Ein KI-Gigant im Schatten
Nach einem starken Quartal und wachstumsstarken KI-Zahlen gerät Dell Technologies dennoch unter Druck. Doch Analysten bleiben optimistisch und sehen in dem traditionsreichen IT-Konzern einen der vielversprechendsten Profiteure des KI-Booms.
Starke Quartalszahlen – verhaltener Ausblick
Dell Technologies hat im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2026 (bis Juli 2025) mit einem Umsatzsprung von 19 % auf 29,8 Milliarden US-Dollar die Erwartungen übertroffen. Der Gewinn je Aktie lag mit 2,32 US-Dollar ebenfalls über den Analystenschätzungen. Dennoch reagierte die Börse verhalten: Die Aktie verlor am Freitag 8,9 % und fiel trotz solider Prognosen für das Gesamtjahr auf 122,15 US-Dollar.
Für das dritte Quartal erwartet Dell einen Gewinn je Aktie von 2,45 US-Dollar, was rund 10 Cent unter der Schätzung von LSEG liegt. Der prognostizierte Umsatz liegt bei 26,5 bis 27,5 Milliarden US-Dollar was ein Plus von rund 11 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Reaktion des Marktes deutet darauf hin, dass Anleger kurzfristige Margenrisiken höher zugewichten scheinen als langfristige Potenziale.
Wachstumsmotor: Infrastruktur und KI-Server
Besonders dynamisch entwickelte sich das Geschäft mit Infrastrukturprodukten (ISG), das einen Umsatzsprung von 44 % auf 16,8 Milliarden US-Dollar verzeichnete. Der Bereich Server und Netzwerke legte sogar um 69 % zu. Dies wird maßgeblich von der enormen Nachfrage nach KI-Servern getrieben, die allein 8,2 Milliarden US-Dollar Umsatz generierten.
Dell hob seine Prognose für den KI-Serverumsatz im laufenden Jahr deutlich von 15 auf 20 Milliarden US-Dollar an. Der Auftragsbestand beläuft sich derzeit auf 11,7 Milliarden US-Dollar. Nach Angaben von COO Jeff Clarke basiert dieser Erfolg auf „außergewöhnlicher Nachfrage“. Zudem sind laut Dell über 70 % der installierten Serverbasis veraltet. Dies eröffne mittelfristig großes Potenzial für Austauschinvestitionen.
Analystenmeinungen: Kursziele teils deutlich über Marktpreis
Bank of America: Dell als „KI-Server-Gigant“
Wamsi Mohan von der Bank of America bekräftigt sein Kursziel von 167 US-Dollar. Ein Plus von rund 37 % gegenüber dem aktuellen Kurs. Der Analyst erwartet ein langfristiges EPS-Wachstum von 15 % pro Jahr, getragen durch das KI-Infrastrukturgeschäft. Mohan hebt hervor, dass Dell „weiterhin für Aufwärtspotenzial bei den Konsensschätzungen für KI-Server“ sorge.
JPMorgan: Übergewichtung trotz gemischter Umfeldfaktoren
Auch JPMorgan sieht in Dell einen klaren Profiteur des KI-Zyklus im Unternehmensumfeld. Analyst Samik Chatterjee hebt das Kursziel auf 145 US-Dollar an (19 % Aufwärtspotenzial) und betont, dass „alle Serverhersteller vom Verkauf von High-End-Servern profitieren werden“, auch wenn das übrige Geschäft durch das konjunkturelle Umfeld herausgefordert bleibt.
Goldman Sachs: Kaufempfehlung trotz Margendruck
Goldman Sachs-Analyst Michael Ng hält an seinem Kursziel von 150 US-Dollar fest (23 % Aufwärtspotenzial). Er räumt ein, dass die Margen in der Infrastructure Solutions Group mit 8,8 % unter den Erwartungen lagen, was durch den margenschwächeren Anteil an KI-Servern getrieben sei. Dazu kämen Preiswettbewerb und temporäre Zusatzkosten im Zusammenhang mit der Auslieferung neuer GB200-Chips. Dennoch bleibt das Wachstum überzeugend.
Morgan Stanley: Fokus auf Midrange-Speicher und AI-Nachfrage
Für Morgan Stanley ist das schwächere Quartalsergebnis kein Rückschlag, sondern Ausdruck strukturellen Wandels. Analyst Erik Woodring hebt besonders das Wachstum bei traditionellen Servern (zweistellig) und Midrange-Speicherprodukten hervor. Das Kursziel von 144 US-Dollar impliziert ein Kurspotenzial von 18 %. Der Analyst betont: „KI-Server stehen im Fokus, aber Dell zeigt Stärke über das gesamte Infrastrukturportfolio hinweg.“
Schwäche im PC-Geschäft bleibt Belastungsfaktor
Während Dell im Infrastrukturgeschäft glänzt, bleibt das Client Solutions Group (CSG)-Segment verhalten. Der Umsatz stieg lediglich um 1 %. Während das Geschäft mit Unternehmenskunden leicht zulegte, fiel der Umsatz im Konsumentenbereich um 7 %. Dell setzt hier auf den bevorstehenden End-of-Life-Zyklus von Windows 10 als Impulsgeber für eine neue Geräte-Generation.
Bewertung und strategische Perspektive
Obwohl die kurzfristige Reaktion des Marktes negativ ausfiel, bleibt die fundamentale Entwicklung bei Dell intakt. Die Kombination aus einem robusten Infrastruktursegment, hoher KI-Nachfrage, einer soliden Bilanz und wachstumsorientierten Investitionen unterstreicht die strategische Neuausrichtung des Unternehmens.
Analysten heben einhellig hervor, dass der aktuelle Kursrückgang nicht den langfristigen Chancen entspricht, die Dell mit seinem wachsenden KI-Servergeschäft verfolgt. Zwar belastet der temporäre Margendruck aus margenschwächeren KI-Servern, doch mit steigenden Stückzahlen und verbesserter Lieferketteneffizienz wird hier eine Normalisierung erwartet.
Langfristig positioniert sich Dell damit als einer der zentralen Hardware-Partner für unternehmensbezogene KI-Infrastrukturen. Und das in einem Markt, der nach Einschätzung vieler Analysten noch in den Kinderschuhen steckt.