Die jüngsten politischen Unruhen in Bangladesch haben weitreichende Konsequenzen für die deutsche Modebranche. Rund ein Fünftel der in Deutschland verkauften Kleidung stammt aus Bangladesch, einem bedeutenden Produktionsstandort aufgrund seiner kostengünstigen Arbeitskräfte und gut ausgestatteten Textilfabriken. Doch die derzeitige Krise im Land stört die Produktion erheblich und lässt die deutschen Modehersteller um ihre Lieferketten bangen.
Nach schweren Protesten gegen Quotenregelungen im öffentlichen Dienst und den darauffolgenden Unruhen, bei denen mehrere Hundert Menschen ums Leben kamen, ist Premierministerin Sheikh Hasina ins benachbarte Indien geflüchtet. Der Nobelpreisträger Muhammad Yunus wurde als Leiter einer Übergangsregierung eingesetzt, um die Ordnung wiederherzustellen.
Bangladesch spielt eine zentrale Rolle in der europäischen Modebranche. Das Land hat sich in den letzten Jahren zu einem professionellen Produktionsstandort entwickelt, der die einstigen Sweatshops zunehmend ersetzt. Diese Entwicklung hat sowohl die Qualität als auch den Anspruch der Produkte verbessert und zur Investitionssicherheit beigetragen. Ein stabiler politischer Rahmen war dabei ein entscheidender Faktor.
Laut dem Statistischen Bundesamt lag Bangladesch im Jahr 2023 mit einem Importvolumen von etwa 7,8 Milliarden Euro auf Platz 33 der wichtigsten deutschen Importländer. Etwa 20% der Importe der deutschen Bekleidungsbranche stammen aus Bangladesch, womit das Land nahezu gleichauf mit dem deutlich größeren China liegt.
Die derzeitigen Unruhen haben die Lage für Unternehmen, die in Bangladesch produzieren lassen, stark verkompliziert. „Angesichts der dynamischen Entwicklungen ist momentan noch nicht absehbar, welche weiteren Auswirkungen es auf die Textilproduktion und unsere Lieferketten geben könnte“, sagte eine Sprecherin der Textilkette Kik. Die Produktion vieler Textilfabriken wurde eingestellt, und Containerlieferungen im Hafen von Chattogram sind zurückgegangen. Auch Internetdienste sind nur eingeschränkt verfügbar.
Deutsche Modeunternehmen wie C&A und Kik haben auf die Krise reagiert, indem sie ihre Einkaufsbüros in der Hauptstadt Dhaka vorübergehend geschlossen haben. Die Mitarbeiter arbeiten von zu Hause aus, und Dienstreisen wurden gestrichen. „Die Sicherheit unserer Partner und ihrer Mitarbeitenden vor Ort hat für uns zu jeder Zeit höchste Priorität“, teilte der Metzinger Modekonzern Hugo Boss (Hugo Boss Aktie) mit. Adidas (adidas Aktie) erklärte, dass sie nur mit einem Partner in Bangladesch zusammenarbeiten und daher weniger stark betroffen seien.
Trotz der gegenwärtigen Situation gibt es bisher keine signifikanten Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Waren oder Kollektionen. Das liegt auch daran, dass die Textilunternehmen bereits Erfahrungen mit Unterbrechungen haben. Regelmäßige Streiks und Proteste sind keine Seltenheit, zuletzt im November 2023, als es zu Auseinandersetzungen um höhere Löhne kam.
Die aktuelle Krise in Bangladesch stellt jedoch eine ernsthafte Herausforderung für die deutsche Modebranche dar. Es bleibt abzuwarten, wie schnell eine Stabilisierung der Lage erfolgen kann und welche langfristigen Auswirkungen die Unruhen auf die Produktionskapazitäten und Lieferketten haben werden.
welt.de/reuters
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