Weltweite Jagd auf den Gammablitz

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Weltweite Jagd auf den Gammablitz

 
10.10.02 05:54
Fast hundert Teleskope haben das Nachleuchten eines spektakulären Energieausbruchs in mehreren Milliarden Lichtjahren Entfernung registriert. Der Großeinsatz soll helfen, das Rätsel der Gammablitze zu lösen.

Am 4. Oktober um 14.06 Uhr MESZ schlug "Hete" Alarm: Der Satellit der US-Raumfahrtbehörde Nasa, der mit vollem Namen "High-Energy Transient Explorer" heißt, hatte am Himmel einen gewaltigen Gamma-Ausbruch registriert. In einigen Dutzend Sekunden verstrahlte ein weit entferntes Objekt so viel Energie wie eine Trilliarde Sonnen.
 
Doch die astronomische Gemeinschaft war auf das Spektakel vorbereitet. Von der Nachricht des Nasa-Spähers aufgeschreckt, richtete Derek Fox, ein Forscher vom California Institute of Technology, auf dem Mount Palomar das 1,2-Meter-Oschin-Teleskop in die von "Hete" angegebene Richtung. Nur neun Minuten nach dem Ausbruch konnte er dort eine verblassende Strahlungsquelle fotografieren - das Nachleuchten des Gammablitzes. Wenig später wurde die Beobachtung von japanischen Kollegen bestätigt.

Die grellen Lichter, die fast täglich an irgendeiner Stelle des Himmels aufflackern, werden von den heftigsten Explosionen im Universum erzeugt. Wie genau sie entstehen, kann bis jetzt allerdings niemand mit Sicherheit sagen. Manche Forscher halten die rätselhaften "Gamma-Ray-Bursts" für das letzte Aufbäumen von Riesensternen, deren Kerne zu Schwarzen Löchern kollabieren. Andere haben kollidierende Neutronensterne in Verdacht.

Um die Ursachen der kosmischen Gewaltausbrüche zu klären, haben Astronomen ein weltweites Nachrichtennetz aufgebaut: Wenn Satelliten wie "Hete" einen Gammablitz melden, beginnt auf der Erde eine fieberhafte Jagd. Denn die mysteriösen Objekte strahlen oft nur wenige Sekunden im Gammabereich. Der am 4. Oktober observierte Ausbruch, der die Bezeichnung GRB021004 erhielt, gehört mit rund 100 Sekunden schon zu den langen Leuchtfeuern.

Vom eigentlichen Gammablitz sahen die Bodenbeobachter auch bei GRB021004 nichts: Sie fingen bloß das Nachleuchten aus weniger energiereichen Emissionen wie Röntgen- und sichtbarem Licht auf, das Wochen anhalten kann. Die Blitzjäger waren diesmal jedoch besonders früh zur Stelle: "Dank der prompten Ortung durch 'Hete' ist GRB021004 zu dem mit Abstand am besten dokumentierten Ausbruch seit Entdeckung der Gamma-Ray-Bursts vor dreißig Jahren geworden", sagt der Leiter des "Hete"-Teams, George Ricker vom Massachusetts Institute of Technology.

Sieben Stunden nach dem Alarm aus dem All konnten Wissenschaftler am australischen Siding Spring Observatory bereits einen Minimalwert für die Distanz des Objektes angeben: Demnach muss der Ausbruchsort wenigstens 15 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt liegen. Insgesamt nahmen an der Beobachtung fast hundert Teleskope in elf Ländern teil. Im Weltraum wurden das Hubble-Observatorium und der Röntgensatellit Chandra auf GRB021004 gerichtet.

Wegen der immensen Entfernung, die von der Strahlung zurückgelegt wurde, muss sich der Ausbruch schon in der Frühzeit des Universums ereignet haben. Der Schauplatz des kosmischen Dramas wird aber wohl frühestens in einigen Tagen erkennbar sein: Momentan überstrahlt selbst noch das Nachleuchten des Gamma-Ray-Bursts seine mutmaßliche Heimatgalaxie.

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