16 Mar 2000 15:33 Taiwan warnt China vor Einmischung in Wahl
- neu: Einschätzung des IISS, Börsenreaktion -
Taipeh, 16. Mär (Reuters) - Taiwan hat China vor einer Einmischung in die Präsidentenwahl
am Samstag gewarnt. Der Spitzenkandidat der Demokratischen Fortschrittspartei, Chen
Shui Bian, sagte am Donnerstag, durch Drohungen erreiche China nur, dass Taiwan zur
Volksrepublik weiter auf Distanz gehe. China hat vor einer Wahl Chens gewarnt, da dessen
Partei den Verzicht auf die Wiedervereinigung der Republik China (Taiwan) mit der
Volksrepublik China fordert. Die mit Taiwan verbündeten USA riefen China zur Zurückhaltung
auf und forderten von beiden Seiten eine friedliche Beilegung ihres Konflikts. China droht
Taiwan mit einer Invasion, sollte es sich für unabhängig erklären.
In einem kürzlich veröffentlichten Weißbuch der Regierung in Peking wird eine Invasion auch
schon für den Fall angedroht, dass sich Taiwan weiterhin den Verhandlungen über eine
Wiedervereinigung entzieht. In China erklärten Experten, wenn in Taiwan nach der Wahl
Entscheidungen für die Unabhängigkeit fallen sollten, könnte China innerhalb von 24 Stunden
reagieren. Chen sagte, die Drohungen Chinas störten die Normalisierung der beiderseitigen
Beziehungen. Taiwans Präsident werde von den Bürgern Taiwans gewählt; die Führung in
Peking solle sich nicht einmischen. Chen liegt vor der Wahl am Samstag Umfragen zufolge
etwa gleichauf mit dem Kandidaten der regierenden Nationalisten, Lien Chan, und dem
unabhängigen Bewerber James Soong. Der bisherige Präsident Taiwans, Lee Teng Hui,
gibt nach zwölf Jahren sein Amt im Mai auf. Damit könnten auch 50 Jahre Herrschaft der
Nationalisten enden.
Chinas Ministerpräsident Zhu Rongji hatte am Mittwoch erklärt, sollten die Taiwaner bei der
Wahl impulsiv handeln, würden sie keine zweite Chance erhalten. China werde eine
Unabhängigkeit Taiwans nicht zulassen, egal, wer dort an die Macht komme. China
betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und fordert eine Wiedervereinigung mit der Insel.
Dorthin waren 1949 die nationalistischen Kuomintang nach ihrer Niederlage gegen die
Kommunisten Mao Tsetungs geflüchtet und hatten ein eigenes System aufgebaut.
Taiwans Verteidigungsminister Tang Fei sagte am Donnerstag, die Republik strebe keinen
Krieg an, fürchte sich aber auch nicht vor einem Konflikt. Die Armee werde die Demokratie
in Taiwan falls nötig auch in einem Krieg verteidigen.
US-Verteidigungsminister William Cohen rief China zur Zurückhaltung auf. Cohen sagte bei
einem Besuch einer US- Militärbasis nahe Tokio, wenn China Taiwan mit Gewalt drohe, sei
dies kontraproduktiv. Die USA erwarteten, dass China und Taiwan ihre Differenzen friedlich
beilegten. Die USA betrieben weiter eine Ein-China-Politik. Diese geht davon aus, dass es
zwar zwei Systeme in China gibt, das Land selbst aber unteilbar ist. Cohen bekräftigte, dass
die USA zu ihren Verträgen mit Taiwan stehen. Danach müssten sie im Konfliktfall Taiwan
militärisch beistehen.
Das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) in London sieht die Gefahr, dass
China sich in seiner eigenen Kriegsrhetorik verfängt und Taiwan ein Ultimatum stelle, von
dem es sich nur schwer wieder zurückziehen könne. Eine solche Entwicklung könnte eine
Eigendynamik erhalten, durch die China in einen Krieg gezogen würde, der für die gesamte
Region katastrophal wäre.
Taiwans Börse reagiert auf die Drohungen aus der Volksrepublik China mit einem deutlichen
Kursrutsch. Die Regierung setzte erstmals einen Sonderfonds ein, um durch Käufe den
TAIEX-Index zu stützen. Er konnte dadurch die Verluste, die im frühen Handel bei 4,51
Prozent lagen, wieder aufholen. Zum Handelsschluss lag er um 0,49 Prozent über dem
Vortageskurs.
akr/kjf
- neu: Einschätzung des IISS, Börsenreaktion -
Taipeh, 16. Mär (Reuters) - Taiwan hat China vor einer Einmischung in die Präsidentenwahl
am Samstag gewarnt. Der Spitzenkandidat der Demokratischen Fortschrittspartei, Chen
Shui Bian, sagte am Donnerstag, durch Drohungen erreiche China nur, dass Taiwan zur
Volksrepublik weiter auf Distanz gehe. China hat vor einer Wahl Chens gewarnt, da dessen
Partei den Verzicht auf die Wiedervereinigung der Republik China (Taiwan) mit der
Volksrepublik China fordert. Die mit Taiwan verbündeten USA riefen China zur Zurückhaltung
auf und forderten von beiden Seiten eine friedliche Beilegung ihres Konflikts. China droht
Taiwan mit einer Invasion, sollte es sich für unabhängig erklären.
In einem kürzlich veröffentlichten Weißbuch der Regierung in Peking wird eine Invasion auch
schon für den Fall angedroht, dass sich Taiwan weiterhin den Verhandlungen über eine
Wiedervereinigung entzieht. In China erklärten Experten, wenn in Taiwan nach der Wahl
Entscheidungen für die Unabhängigkeit fallen sollten, könnte China innerhalb von 24 Stunden
reagieren. Chen sagte, die Drohungen Chinas störten die Normalisierung der beiderseitigen
Beziehungen. Taiwans Präsident werde von den Bürgern Taiwans gewählt; die Führung in
Peking solle sich nicht einmischen. Chen liegt vor der Wahl am Samstag Umfragen zufolge
etwa gleichauf mit dem Kandidaten der regierenden Nationalisten, Lien Chan, und dem
unabhängigen Bewerber James Soong. Der bisherige Präsident Taiwans, Lee Teng Hui,
gibt nach zwölf Jahren sein Amt im Mai auf. Damit könnten auch 50 Jahre Herrschaft der
Nationalisten enden.
Chinas Ministerpräsident Zhu Rongji hatte am Mittwoch erklärt, sollten die Taiwaner bei der
Wahl impulsiv handeln, würden sie keine zweite Chance erhalten. China werde eine
Unabhängigkeit Taiwans nicht zulassen, egal, wer dort an die Macht komme. China
betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und fordert eine Wiedervereinigung mit der Insel.
Dorthin waren 1949 die nationalistischen Kuomintang nach ihrer Niederlage gegen die
Kommunisten Mao Tsetungs geflüchtet und hatten ein eigenes System aufgebaut.
Taiwans Verteidigungsminister Tang Fei sagte am Donnerstag, die Republik strebe keinen
Krieg an, fürchte sich aber auch nicht vor einem Konflikt. Die Armee werde die Demokratie
in Taiwan falls nötig auch in einem Krieg verteidigen.
US-Verteidigungsminister William Cohen rief China zur Zurückhaltung auf. Cohen sagte bei
einem Besuch einer US- Militärbasis nahe Tokio, wenn China Taiwan mit Gewalt drohe, sei
dies kontraproduktiv. Die USA erwarteten, dass China und Taiwan ihre Differenzen friedlich
beilegten. Die USA betrieben weiter eine Ein-China-Politik. Diese geht davon aus, dass es
zwar zwei Systeme in China gibt, das Land selbst aber unteilbar ist. Cohen bekräftigte, dass
die USA zu ihren Verträgen mit Taiwan stehen. Danach müssten sie im Konfliktfall Taiwan
militärisch beistehen.
Das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) in London sieht die Gefahr, dass
China sich in seiner eigenen Kriegsrhetorik verfängt und Taiwan ein Ultimatum stelle, von
dem es sich nur schwer wieder zurückziehen könne. Eine solche Entwicklung könnte eine
Eigendynamik erhalten, durch die China in einen Krieg gezogen würde, der für die gesamte
Region katastrophal wäre.
Taiwans Börse reagiert auf die Drohungen aus der Volksrepublik China mit einem deutlichen
Kursrutsch. Die Regierung setzte erstmals einen Sonderfonds ein, um durch Käufe den
TAIEX-Index zu stützen. Er konnte dadurch die Verluste, die im frühen Handel bei 4,51
Prozent lagen, wieder aufholen. Zum Handelsschluss lag er um 0,49 Prozent über dem
Vortageskurs.
akr/kjf