Übt das Management zu viel Druck aus, geht nicht nur die Motivation flöten - der ganzen Belegschaft kann der Burnout drohen.
Feuer genießt rund um den Erdball einen Kultstatus, und den haben nicht nur Naturvölker bewahrt. Außer ihnen pflegen auch moderne Manager engen Umgang mit dem Element. Sie bleiben damit den Wurzeln des Abendlandes verhaftet; denn zündelte nicht schon Zeus, erste Führungskraft im Olymp, mittels scharfer Blitze?
68 Prozent der Beschäftigten bangen um ihre Jobs.
Auch ein Manager gibt schon mal tüchtig Zunder – und hält das für Motivation. Womit er irrt, was immerhin menschlich ist. Die Methode ist es weniger: Termine enger setzen, keine Rückmeldungen geben, Personal ausdünnen, Mehrarbeit. Das erzeugt Druck und Unsicherheit – und wirkt: Dem Frankfurter Bund-Verlag zufolge bangen inzwischen 68 Prozent der Beschäftigten um ihre Jobs. Wen wundert da, dass der Funke nicht überspringt und die Motivation erlöscht?
Ist der Mensch verängstigt, zünden neue Ideen nun mal nicht.
Burnout!
Darum werden kostspielig entwickelte Leitlinien oder Qualitätskonzepte kaum verinnerlicht und Restrukturierungen oft gehasst. Sie dienen ohnehin fast nur dazu, die Arbeit zu „verdichten“. Wird den Mitarbeitern aber ständig eingeheizt, herrscht irgendwann mal Feuer unterm Dach.
Ganze Belegschaften können ausbrennen.
Burnout! Ganze Belegschaften können ausbrennen. Nero begleitete dereinst die Flammen über Rom auf der Leier. Diese Beschaulichkeit wird sich ein mit dem Burnout seines Personals konfrontierter Manager nicht leisten können. Wenn Fehlzeiten und Unfälle alarmierende Ausmaße annehmen, wird er einschreiten.
Erschöpfung, Depression, Realitätsverlust
Im weniger fortgeschrittenen Zustand lässt sich der Burnout daran erkennen, dass der Gang zur Arbeit immer schwerer fällt.
Wo einmal ein engagierter Kollege saß, gähnt nur noch verbrannte Erde. „Totale Gefühlsleere“ nennen die beiden Expertinnen Eva Zinke und Margit Höfle diesen Zustand in der Fachzeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb. Das heißt völlige Erschöpfung, Depression und/oder „Deformation“. Letztere geht einher mit Realitätsverlust und Selbstmordgedanken. In dieser Lage spuckt keiner mehr tatendurstig in die Hände. Bestenfalls verfällt der „Ausgebrannte“ in Routine und arbeitet ohne Inspiration.
6,6 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage gehen auf kranke Seelen zurück.
Wenn erst einmal die Kunden erzürnt sind, kostet der Burnout richtig Geld. In schwereren Fällen kommt es zu Ausfallzeiten. 6,6 Prozent der „Arbeitsunfähigkeitstage“, so die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, gehen auf kranke Seelen zurück. Die Kosten für die Wirtschaft schätzt die Bundesanstalt auf 5,35 Milliarden DM im Jahr.
Der Burnout löst demzufolge wahre Flächenbrände auf den Konten aus. Dabei könnte das Management mit etwas gutem Willen den Schaden klein halten. Es müsste nur aufs Einheizen verzichten und die Arbeitsabläufe so gestalten, dass sich der Druck im erträglichen Rahmen hält. Zunder geben, oder KITA, wie der Fachmann sagt („Kick into the Ass“, deutsch: Tritt in den Hintern), käme aus der Mode. Und wo kein Zunder gegeben wird, da wird so schnell auch keiner ausbrennen.
Solange dieses Ideal nicht erreicht ist, geht es darum, den Schaden zu begrenzen. Das heißt orten, wo es schwelt oder schon lichterloh brennt, und dann zügig löschen. Als Frühwarnsystem dienen die Kollegen. Ihnen entgeht nur selten, wenn jemand in ihrem Kreise plötzlich seine Mucken bekommt.
Feuerwehr spielen müssen die Chefs persönlich. Dazu stehen ihnen zahlreiche Mittel zu Gebote – von der Jobrotation über die Moderation bis zur Supervision, vom Gesundheitsprogramm bis zur Personalentwicklung, das höchstpersönliche Erlangen von Management- Kompetenz inbegriffen.
Aber vielleicht hält es der feuerlegende Manager mit den Aborigines. Die setzen seit Menschengedenken den australischen Busch in Brand; so räumen sie altes Gewächs zur Seite, damit der Nachwuchs besser sprießen kann.
Quelle: Süddeutsche Zeitung