in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Und was ist schon das beste Kabarett gegen die Hauptversammlung der Berliner Bank?
von Gattrixx...
Entertainment pur!
"Sie, Sie Kriminelle!"
(gatrixx) "Der ist einer der Besten", geht ein Glucksen durch die Reihen der Kleinaktionäre.
Gemeint ist Richard Meier. Wild gestikulierend betritt er das Podium. Lautstark setzt er ein
und schraubt sich konstant in Ekstase. Offenbar ist der Mann mit hochrotem Kopf ein
schwergeschädigter Aktionär. Heute will er mit der "Schaumschlägerei des
Vorstandsdramas" abrechnen, sagt er. "Sie, Sie Kriminelle", tobt Meier mit rollendem "rrr"
seines bayrischen Dialektes. Lautes Gelächter!
Ort des Geschehens ist die Jahreshauptversammlung der Bankgesellschaft Berlin (BGB) im Estrel Center unserer
Hauptstadt. Vor einer aufgebrachten Meute müssen sich Vorstand und Aufsichtsrat zu einem Jahresfehlbetrag von 1,5
Milliarden Euro äußern. Die Bankgesellschaft hat bis 1996 Mietgarantien auf Basis der damaligen Preise vergeben. Die
Immobilenwerte purzelten in den Keller - dem Bankhaus drohte die Zahlungsunfähigkeit. 1999 erkannte das Kreditinstitut
erstmals erhöhte Risiken und verbuchte einen Verlust. Bereits damals hieß es, man hätte alles im Griff. Dem war aber nicht
so. Das Vertrauen ist nun geschwunden. Den Aktionären scheint alles dubios. Sie rechnen noch mit weiteren Leichen im
Keller der Bank. Bis heute halbierte sich die Kapitalanlage der Kleinaktionäre auf 8 Euro.
Richard Meier sitzt längst wieder auf seinem Platz. Auf zwei großen Bildschirmen erscheint Vorstandschef Wolfgang Rupf.
"Die BGB ist keine Vereinigung von Kriminellen", sagt er in aller Ruhe. Hohngelächter! Kurze Zeit darauf: Ein Mann reicht Rupf
eine Notiz. "Ich kann es vorlesen - morgen wird es in der Zeitung stehen", äußert sich der Konzernchef scharfsinnig. Stille!
"Die Staatsanwaltschaft hat heute Wohnungen ehemaliger Vorstandsmitglieder durchsucht und die Ermittlungen
aufgenommen", liest er vor. Vereinzelt Beifall.
Das Klatschen nimmt zu! Ein Anleger fuchtelt mit seinen Armen herum. Der Aufsichtsrat käme der Kontrollfunktion nicht nach,
brüllt er. Die Worte richtet er direkt an die erwähnten Herren. Doch: Keine Reaktion. "Die sitzen da und lesen Zeitung", stellt
der Redner fassungslos fest. Immerhin: Angesprochen fühlen sich die Herren Aufsichtsräte. Einige wagen einen kurzen
Blick über ihre Nickelbrille.
Was soll man auch erwarten? Der alte Vorstand genieße das volle Vertrauen, hatte der Berliner Senat vor einiger Zeit
verlauten lassen. Das Land Berlin ist mit 56 Prozent an der Bankgesellschaft beteiligt und hat drei Sitze im Aufsichtsrat.
Die Zahlen waren auch schon bekannt. "Wir stehen vor einem Neuanfang", heißt es jetzt genauso wie schon vor zwei
Jahren. Glauben will das nur keiner mehr. "Belogen wurden wir in der Vergangenheit zu Genüge", motzt ein Aktionär. Wie
erwartet: Die Veranstaltung ist eine Farce!
Ändern werde sich nichts, erklärt Rupf. Der Senat habe als Mehrheitsaktionär Anrecht auf die Mandate. Die Aktionäre sehen
das anders. "Politiker haben nichts in der Bank verloren", schimpft ein Aktionär mit wirrem, grauem Haar. "Die sind doch
unqualifiziert", meint ein ander. Applaus! Doch die Reden gehen ins Leere. Der Senat hatte es offenbar nicht für nötig
gehalten, einen Referenten zur Versammlung zu entsenden. "Dabei sind die doch auch Aktionäre", bemerkt ein Rentner am
Rande der Kaffeetheke.
Dort, bei dem kulinarischen Aufgebot, ist die Stimmung schon deutlich besser. Bei einem 50.000-Euro-Bufett will man eh nicht
an Zahlungsunfähigkeit glauben. Die Anleger sind zwischen den Salaten, dem Geschnetzeltem und dem Kuchen fleißig am
rechnen. "Isst man genügend Buletten, holt man die Aktienverluste wieder raus", beleuchtet ein Mann mit vollem Mund.
Langsam strömt die Masse in Richtung Essensdüfte. Die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierhandel schwingt eine
ihrer Standardreden. "Nach Paragraph soundso ...und Paragraph .....und..." - Gähnen. Nicht kürzer und aufregender die
Antworten von Wolfgang Rupf. "Aber das ist ja alles bekannt", sagt der Bankchef.
"Kann einer die leeren Flaschen hier wegräumen", weckt ein Redner die Kleinaktionäre wieder. Zweideutig greift er durch
den Raum. Gelächter! Die Bank sei seit vier Jahren Pleite. Zugeben wolle es nur niemand, feuert er los - Hans Völler kann es
beurteilen. Er selbst war Vorstand im Kreditwesen einer kleineren Berliner Bank. Der weitere Beitrag geht jedoch unter, die
Aktionäre sind müde und satt.
Insgesamt eine unterhaltsame Vorstellung: Herr Kummar erzählt 15 Minuten lang von der Kündigung seines Kontos nach 30
Jahren. Herr Burumpke wirft dem Vorstand sozialistisches Handeln vor und berichtet von seinem Fackelzug 1963. "Die
Senatoren sind demokratieunfähig", schreit er und fordert die totale Privatisierung. Gaudi! Eine betagte Aktionärin verlangt ein
Geländer auf dem Weg zum Podium - wenigstens auf der kommenden Aktionärs-Sitzung. "Außerdem sollen Kredite in
Abstimmung mit dem Schwefelwasserstoffproblem vergeben werden", stottert eine zahnlose Umweltschützerin. Immerhin
blieb es nicht nur beim Entertainmant. Die Resultate nach acht Stunden Aussprache: Eine Kapitalerhöhung, die den weiteren
Geschäftsverlauf sichern soll, und die Verschiebung der Entlastung des Vorstandes. (kf)
von Gattrixx...
Entertainment pur!
"Sie, Sie Kriminelle!"
(gatrixx) "Der ist einer der Besten", geht ein Glucksen durch die Reihen der Kleinaktionäre.
Gemeint ist Richard Meier. Wild gestikulierend betritt er das Podium. Lautstark setzt er ein
und schraubt sich konstant in Ekstase. Offenbar ist der Mann mit hochrotem Kopf ein
schwergeschädigter Aktionär. Heute will er mit der "Schaumschlägerei des
Vorstandsdramas" abrechnen, sagt er. "Sie, Sie Kriminelle", tobt Meier mit rollendem "rrr"
seines bayrischen Dialektes. Lautes Gelächter!
Ort des Geschehens ist die Jahreshauptversammlung der Bankgesellschaft Berlin (BGB) im Estrel Center unserer
Hauptstadt. Vor einer aufgebrachten Meute müssen sich Vorstand und Aufsichtsrat zu einem Jahresfehlbetrag von 1,5
Milliarden Euro äußern. Die Bankgesellschaft hat bis 1996 Mietgarantien auf Basis der damaligen Preise vergeben. Die
Immobilenwerte purzelten in den Keller - dem Bankhaus drohte die Zahlungsunfähigkeit. 1999 erkannte das Kreditinstitut
erstmals erhöhte Risiken und verbuchte einen Verlust. Bereits damals hieß es, man hätte alles im Griff. Dem war aber nicht
so. Das Vertrauen ist nun geschwunden. Den Aktionären scheint alles dubios. Sie rechnen noch mit weiteren Leichen im
Keller der Bank. Bis heute halbierte sich die Kapitalanlage der Kleinaktionäre auf 8 Euro.
Richard Meier sitzt längst wieder auf seinem Platz. Auf zwei großen Bildschirmen erscheint Vorstandschef Wolfgang Rupf.
"Die BGB ist keine Vereinigung von Kriminellen", sagt er in aller Ruhe. Hohngelächter! Kurze Zeit darauf: Ein Mann reicht Rupf
eine Notiz. "Ich kann es vorlesen - morgen wird es in der Zeitung stehen", äußert sich der Konzernchef scharfsinnig. Stille!
"Die Staatsanwaltschaft hat heute Wohnungen ehemaliger Vorstandsmitglieder durchsucht und die Ermittlungen
aufgenommen", liest er vor. Vereinzelt Beifall.
Das Klatschen nimmt zu! Ein Anleger fuchtelt mit seinen Armen herum. Der Aufsichtsrat käme der Kontrollfunktion nicht nach,
brüllt er. Die Worte richtet er direkt an die erwähnten Herren. Doch: Keine Reaktion. "Die sitzen da und lesen Zeitung", stellt
der Redner fassungslos fest. Immerhin: Angesprochen fühlen sich die Herren Aufsichtsräte. Einige wagen einen kurzen
Blick über ihre Nickelbrille.
Was soll man auch erwarten? Der alte Vorstand genieße das volle Vertrauen, hatte der Berliner Senat vor einiger Zeit
verlauten lassen. Das Land Berlin ist mit 56 Prozent an der Bankgesellschaft beteiligt und hat drei Sitze im Aufsichtsrat.
Die Zahlen waren auch schon bekannt. "Wir stehen vor einem Neuanfang", heißt es jetzt genauso wie schon vor zwei
Jahren. Glauben will das nur keiner mehr. "Belogen wurden wir in der Vergangenheit zu Genüge", motzt ein Aktionär. Wie
erwartet: Die Veranstaltung ist eine Farce!
Ändern werde sich nichts, erklärt Rupf. Der Senat habe als Mehrheitsaktionär Anrecht auf die Mandate. Die Aktionäre sehen
das anders. "Politiker haben nichts in der Bank verloren", schimpft ein Aktionär mit wirrem, grauem Haar. "Die sind doch
unqualifiziert", meint ein ander. Applaus! Doch die Reden gehen ins Leere. Der Senat hatte es offenbar nicht für nötig
gehalten, einen Referenten zur Versammlung zu entsenden. "Dabei sind die doch auch Aktionäre", bemerkt ein Rentner am
Rande der Kaffeetheke.
Dort, bei dem kulinarischen Aufgebot, ist die Stimmung schon deutlich besser. Bei einem 50.000-Euro-Bufett will man eh nicht
an Zahlungsunfähigkeit glauben. Die Anleger sind zwischen den Salaten, dem Geschnetzeltem und dem Kuchen fleißig am
rechnen. "Isst man genügend Buletten, holt man die Aktienverluste wieder raus", beleuchtet ein Mann mit vollem Mund.
Langsam strömt die Masse in Richtung Essensdüfte. Die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierhandel schwingt eine
ihrer Standardreden. "Nach Paragraph soundso ...und Paragraph .....und..." - Gähnen. Nicht kürzer und aufregender die
Antworten von Wolfgang Rupf. "Aber das ist ja alles bekannt", sagt der Bankchef.
"Kann einer die leeren Flaschen hier wegräumen", weckt ein Redner die Kleinaktionäre wieder. Zweideutig greift er durch
den Raum. Gelächter! Die Bank sei seit vier Jahren Pleite. Zugeben wolle es nur niemand, feuert er los - Hans Völler kann es
beurteilen. Er selbst war Vorstand im Kreditwesen einer kleineren Berliner Bank. Der weitere Beitrag geht jedoch unter, die
Aktionäre sind müde und satt.
Insgesamt eine unterhaltsame Vorstellung: Herr Kummar erzählt 15 Minuten lang von der Kündigung seines Kontos nach 30
Jahren. Herr Burumpke wirft dem Vorstand sozialistisches Handeln vor und berichtet von seinem Fackelzug 1963. "Die
Senatoren sind demokratieunfähig", schreit er und fordert die totale Privatisierung. Gaudi! Eine betagte Aktionärin verlangt ein
Geländer auf dem Weg zum Podium - wenigstens auf der kommenden Aktionärs-Sitzung. "Außerdem sollen Kredite in
Abstimmung mit dem Schwefelwasserstoffproblem vergeben werden", stottert eine zahnlose Umweltschützerin. Immerhin
blieb es nicht nur beim Entertainmant. Die Resultate nach acht Stunden Aussprache: Eine Kapitalerhöhung, die den weiteren
Geschäftsverlauf sichern soll, und die Verschiebung der Entlastung des Vorstandes. (kf)