AUSBLICK: Lufthansa übertrifft 2002-Prognose bereits nach 9 Monaten - Experten
FRANKFURT (dpa-AFX) - Bereits nach Ablauf der ersten neun Monate hat die Lufthansa AG aus Sicht von Analysten beim Betriebsgewinn das selbst gesteckte Jahresziel von 500 Millionen Euro übertroffen. Bei dem im abgelaufenen Quartal gestarteten Billigflieger germanwings hoffen Analysten auf erste Buchungszahlen. Die größte deutsche Fluggesellschaft wird diesen Mittwoch Zahlen veröffentlichen.
Trotz guter Neun-Monats-Ergebnisse erwartet Analyst Jan Herbst von Sal. Oppenheim beim Ausblick "vorsichtige Töne". Zwar zeigten die Passagier- und Luftfracht-Zahlen, dass die Bilanz "sehr gut" ausfallen müsste. Wegen der laufenden Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di rechnet der Analyst mit zurückhaltenden Äußerungen zum weiteren Geschäftsverlauf. "Lufthansa ist bedacht, einen vernünftigen Vertragsabschluss zu bekommen."
GERMANWINGS BESETZT FRÜHZEITIG MARKTPOSITION
Ein Analyst wies darauf hin, dass Lufthansa mit germanwings eine Gesellschaft betreibe, die in einer anderen Wirtschaftslage schnell wieder eingestampft werden könne. Die Maschinen könnten dann wieder im normalen Verkehr eingesetzt werden. Ein Experte einer deutschen Privatbank sieht einen weiteren Vorteil in der Verdrängung der Mitbewerber: "Der Rückzug von Virgin Express und Ryanair , die keine innerdeutschen Verbindungen anbieten wollen, zeigt, dass sie die Mitbewerber zum indestens eingeschüchtert haben."
Von dpa-AFX befragte Experten erwarten beim operativen Ergebnis nach 290 Millionen im Vorjahr nun zwischen 537 und 650 Millionen Euro. Finanzvorstand Karl-Ludwig Kley hatte bereits im Oktober in einem Interview angedeutet, die Prognose von 500 Millionen Euro sei angesichts des guten Geschäftsverlaufs in den ersten drei Quartalen möglicherweise zu konservativ gewesen. Nach Schätzungen der Experten ist der Umsatz von 12,31 auf 12,48 bis 13,1 Milliarden Euro gestiegen. Beim Gewinn je Aktie schwanken die Prognosen zwischen 0,29 und 0,90 Euro.
Nachdem die Passagierzahlen im September ein Jahr nach den Terroranschlägen in den USA erstmals seit 12 Monaten wieder deutlich über die 4-Millionen-Marke kletterten, sehen Analysten die Lufthansa mit ihrem verkleinerten Angebot und dem Haupt-Augenmerk auf der Gewinnspanne auf dem richtigen Weg. Eine Analystin rechnet mit der Ausweitung der "völlig ausgelasteten" Kapazitäten. Aus Sicht von Nick van den Brul von BNP Paribas habe dazu trotz eines geringeren Umsatzanteils gegenüber dem Vorjahr auch die Ertragslage im Frachtgeschäft beigetragen.
EUROPÄISCHE GESELLSCHAFTEN ERHOLEN SICH SCHNELLER
Auf gute Zahlen des niederländischen Mitbewerbers KLM verweist Michael Benedikt von der Bank Julius Bär. "Da wird Lufthansa auch nicht schlecht berichten." Anders als die Fluggesellschaften in den USA hätten die europäischen Unternehmen von Anfang an auf die Krise in der Verkehrsluftfahrt mit der Kappung überzähliger Kapazitäten reagiert.
Statt allgemein mit billigen Tickets auf Kundenfang zu gehen, habe Lufthansa Flüge in den Randzeiten attraktiver gemacht. Neben einem Abwehrriegel gegen Billigfluggesellschaften könnten damit auch bisherige Bahnreisende gewonnen werden, sagte der Experte. "Lufthansa hat in der Krise überhaupt keinen Fehler gemacht." Wegen der Probleme 1991/92 im Gefolge des Golfkriegs sei der Vorstand Krisen erprobt. Er habe alte Krisenpläne einfach wieder aus der Schublade geholt und sich dem Stopfen der Finanzlöchern zugewandt. /so/bi