WANN KOMMT DAS ENDE DER BAISSE?

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Pichel:

WANN KOMMT DAS ENDE DER BAISSE?

 
12.07.02 16:01
AKTIENSERVICE-SPEZIAL -

 Liebe Leserinnen und Leser,

 in diesem Editorial wollen wir uns nicht mit den juengsten US-
 Konjunkturdaten oder mit den taeglich neu in den Markt kommenden
 Bilanzskandalen befassen. Wir bewerten ebenfalls nicht die Be-
 deutung der minimalen Anhebung der Gewinn- und Umsatzprognosen
 von DELL Computer. In diesem Editorial wollen wir uns unter Be-
 ruecksichtigung aller relevanten Faktoren ganz der Frage widmen,
 wann das Ende der Baisse kommt:


"DIE BESTEN FALLEN ZUM SCHLUSS"

 Die SAP-Aktie fiel nach einer zumindest dem Zeitpunkt nach
 ueberraschenden Umsatz- und Gewinnwarnung am Donnerstag zeitwei-
 se um 20% auf 70/75 Euro. Die alte Boersenweisheit "Die Besten
 (SAP) fallen zum Schluss" ist hierbei ausserordentlich passend,
 denn SAP konnte sich ueber 1,5 Jahre hinweg als stabilster Soft-
 warewert etablieren, waehrend die Konkurrenz in der gleichen
 Zeit 5 oder 6 Gewinnwarnungen praesentierte. Doch zu erwarten,
 dass sich SAP voellig von der IT-Rezession abkoppeln koenne, war
 wohl etwas illusionaer.

 "Die Besten fallen zum Schluss" - liebe Leserinnen und Leser, zu
 den Besten gehoerten ehemals auch ALLIANZ, MUENCHNER RUECK oder
 MLP. Sie alle fielen - und zwar staerker, als sich dies der
 Markt jemals haette vorstellen koennen, uns eingeschlossen.

 In den USA notieren solche Top-Unternehmen wie Philip Morris mit
 einem KGV von 8 - darf es noch etwas weniger sein? Die weltweit
 am besten und sehr aussichtsreich positionierte CITIGROUP muss
 enorme Kursverluste verkraften.

 Im Neuen Markt notiert QIAGEN, lange der ultimative Vorzeigewert,
 auf einem Kursniveau, das nur noch geringfuegig ueber der Erstno-
 tiz in 1998 liegt - obwohl sich die Fundamentals ungeachtet der
 juengsten Gewinnwarnung seit damals signifikant verbessert haben.


"JETZT WERDEN AUCH DIE HEILIGEN KUEHE GESCHLACHTET"

 Mittlerweile kommen auch die Konsumwerte deutlich zurueck. Nestle
 hat sich seit Mai deutlich ermaessigt, zurueck kam auch L'Oreal,
 Ahold brach regelrecht ein und Carrefour verlor in wenigen Tagen
 von 55 auf 47 Euro. GENERAL MOTORS notiert nur 5 Dollar ueber dem
 Tiefstkurs vom 11. September, obwohl die schrecklichen Konjunk-
 turszenarien, die damals befuerchtet werden mussten, ueberhaupt
 nicht eingetreten sind!


BAISSE AUF DER ZIELGERADEN:

 Liebe Leserinnen und Leser, wenn auch die letzten heiligen Kuehe
 geschlachtet werden und die Besten fallen, dann kann das Ende der
 Baisse nicht mehr weit sein - das hat die Vergangenheit gezeigt,
 Konjunktur und Vertrauensschwund hin oder her. NASDAQ und S&P no-
 tieren auf dem tiefsten Stand seit 5 Jahren und der DAX hat sich
 seit seinem Hoechstkurs halbiert - auch die Uebertreibung der Ab-
 waertsbewegung ist irgendwann uebertrieben und dreht, sowie die
 Aufwaertsuebertreibung im Maerz 2000 stoppte und sich ins Gegen-
 teil umkehrte.


PORTFOLIO-STRATEGIE - KEIN NEUER BOOM!

 Dass das Ende der Baisse moeglicherweise unmittelbar bevorsteht,
 darf jedoch vom Anleger nicht dahingehend interpretiert werden,
 dass nun wieder ein neuer Aktienboom kommt - diese Zeiten sind
 zunaechst vorbei. Wir koennen allenfalls eine Stabilisierung oder
 bestenfalls einen leichten Aufwaertstrend erwarten.

 So ist die Rezessionsbewegung noch nicht voellig ueberwunden, zu-
 dem gibt es hinsichtlich der makrooekonomischen Fundamentaldaten
 noch erhebliche Risikofaktoren. Am Ende bisheriger Aktienmarkt-
 baissen standen meist hohe Zinsen und geringe Verschuldungsquo-
 ten. Jetzt haben wir extrem niedrige Zinsen und nochmals gestie-
 gene Verschuldungsquoten - sowohl bei den Unternehmen als auch
 bei den Verbrauchern.

 Zudem sind in Zeiten schwacher Dollarkurse kaum grosse Spruenge
 an den Aktienmaerkten zu erwarten, ebenso eine historische Korre-
 lation. Also - wir werden keinen neuen Boom sehen. Weder in der
 Konjunktur, noch bei den Gewinnen der Unternehmen (die muessen
 erst mal ihre Schulden abtragen), noch beim Verbraucher (denn der
 Konsum blieb stabil, der Verbraucher mit jetzt historisch hoher
 Verschuldung war nie das Problem).

 Was wir jetzt jedoch sehen koennen, ist eine Stabilisierung des
 Aktienmarktes. Die Risiken sind eingepreist, die gigantische Ue-
 berkapazitaet im Technologiesektor baut sich durch die Unterneh-
 menspleiten und Zwangsuebernahmen & Verschlankungen zunehmend ab,
 die utopischen Fundamentalbewertungen sind auf ein ertraegliches
 Mass geschrumpft (bspw. IT-, Biotech, oder Internetwerte). Der
 Dollar ist stark gefallen, er kann zwar noch weiter absacken, das
 erste Momentum ist jedoch vorueber und sentimentstechnisch es-
 komptiert.

 Auch dass der US-Haushalt wohl bis 2008 negativ bleiben wird,
 duerfte sich nun adaequat in den Anlageentscheidungen niederge-
 schlagen haben. Die letzten Crash-Monate duerften zudem auch die
 letzten Anleger, die im Portfolio noch einen zu hohen Aktienan-
 teil fuehren, zu einer Bereinigung in Form einer hoeheren Anlei-
 hengewichtung bewogen haben, so dass auch von dieser Seite der
 groesste Verkaufsdruck bereits gelaufen sein duerfte.

 Erkannt und adaequat nachgebildet duerfte auch der vorherrschende
 Trend der naechsten 30 Jahre worden sein - dass sich naemlich die
 Kapitalstroeme zunehmend in die Emerging Markets verlagern.

 Auch dass bei den US-Werten in Bezug auf die Bilanzierungsprakti-
 ken noch genuegend Kroeten vom Himmel fallen werden, duerfte be-
 kannt sein. Kein Wunder uebrigens, kamen ab 1997 doch die exzes-
 siven Aktienoptionsprogramme in Mode, bei denen die Manager nach
 Kursentwicklung verguetet werden. Hier liegt nicht nur die Moti-
 vation nahe, den Aktienkurs durch gute Leistung zu foerdern, son-
 dern auch durch entsprechende Bilanzkosmetik.

 Oftmals ist es so, liebe Leserinnen und Leser, wenn man denkt -
 oh Gott, was kommt da auf uns zu - dann ist das Schlimmste meist
 schon vorueber. Erinnern wir uns an die Asienkrise, als sie vom
 Grossteil der Boersianer richtig erkannt wurde, war das Schlimm-
 ste auch schon ueberstanden und die Kurse begannen wieder, nach
 oben abzudrehen. Eine aehnliche Situation sehen wir auch jetzt!

 Als Praesident Bush am Dienstag seine Grundsatzrede zu den frag-
 wuerdigen Bilanzierungspraktiken hielt, wurde den Anlegern erst
 so richtig bewusst, wie ernst die Lage ist. Entsprechend schoss
 die Boerse am Dienstag und Mittwoch nach unten. Aber liebe Leser-
 innen und Leser, dass der Praesident diese Grundsatzrede hielt -
 inwiefern politisch motiviert, sei dahin gestellt - zeigt auch,
 dass der Ernst der Lage vollstaendig erkannt wurde.

 Kurzum - wir koennen uns gut vorstellen - dass die geschilderten
 Risikofaktoren, zu denen in nicht geringem Ausmass auch die er-
 hoehte Terrorgefahr und die latente Angst davor zaehlt - nun im
 Rahmen der groessten Vertrauenskrise an der Wall Street seit 30
 Jahren allesamt gebuehrend eskomptiert sind.


UNSERE GRUNDTHESE FUER DIE NAECHSTEN 3 JAHRE

 Die Volatilitaet wird in den naechsten Jahren deutlich hoeher
 sein als der Trend. So rechnen wir in den naechsten Jahren mit
 Index-Bewegungen von vielleicht 6-10% p.a., die jaehrliche
 Schwankungsbreite duerfte jedoch durchaus bei 20-25% liegen.
 Dies muessen Aktienanleger in ihrer Strategie beruecksichtigen.

 Entweder muss der Anleger viel groessere Stopp-Loss-Spielraeume
 beherzigen - was das Risiko von aus dem Ruder laufenden Verlus-
 ten erhoeht - oder er muss flexibler agieren, d.h. kurzfristiger
 handeln. Beachten Sie hierbei jedoch bitte, dass mit kurzfris-
 tigem Handeln nicht nur die Kaufseite gemeint ist, sondern auch
 die Gewinnrealisation!

 Da wir glauben, dass viele Anleger mit dem risikoeffizienten
 Management ihrer Transaktionen/Trades (Stopp-Loss zur Gewinnsi-
 cherung nachziehen, Gewinnrealisation etc.) Schwierigkeiten ha-
 ben, entwickelten wir die Rubrik "Empfehlungscheck" zum "Trade-
 Manager" (Menuepunkt 3) weiter. So geben wir in Zukunft unter
 dieser Rubrik nicht nur die Performance der vergangenen Empfeh-
 lungen dieses Newsletters an, sondern fuehren ein aktives Tra-
 de-Management durch, was Gewinnrealisiationen und aktives Mana-
 gement der Stopp-Loss-Limits mit einschliesst, sowie gegebenen-
 falls eine Revidierung der bisherigen Einschaetzung.

 Eine andere klassische Moeglichkeit zur Risikobegrenzung bei
 gleichzeitiger Wahrnehmung der Chancen an den Aktienmaerkten
 besteht darin, 90% des zur Verfuegung stehenden Anlagekapitals
 in festverzinsliche Wertpapiere anzulegen - und mit den restli-
 chen 10% flexibel und restriktiv mit Derivaten wie bspw. Op-
 tionsscheinen oder CFDs zu handeln.

 Und bitte, liebe Leserinnen und Leser, beruecksichtigen Sie
 die "Buy and Hold-Strategie" mit deren Verfechter Andre
 Kostolany gestorben ist. Welcher Kostolany-Grundsatz dementge-
 gen ewig weiterleben wird, ist "Warten Sie bis die Strassen vol-
 ler Blut sind. Warten Sie noch ein wenig laenger. Schlagen Sie
 dann zu."

 Nun, liebe Leserinnen und Leser, bei einem halbierten DAX, ei-
 ner SAP auf Fuenfjahrestief, einer PHILLIP MORRIS mit einem KGV
 von 8 oder einer MUENCHENER RUECK, bei der das operative Rueck-
 versicherungsgeschaeft fuer weniger als 15 Euro erworben werden
 kann (Rest ist durch Beteiligungsportfolio und Immobilienbesitz
 abgedeckt) liegt uns genug Blut auf den Strassen.


Gruß Pichel
WANN KOMMT DAS ENDE DER BAISSE? 718716
vega2000:

Erklärungsnotstand

 
12.07.02 16:06
Tja, was soll man in schlechten Börsenzeiten auch schreiben ? Klingt ein bischen wie das Rufen im Walde, -mal sehen, ob es gehört wird.
WANN KOMMT DAS ENDE DER BAISSE? 718723
BRAD PIT:

Das Ende kommt mit der Hausse o.T.

 
12.07.02 16:10
Thomastrada.:

Ich geh' jetzt nach Hausse,

 
12.07.02 16:40
soll ich sie zu euch schicken? ;-)

Gruß,
T.
Pichel:

Die Apokalypse

 
12.07.02 17:29
Die Apokalypse
  ++ Sturmangriff ++
Von Bernd Niquet
Ich hoffe nur, dass sich aus diesem Treffen keine Schlüsse für die Börsenentwicklung der kommenden Zeit ziehen lassen. Da saß ich am vergangenen Mittwoch mit dem Volkswirt einer feinen, kleinen Privatbank zum Essen zusammen und habe mir ein ganz dunkles Szenario über die vor uns liegenden Börsenjahre angehört: Demnach wird es noch einmal drei Viertel vom jetzigen Niveau nach unten gehen, und das Übel könnte zudem mindestens noch zehn Jahre andauern.

Drei Viertel, wie gesagt. Jedoch nicht drei Viertel Wein getrunken, sondern 75 Prozent Kursverlust zu erwarten! Und währenddessen strahlte die Sonne unvermindert vom Himmel, das Thermometer zeigte 35 Grad im Schatten und es war noch sehr leer auf der Terrasse des Lokals, in dem wir saßen. Dann kamen die ersten Gäste und Zeichen von Dekadenz machten sich breit: dicke Zigarren auf einer Terrasse mitten im schönen Wald.

Langsam bewölkte sich der Himmel, doch keiner der Gäste blickte nach oben. Erst als die Technik eingeschaltet wurde, ein erlösender Blick gen Himmel. Die Markise rollt elektrisch betrieben aus: Jetzt kann tatsächlich nichts mehr passieren! Erste leichte Tropfen fallen vom Himmel und treffen diejenigen, die ganz am Rand sitzen. Ich werde unruhig und dränge zum Aufbruch.

Der Wind lässt wieder nach. Alles wird also gut bleiben. Doch plötzlich war es wie ein Angriff durch eine Schneise im Wald. Es grollt und auf einmal wirbelt alles unvermittelt durcheinander. Die Gläser sind voll mit Nadeln von den Bäumen, Kienäpfel fliegen wie Geschosse durch die Gegend, und die Menschen stürzen durcheinander. Draußen sieht es aus wie im Krieg und die Straßen sind, wenn überhaupt noch, so nur in Schlangenlinien befahrbar, um den umgestürzten Bäumen auszuweichen. Und wieder sind keine drei Viertel getrunkenen Weins beteiligt.

Eine große Anlegerzeitschrift titelt in dieser Woche "Gewinne ohne Risiko". Die Baisse wird also mit Sicherheit noch andauern. Sharper.de stellt seinen Betrieb per sofort an. Die Baisse wird also mit Sicherheit noch andauern. Denn kritische Berichterstattung scheint nicht finanzierbar zu sein. Standard & Poors wirft alle ausländischen Titel aus dem S&P 500 Index. Die Baisse wird also mit Sicherheit noch andauern. Haben die Ausländer etwa zu viel Bilanzwahrheit präsentiert?

In der "Welt" finde ich eine halbseitige Todesanzeige von Joachim Egon Fürst zu Fürstenberg, Landgraf in der Baar und zu Stühlingen, Graf zu Heiligenberg und Werdenberg, Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, Träger des Großkreuzes und der Ehrenbailli des Souveränen Malteser Ritterordens ... Meine Güte, wäre es schön gewesen, wenn der Traum der zunehmenden Gleichheit tatsächlich durch die Aktienhausse wenigstens ein Stück weit befördert worden wäre.

Doch ebenfalls in der "Welt" finde ich dann eine Aufstellung der Performance der "besten" Aktienfonds mit deutschen Blue-Chips in diesem Jahr. Gewinner ist der DWS Select-Invest, und die Zeitung schreibt: "So kann Investa-Manager Gebhardt mit dem ebenfalls von ihm gesteuerten DWS Select Invest erstaunliche (!) Erfolge (!) aufweisen. Dieser Fonds belegt derzeit mit einem Minus von lediglich (!) 6,5 Prozent die Spitzenposition (!) unter den auf deutsche Blue-Chips ausgerichteten Fonds."

Die (!) sind natürlich von mir. Die Baisse wird also mit Sicherheit noch andauern. Im Moment fressen die Anleger nämlich anscheinend noch jede Frechheit. Das heißt allerdings konkret: Hier wird dumpf gewartet wie beim Vieh vor der Schlachtung, hier ist jedoch noch nicht einmal in Ansätzen reflektiert und kapituliert worden.


ACHTUNG: Überall wird gegenwärtig die These heiß diskutiert, dass Alan Greenspan stützend in die Aktienmärkte eingreift. Bernd Niquets Buch "Der Zauberberg des Geldes" hat genau dies zum Thema


Gruß Pichel
WANN KOMMT DAS ENDE DER BAISSE? 718800
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