Straub-Rücktritt
Aktionärsschützer kämpfen um ihren Ruf
Eine Börseninstitution in Deutschland wackelt: die Aktionärsschützer. Sie sind einmal mehr dem Vorwurf ausgesetzt, ihr persönliches Wohl in den Mittelpunkt zu stellen, statt die Belange der Privatanleger zu vertreten. Bisheriger Höhepunkt: Markus Straub hat nun den Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) verlassen.
"Um weiteren Schaden von der SdK abzuwenden, habe ich heute Morgen gegenüber dem SdK-Vorstand meinen Rücktritt erklärt", schrieb Straub in einer Stellungnahme. Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass Straub seit Mai auf einen Kursverfall der Aktie des TecDax-Wertes Wirecard spekuliert hatte - mit Erfolg. Beschleunigt wurde der Wertverlust ausgerechnet durch kritische Äußerungen der SdK auf der Hauptversammlung des Zahlungsabwicklers Ende Juni. Wirecard hatte daraufhin am Freitag Strafanzeige gegen die SdK wegen Marktmanipulation und Insiderhandel gestellt.
Ganz freiwillig erfolgte der Rückzug des 39-jährigen Straub nicht. "Teils aus eigener Erkenntnis, teils auf Druck der Mitvorstände", sei die Entscheidung gefallen, sagte SdK-Chef Klaus Schneider. Zu groß sei der öffentliche Druck geworden. Auch innerhalb der SdK stieß Straubs Verhalten einigen mächtig auf. "Es wurde höchste Zeit, dass er weg ist", sagt ein langjähriges SdK-Mitglied, das selbst regelmäßig auf Hauptversammlungen auftritt. Mit dem Straub-Abschied soll es nicht getan sein. Um den ramponierten Ruf wiederherzustellen, hat der SdK-Vorstand bereits weitere Maßnahmen angekündigt. "Die Ausrichtung der SdK muss auf den Prüfstand", sagte Schneider nun. So sei eine Kanzlei damit beauftragt worden, eine neue Verhaltensrichtlinie für den Umgang mit Wertpapieren aufzustellen. Ende September soll auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung darüber abgestimmt werden. Wirecard ist nicht der erste Fall, in dem die Vermengungen von persönlichen finanziellen Interessen und der Rolle als Aktionärsschützer für Kritik sorgen. Auch an dem Kurseinbruch des Finanzdienstleisters MLP vor sechs Jahren verdiente Straub mit, genauso wie in diesem Jahr bei Thielert. Straub rechtfertige sein Handeln immer damit, dass er in seiner Funktion als Aktionärsschützer durch seine öffentliche Kritik viele Anleger vor größeren Verlusten bewahrt habe. Dass er dabei selbst gut verdiente, fand er nie anstößig. "Zum Glück ist es ein Grundprinzip unseres Systems, dass Arbeit sich auszahlen darf", sagte er noch zu Wochenbeginn. Das Schreiben, mit dem er sich nun verabschiedete, zeugt von Verbitterung: "Statt wie in den letzten Jahre den ganzen Januar im Büro zu sitzen, um das Schwarzbuch Börse zu schreiben, werde ich im nächsten Jahr Ski fahren gehen, auf einer Hütte ein paar Bier trinken und dann wahrscheinlich irgendwo in den Schnee pissen." Konkurrierende Aktionärsschutzvereinigungen begrüßten den Straub-Rückzug, sehen sie doch die Gefahr, dass sie mit in den SdK-Strudel geraten. Sie grenzen sich denn auch von den Problemen der Münchner scharf ab. "Bei uns hätte es einen Fall Straub nicht gegeben", sagte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Niemand dürfe durch privates Handeln Interessenkonflikte heraufbeschwören. Foto: Welt Online Infografik
Der Fall WirecardBei der SdK werden nun weitere Aktivitäten führender Mitarbeiter ins Blickfeld rücken. So gibt beispielsweise Sprecher Christoph Öfele als Chefredakteur der SdK-Publikation Aktionärsnews konkrete Kauf- und Verkaufsempfehlungen und betreibt gleichzeitig privat eine Vermögensverwaltung und ein Handelshaus. Öfele selbst wollte sich zu den Punkten nicht äußern. "Hoffentlich nutzen wir als Stimmrechtsvertreter nun die Chance, die Berufsethik nach oben zu bringen", sagte Hans-Martin Buhlmann, Chef der Vereinigung Institutionelle Privatanleger und selbst ehemaliges Vorstandsmitglied der SdK. Er forderte für alle Organisationen "ordentliche, transparente Kassenmodelle". Die Aktionäre müssten als zahlende Mitglieder dafür sorgen, dass Schutzorganisationen unabhängig ihrer Arbeit nachgehen könnten. Gerade die SdK ist seit Langem im Zwielicht, weil mindestens ein Drittel ihrer Einnahmen direkt von Unternehmen kommt. Und damit genau von denen, denen die Aktionärsschützer eigentlich kritisch auf die Finger schauen sollen. So schalten Aktiengesellschaften in SdK-Publikationen Anzeigen. In der aktuellen Ausgabe von Aktionärsnews werben unter anderem die Unternehmen Krones und Fresenius Medical Care. Auch für den Hauptversammlungsservice kassiert die SdK von Emittenten. Schlagworte
Aktionärsschützer Rücktritt Wirecard Markus Straub Frankfurt am Main SdK-Vorstandsvorsitzender Klaus Schneider verteidigt diese Praxis. Einen möglichen Interessenkonflikt weist er weit von sich. Zudem sagte er: "Irgendeiner muss unsere Arbeit bezahlen, der deutsche Aktionär ist dazu offenbar nicht bereit." Neben den Geldern von Unternehmen, stammt nach seinen Angaben ein weiteres Drittel aus Erträgen aus dem eigenen Wertpapierdepot und ein Drittel aus Mitgliedsbeiträgen. Es sei für eine Organisation wie SdK unerlässlich, sich auf möglichst viele Beine zu stellen - sprich: sich möglichst viele unterschiedliche Einnahmequellen zu erschließen.