Sven Wagner
Sven Wagner
Der schwedische Modekonzern Hennes & Mauritz AB (H&M) hat im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2024 einen operativen Gewinn von 5,91 Milliarden schwedischen Kronen (ca. 622 Millionen Euro) erzielt. Damit übertraf das Unternehmen leicht die Analystenschätzungen von 5,88 Milliarden Kronen und setzte ein Zeichen in einem global angespannten Einzelhandelsumfeld. Die operative Gewinnmarge kletterte auf 11,9 % – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 8,2 % im Vorjahresquartal.
Anleger reagierten umgehend: Die Aktie legte im frühen Handel an der Nasdaq Stockholm um 4 % zu. Der Fokus der Investoren liegt derzeit weniger auf dem rückläufigen Umsatz – dieser sank auf 56,7 Milliarden Kronen nach 59,6 Milliarden im Vorjahr – als vielmehr auf den verbesserten Margen. Analysten hatten mit einem Umsatz von 57,0 Milliarden Kronen gerechnet.
CEO Daniel Erver betonte, dass die Unternehmensstrategie mit klarem Fokus auf Profitabilität und Markenstärkung erste Früchte trage. „Unser Plan, mit Fokus auf das Produktangebot, das Einkaufserlebnis und die Marke, wird erneut durch die Fortschritte bestätigt, die wir sehen“, sagte Erver in einer Mitteilung. Zugleich wies er auf das weiterhin fragile Konsumumfeld hin: „Es handelt sich um unsichere Zeiten mit vorsichtigen Konsumenten.“
Parallel zu den Quartalszahlen kündigte H&M den Rückkauf von 1,1 Millionen eigenen Aktien an. Die Maßnahme ist Teil eines langfristigen Anreizprogramms und wird mit einem maximalen Volumen von 175 Millionen Kronen (ca. 18 Millionen Euro) an der Nasdaq Stockholm durchgeführt. Der Rückkauf beginnt am 26. Juni und endet spätestens am 17. Juli. Aktuell hält das Unternehmen keine eigenen Aktien.
Währenddessen halten sich hartnäckige Spekulationen, dass die Gründerfamilie Persson – insbesondere über die Holding Ramsbury Invest – eine Komplettübernahme von H&M vorbereiten könnte. Seit 2016 hat die Familie laut Bloomberg rund 63 Milliarden Kronen investiert und ihre Beteiligung auf knapp 70 % der Aktien sowie etwa 85 % der Stimmrechte ausgebaut. Trotz eines entsprechenden Dementis im letzten Jahr bleibt die Unsicherheit bestehen.
Ein mögliches Delisting wäre angesichts des seit Jahren rückläufigen Aktienkurses und der erhöhten Volatilität an den Börsen nicht unlogisch. Die H&M-Aktie hatte ihr Allzeithoch im März 2015 erreicht, seitdem aber rund 60 % an Wert verloren. Im gleichen Zeitraum stieg die Aktie des spanischen Konkurrenten Inditex (Zara) um rund 60 %.
Während H&M operative Fortschritte meldet, zeigt sich in Deutschland ein gemischtes Bild des Verbraucherverhaltens. Laut der aktuellen GfK/NIM-Konsumklimastudie ist das Konsumklima im Juli leicht gesunken – um 0,3 Punkte auf minus 20,3 Zähler. Damit endet eine Serie von drei Anstiegen in Folge. Ursache ist laut NIM-Konsumexperte Rolf Bürkl die „anhaltende Verunsicherung und damit fehlende Planungssicherheit“ der Verbraucher.
Trotzdem zeigen sich bei den Einkommensaussichten erste Lichtblicke: Die entsprechenden Teilindikatoren sind den vierten Monat in Folge gestiegen. Getragen wird diese Entwicklung insbesondere durch kräftige Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst und die weiterhin moderate Inflation, die reale Kaufkraftgewinne ermöglicht.
Die Anschaffungsneigung bleibt allerdings verhalten. Die nach wie vor unklare US-Handelspolitik – unter anderem durch mögliche neue Zölle – belastet das Konsumverhalten zusätzlich. Laut Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, befinde sich das Konsumklima weiterhin in einer „Seitwärtstendenz auf niedrigem Niveau“.
Trotz des schwachen Konsumklimas zeigen Frühindikatoren wie der Konjunkturindikator der GfK positive Tendenzen. Dieser erreichte den höchsten Stand seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022. Die verbesserten Konjunkturprognosen deutscher Wirtschaftsinstitute, die für 2025 ein leichtes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwarten, dürften hierzu beigetragen haben.
Insbesondere die exportorientierte Industrie sowie der Einzelhandel setzen auf eine Stabilisierung im zweiten Halbjahr 2025. Die Inflationsrate in Deutschland verharrte im Mai bei 2,4 %, was im Vergleich zu den vergangenen Jahren eine moderate Entwicklung darstellt. Diese Stabilisierung schafft zusätzliche Spielräume für private Haushalte.
Vergleicht man H&M mit dem spanischen Marktführer Inditex, zeigt sich ein differenziertes Bild: Während H&M mit klaren Maßnahmen auf Profitabilität setzt, meldete Inditex Anfang Juni ebenfalls enttäuschende Umsatzzahlen. Der globale Wettbewerb im Mode-Einzelhandel verschärft sich, zumal die geopolitischen Unsicherheiten und steigenden Kosten für Beschaffung und Logistik anhalten.
Die stärkere Margenfokussierung bei H&M kann dabei als Reaktion auf die stagnierende Umsatzentwicklung interpretiert werden. Insofern dürfte der weitere Erfolg der Neuausrichtung maßgeblich davon abhängen, ob H&M gleichzeitig seine Markenattraktivität und operative Effizienz steigern kann. Analystin Jie Zhang von Alphavalue bewertete die aktuelle Entwicklung als „positives Signal an den Markt“, warnte jedoch vor weiteren Preisnachlässen im dritten Quartal, die die Margen erneut belasten könnten.
H&M zeigt im zweiten Quartal operative Stärke, indem es trotz Umsatzrückgang die Gewinnmarge deutlich steigert. Die Marktreaktion ist positiv, zumal das Unternehmen seine strategische Neuausrichtung konsequent umsetzt. Doch angesichts anhaltender geopolitischer Risiken, vorsichtiger Konsumenten und eines schwachen Konsumklimas in Kernmärkten wie Deutschland bleibt der Weg zu nachhaltigem Wachstum herausfordernd.
Gleichzeitig könnten die zunehmenden Aktienrückkäufe durch die Persson-Familie mittelfristig zu einer Umstrukturierung des Unternehmens führen – inklusive eines möglichen Delistings. Ob und wann dieser Schritt kommt, bleibt offen. Sicher ist jedoch: H&M steht vor einem Balanceakt zwischen Markenpflege, Margenstabilität und strukturellen Veränderungen im Marktumfeld.
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