guten Gewissens wieder aufspringen – und der "gefallene Engel" Nestlé könnte zu einem der spannendsten Comeback-Werte im europäischen Bluechip-Universum werden.

Redaktion Ariva/MW


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