Die Beiträge hier zeigen, daß der kalte Krieg noch lange nicht vorbei ist.
Zur Versachlichung will ich hier mal ein paar historische Fakten zusammentragen:
1.: Ausgangspunkt der Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg war auf Berlin bezogen der Viermächtestatus, wonach Berlin GEMEINSAM zu verwalten war. Es war keineswegs vergessen worden, den Zugang zu den Westzonen durch die sowjetische Besatzungszone zu regeln - für den Luftkorridor gab es eine sehr detaillierte Regelung. An einer konkreten Regelung für den Landweg hingegen war der Westen gar nicht interessiert, solange er erkennen konnte, daß der ungehinderte Zugang auf Goodwill-Basis seitens des Ostens möglich war, ohne dafür irgendwelche Zugeständnisse machen zu müssen und ohne einen vertraglichen Beitrag zu der dafür erforderlichen Infrastruktur zu leisten.
Es war der WESTEN, der den Viermächtestatus verletzte, indem er begann, ohne Einbeziehung der Sowjets eine Trizone zu bilden, in dieser eigene Süppchen zu kochen und schließlich im Zuge der westlichen Abspaltungspolitik (gegen die Interessen und Stimme der vierten Siegermacht) im Westen Deutschlands und Berlins eine Währungsreform durchzuführen, die die Ostseite ausschloß. Die Reaktion auf die Verletzung des Viermächtestatus war, daß der Osten sämtliche einseitigen Zugeständnisse gegenüber dem Westen, zu denen es keine vertragliche Verpflichtung gab, stornierte ? Ergebnis: die Blockade Westberlins. Der Westen, beantwortete dies mit Säbelrasseln, indem er Panzer an den Granzen auffahren ließ. Dennoch verlief die Blockade ohne Anwendung von Waffengewalt. Die vertraglichen Verpflichtungen bezüglich des Luftkorridors wurden von der östlichen Seite zu keinem Zeitpunkt verletzt, der ungehinderte Zugang zu Westberlin war auf diesem Weg ungehindert möglich. Natürlich erkannte Stalin die Vorteile der Situation der Gestalt, daß der Westen einen ungeheuer großen Teil seiner Luftstreitkräfte dadurch in Europa band, so daß in Südostasien erst mal eine Verschnaufpause entstand.
2.: Die Spaltung Deutschlands und Europas wurde nicht vom Osten betrieben, sondern eindeutig vom WESTEN. Seitens des Ostens gab es insgesamt 3 Angebote eines Staatsvertrages für Deutschland (den letzten im Jahr 1953, also bereits nach Gründung der BRD und deren Anschluß an den Westen) analog Österreich. Diese Angebote wurden seitens des Westens ohne Diskussion und Prüfung jeweils ausgeschlagen. Während die östliche Doktrin (traditionell) auf die Schaffung entmilitarisierter Pufferzonen zielte, strebte der Westen klare Fronten an, von denen er sich im Fall der Fälle aufgrund seiner damaligen atomaren und Luftüberlegenheit strategische Vorteile versprach (die ?Vorneverteidigung? und die Erstschlagfähigkeit wurden seitens des Westens bis zum heutigen Tag nie in Frage gestellt, während der Osten einseitig den Verzicht auf den Ersteinsatz von ABC-Waffen erklärt hatte). Die Gründung der westlichen Militärbündnisse waren keine Antwort auf die Entwicklung im Osten, sondern kamen zeitlich VOR der Gründung des Warschauer Paktes. Anträge der Sowjetunion auf Aufnahme in die NATO wurden ohne Diskussion möglicher Bedingungen a priori kategorisch abgelehnt. Von Anfang an ließ der Westen keinen Zweifel am eigentlichen Zweck des Militärbündnisses aufkommen ? es war gegen die Sowjetunion gerichtet. Die Festschreibung von Gebietsansprüchen der (ebenfalls vor der DDR gegründeten) BRD im Grundgesetz gegen Polen und die Sowjetunion in den von den Siegermächten festgeschriebenen Grenzen nach 1945 war in diesem Zusammenhang nur noch das Tüpfelchen auf dem i. Der Westen dokumentierte damit, daß er an den 1945 abgesteckten Grenzen nicht Halt machen wollte.
3.: Mit dem Schutz von ?Menschenrechten? und ?Demokratie? hatte die NATO zu keinem Zeitpunkt irgend etwas am Hut: In den USA herrschte zu dieser Zeit in den meisten Bundesstaaten ein Apartheidsystem, das mit dem in Südafrika durchaus vergleichbar war. Die NATO unterstützte und stabilisierte von Anfang an das faschistische Regime in Spanien. England war in blutige Kolonialkriege verwickelt, Frankreich hatte seinen Algerienkrieg noch vor sich. In Griechenland wurde später durch Intervention der NATO-Geheimdienste eine Militärdiktatur an die Macht gebracht und die Obristen als NATO-Mitglieder ausdrücklich begrüßt, ebenso war die ?P2?-Loge in Italien ein Produkt der NATO-Politik, aus der nun die Regierung Berlusconi hervorgegangen ist, auch die Pogrome gegen die kurdischen Minderheiten im Mitgliedsstaat Türkei halten bis heute an... (von Südostasien, Lateinamerika und dem südlichen Afrika wollen wir mal gar nicht reden). ? Einziger gemeinsamer Nenner waren das Wirtschaftssystem und dessen (notfalls gewaltsame) Ausbreitung und der gemeinsame Feind Sowjetunion. Nach dem Zerfall des Warschauer Paktes und der Sowjetunion hat sich die NATO nicht etwa ebenfalls aufgelöst, sondern ist nun unverhohlen auf Expansion aus, hat ihre Militärausgaben noch erheblich gesteigert und führt nun unter brutaler Verletzung internationalen Völkerrechts Angriffskriege in der ganzen Welt.
4.: Hingegen waren die Mauer in Berlin sowie die Schüsse an der Mauer ohne wenn und aber ein DDR-Produkt. Sie wurde weder vom Westen aufgenötigt (lächerlich), noch war sie erforderlich, um einen Militärschlag o.ä. aus dem Westen zu verhindern (ebenfalls lächerlich). Der Westen hat die Mauer lediglich hingenommen (woraus ich keinen Vorwurf ableite ? hätten die etwa schießen sollen?). Auch von der Sowjetunion wurde die Mauer dem DDR-Regime NICHT aufgenötigt. Tschechien und Ungarn zeigten, daß es durchaus auch weniger brutale Gestaltungsmöglichkeiten gegeben hätte. Richtig ist, daß die DDR-Regierung verhindern wollte, daß Menschen, die in der DDR auf Kosten des Staates ausgebildet worden waren, nun in den Westen gelockt wurden. Somit tragen die damaligen Regierungsparteien der DDR die ALLEINIGE Verantwortung für die Mauer und die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen, und die SED als Gestalterin die HAUPTVERANTWORTUNG.
5.: Die ?Zwangsvereinigung? von SPD und KPD ist sicher differenziert zu betrachten: Unbestritten ist, daß hier Druck durch die Sowjetunion und die von ihr gestützte KPD ausgeübt wurde, insoweit ist der Begriff korrekt. Richtig ist aber auch, daß es viele Stimmen in der SPD gab, die so einen Schritt ausdrücklich wünschten, als Lehre aus der Vergangenheit, in der die Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit beider Parteien letztlich den Nazis an die Macht geholfen hatte. Richtig ist weiter, daß namentlich in den Reihen der SPD-Funktionäre die Zustimmung außerordentlich groß war, wenn auch überwiegend aus opportunistischen Motiven heraus (das ist aber durchaus kennzeichnend für diese Partei). Ob es im Osten innerhalb der SPD an der Basis eine Mehrheit gegeben hätte, wurde nie geklärt. Eine Abstimmung wurde (im gemeinsamen Interesse der Parteiführung und der KPD) verhindert.
Mein Fazit (stark verkürzt):
1.: Der kalte Krieg geht eindeutig auf das Konto des Westens.
2.: Die Menschenrechtsverletzungen in der DDR und ?die Mauer? gehen ohne wenn und aber auf das Konto der DDR-Regierungen und damit hauptverantwortlich auf das Konto der SED.
3.: Die Nachfolgeparteien der damaligen ?Blockflöten? sollten sich in diesem Zusammenhang nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Niemand hat sie genötigt, aktiv mitzumachen und die Vorteile von Kaviar und Sekt zu genießen.
4.: Die SPD sollte im eigenen Interesse nicht (wieder einmal) versuchen, die eigene Parteigeschichte umzuschreiben, sondern sollte sich ihrerseits sehr kritisch damit auseinandersetzen. Dazu gehört die Nicht-Zusammenarbeit der Linken in der Weimarer Republik und deren Folgen ebenso wie die Rolle von SPD-Funktionären beim Aufgehen der Ost-SPD in der SED.
5.: Wer heute innerhalb der PDS mauert (?nur keine Zugeständnisse?) schadet seiner Partei sicher genauso wie solche (z.B. Gregor Gysi), die meinen, man könne sich der SED-Vergangenheit dadurch entledigen, daß man blanko die neue Geschichtsschreibung der SPD, wie wir sie in der Präambel der Berlin-Koalition nun vorfinden, unterschreibt.
6.: An die Adresse von SPD und PDS sei daran erinnert: Wer die Vergangenheit vergißt (oder verdrängt oder fälscht), ist dazu verdammt sie zu wiederholen.
Das war jetzt wieder seeehr lange, geb ich ja zu, aber ich meine, dem Ernst des Themas angemessen.
Gruß, Bronco