Wie Banken Geld verdienen

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Wie Banken Geld verdienen calexa

Wie Banken Geld verdienen

 
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Banken die auf einfache und kostengünstige Geschäfte mit Privatkunden setzen, fahren trotz der Branchenkrise steigende Gewinne ein. Dabei entwickeln die Konkurrenten verschiedene Strategien.

Der Eingang des Investment Centers der Citibank an der Hauptwache in Frankfurt ist leicht zu übersehen. Während die Konkurrenz am Platz - Deutsche Bank, Nassauische Sparkasse oder SEB - in gläsernen Palästen oder vornehmen Gründerzeitvillen residiert, teilt sich die Citibank ein unprätentiöses Bürohaus aus den 50er Jahren mit der Sprachschule Berlitz. Das Investment Center, in dem wohlhabendere Kunden betreut werden, hat wenige Räume im sechsten Stock bezogen. Ein kleiner Aufzug, Baujahr 1953, fährt nach oben, ein blaues Schild über dem Eingang verweist auf die Beratungsetage. Die Einrichtung: nüchtern, funktionell, ohne jeden Schnickschnack. "Der Flachbildschirm ist das Teuerste hier", sagt ein Mitarbeiter.

Die Sparsamkeit ist Programm: "Bei der Citigroup schreibt keiner auf ein teures Post-It, wenn es auch ein einfaches Stück Papier tut", heißt es über die US-Konzernmutter an der Wall Street. Und Christine Licci, Vorstandsvorsitzende der deutschen Privatkundentochter, lässt keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, dass sie den Kunden nicht Marmor und Gold bieten wolle, sondern beste Beratung.


Knausern zahlt sich aus

Das macht sich bezahlt: Während die Finanzbranche über das schwierigste Bankenjahr seit dem Zweiten Weltkrieg jammert, während landauf, landab Großbanken und Landesbanken in die roten Zahlen gerutscht sind, hat die Citibank das beste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. Details werden am 28. April bekannt gegeben - doch schon jetzt ist klar, dass die Südtirolerin Licci allen Grund zur Freude hat. Vor Steuern und nach Abzug der Risikovorsorge belief sich der Gewinn 2002 auf 667 Mio. Euro, 12,5 Prozent mehr als im Vorjahr. "Hinter dem starken Ergebniswachstum stehen steigende Erträge bei nahezu stagnierenden Aufwendungen", schreibt die Bank in einer Mitteilung - das Knausern zahlt sich aus.

Während die Citibanker ihr Rekordergebnis feiern können, machen die alteingesessenen Großbanken mit traurigen Ergebnissen und düsteren Prognosen Schlagzeilen. Doch der deutsche Ableger des weltweit operierenden US-Geldhauses steht mit seinen Erfolgsmeldungen nicht allein: Auch die Verbraucherkreditbanken Norisbank und CC-Bank, die Postbank, die Autobank Volkswagen Financial Services und die Direktbank Diba gehören zu den Häusern, die gegen den Branchentrend gutes Geld verdienen.

"Diesen Banken ist eines gemeinsam: Sie haben ein sehr klares Geschäftsmodell", sagt Olaf Scheer, geschäftsführender Partner bei der auf Finanzdienstleistungen spezialisierten Unternehmensberatung ZEB Rolfes Schierenbeck Associates. Während die Großbanken lange überlegten, sich aus der wenig ertragreich erscheinenden Betreuung der kleinen Privatkunden zurückzuziehen, haben sich die jetzt gewinnbringenden Institute auf das so genannte Retailgeschäft gestürzt.


Postbank verzichtet auf riskante Ausflüge

"Wir sind in erster Linie eine Privatkundenbank und haben auch nicht vor, an diesem erfolgreichen Geschäftsmodell etwas zu ändern", sagt Wulf von Schimmelmann, Vorstandschef der Postbank. Genau wie für die Citibank war auch für die Tochter der Deutschen Post 2002 das beste Jahr der Firmengeschichte. Mit 399 Mio. Euro vor Steuern lag das Ergebnis um 16,2 Prozent über dem des Vorjahres. Die Kostenquote, der Anteil der Kosten am Ertrag, sank von 84 auf 78 Prozent, während die Eigenkapitalrendite von 9,4 auf 10,7 Prozent anstieg. Schon in den vergangenen vier Jahren hatte die Postbank Jahr für Jahr bessere Ergebnisse vorgelegt.

Mit rund zehn Millionen Kunden ist die Postbank die größte Retailbank Deutschlands - und das einzige deutsche Institut, dessen Kreditrating von Moody’s derzeit mit einem positiven Ausblick versehen ist. "Die Postbank hat sich strategisch auf die Felder konzentriert, auf denen sie ihren Kunden auch in der jetzigen Zeit echte Wettbewerbsvorteile bieten kann", sagt von Schimmelmann. "Einfach und günstig", heißt das Prinzip nach dem Kundenaufträge in den über 12.000 Postfilialen online oder per Telefon abgewickelt werden. "Die Postbank versteht es in sehr professioneller Form, einfache, sich selbst erklärende Produkte anzubieten", sagt Unternehmensberater Scheer. So setzte die Bank im vergangenen Jahr auf bilanzwirksame Spar- statt riskante Kapitalmarktprodukte. "Wir haben nicht den Ehrgeiz, unseren Kunden japanische Doppelwährungswandelanleihen zu verkaufen", sagt Postbank-Vorstand von Schimmelmann.

Zum Erfolgsrezept gehört auch der Verzicht auf riskante Ausflüge in die Welt des Investmentbankings. Im Wertpapiergeschäft sei die Postbank nur ein kleiner Spieler und noch dazu in erster Linie ein "Zinshaus", sagt Vorstandsmitglied Loukas Rizos. Die Aktienquote im Anlagebestand wurde seit 2000 systematisch heruntergefahren und beträgt zurzeit weniger als ein Prozent.


Konsumentenkredit jahrelang unterschätzt

Konsequent betreiben die Gewinner-Banken die Konzentration auf ertragreiche Geschäftsfelder - wie etwa die Vergabe von Konsumentenkrediten: "Das ist ein wichtiger Bereich der Finanzbranche, der in Deutschland jahrelang unterschätzt wurde", sagt Samuel Theodore, der den Bereich europäische Finanzdienstleister der Rating-Agentur Moody’s leitet. Ratenkredite für Privatkunden galten den etablierten Universalbanken im Vergleich zur Beratung bei Börsengängen und Firmenübernahmen als ausgesprochen langweilig. Dabei liefern sie eine gesunde Ertragsbasis: Fünf bis sieben Prozentpunkte des Kreditzinses bleiben der Bank als Marge.

So hat die Norisbank mit ihrem "Easycredit" einen Ertragsmotor entwickelt, der als eigenständige Marke beworben und seit dem vergangenen Jahr auch über Drittbanken angeboten wird. "Schnell, unbürokratisch und effizient heißt unsere Parole", sagt der Vorstandssprecher der Norisbank, Theophil Graband. Über das Internet kann der Kunde innerhalb von 30 Sekunden über seinen Kredit verfügen, wenn er die geforderten Kriterien erfüllt. Dazu gehören wahrheitsgemäße Angaben über Einkommens- und Schuldenverhältnisse.

Diese Daten werden über eine elektronisches Risikokontrollsystem überprüft. Bei einem positiven Befund wird der Kredit freigegeben. "Der Mitarbeiter in der Filiale hat keine persönlichen Kompetenzen mehr, die Maschine entscheidet über den Kredit und in der Regel auch über die Konditionen", sagt Berater Scheer.

"Die Großbanken haben in der Vergangenheit strategische Fehler gemacht", lautet das Urteil von Moody’s-Experte Theodore. Ihnen galt das Geschäft mit den Konsumentenkrediten als zu riskant. Die niedrige Risikovorsorge bei Citibank und Norisbank beweist das Gegenteil. Wer als unsicherer Kunde gilt, muss mehr für seinen Kredit bezahlen. Unterschätzt haben die etablierten Institute auch die inzwischen stark wachsende Nachfrage nach dem schnellen Geld auf Pump: "Hinter Großbritannien ist Deutschland der zweitgrößte Markt in Europa", sagt Theodore.


Neues Filialkonzept

Im vergangenen Jahr steigerte die Norisbank den Umsatz mit ihrem Kernprodukt Konsumentenkredit um mehr als 80 Prozent auf 984 Mio. Euro, das Ergebnis vor Steuern verdoppelte sie auf 36,8 Mio. Euro. Dass die Konzernmutter HypoVereinsbank die Ertragsperle dennoch verkaufen will, ist nach Ansicht von Experten nur mit der prekären Situation der Bank zu erklären.

"Der positive Trend hält im laufenden Jahr an", sagt Norisbank-Chef Graband. Das gelte auch für die Eigenkapitalrendite, die im vergangenen Jahr auf stolze 32 Prozent kletterte. Und es soll weiter aufwärts gehen: Sowohl bei der Eigenkapitalrendite als auch bei der Kostenquote will Graband in den kommenden Jahren die 50-Prozent-Marke erreichen.

Dabei denkt man in der Norisbank sogar darüber nach, neue Filialen zu eröffnen - während die großen Konkurrenten ihre Netze immer weiter ausdünnen. "Es wird ein völlig neues Filialkonzept sein, sowohl was die Öffnungszeiten als auch was den Service betrifft", kündigt Graband an.

Schon jetzt ist sicher: Der Norisbank-Chef wird die Expansion mit weitaus geringeren Kosen als die alteingesessene Konkurrenz vorantreiben können. Sowohl technische als auch personelle Infrastruktur seien bei den jungen Banken effizienter, da aus einem Guss und nicht über Jahre gewachsen, sagt Moody’s-Experte Theodore: "Die Institute leiden nicht unter Altlasten." Controlling, Risikokontrolle und das Management von Kundenbeziehungen funktionierten besser, weil weniger Schnittstellen zu überwinden seien.


Günstige Lockangebote

"Jeder Prozess lässt sich verbessern", ist die Devise der Citibank-Chefin Licci. Mittlerweile hat die Bank administrative Arbeiten weitgehend von der Beratung getrennt. Sie sind im Dienstleistungszentrum Duisburg gebündelt, wo ein Viertel der 5600 Mitarbeiter beschäftigt ist. "So verbringen die Citibank-Kundenberater die Hälfte ihrer Arbeitszeit direkt mit den Kunden und nicht mit Verwaltungsaufgaben. Damit liegen wir deutlich über dem Schnitt der Branche von rund 20 Prozent", sagt Peter Blatter, Citibank-Vorstand für Operations und Technologie.

"Ich kenne kein Institut, dass so energisch die Kundenansprache steuert, nachhält und aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernt", lobt ZEB-Berater Scheer die Citibank-Strategie. Die Mitarbeiter würden eng geführt und streng an den Ergebnissen gemessen. Dabei unterstützt sie die Automatisierung der Geschäftsabläufe: Regelmäßig finden die Berater auf ihren Bildschirmen Hinweise aus der Duisburger Verwaltungszentrale, welche Kunden wann und wegen welchen Produkts angesprochen werden sollten.

Auch bei ihrer Preisgestaltung geht die Citibank andere Wege als die Konkurrenz. "Wer höhere Zahlungseingänge auf dem Girokonto hat, bezahlt weniger. Und wer auch noch einen Ratenkredit aufnimmt, bekommt das Konto noch preiswerter", beschreibt Scheer die Strategie. Mit attraktiven Angeboten werden Kunden in die Filialen gelockt - um ihnen dann meist deutlich teurere Kredite zu verkaufen."Die Schaufensterkonditionen sind eigentlich nur für kurzlaufende Kredite bei bester Bonität", sagt Scheer. "Die Kunden zahlen in der Regel für ihren individuellen Kreditvertrag deutlich mehr, weil Laufzeit und Bonität zu einem höheren Preis und damit Zinssatz führen."

Genug Lehrstoff für Manager wie Josef Ackermann, den Chef der Deutschen Bank, die ihr Privatkundengeschäft vor drei Jahren am liebsten verkauft hätte. Künftig soll das Geschäft mit den Privaten wieder rund 1 Mrd. Euro Gewinn einbringen. Mit dem Bekenntnis zum einst verschmähten Dienst am kleinen Kunden sei es aber allein noch nicht getan, sagt Unternehmensberater Scheer: "Am Ende zählt die Ausgestaltung der Geschäftsmodelle im Einzelnen. Schließlich heißt es nicht umsonst: Retail ist Detail."
(Quelle: ftd.de)

So long,
Calexa
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