"Wahre Freunde sind keine Speichellecker"

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Brummer:

"Wahre Freunde sind keine Speichellecker"

 
16.02.02 02:42
Der verbale Schlagabtausch über den Atlantik geht weiter. US-Außenminister Colin Powell rüffelte seinen Freund, den EU-Außenkommissar Chris Patten, wegen dessen Kritik an angeblichen amerikanischen Angriffsplänen auf den Irak. Nun schlägt Patten zurück - natürlich in aller Freundschaft.
 
London - Der EU-Außenkommissar hat die USA erneut vor Alleingängen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus gewarnt. Gegenüber der "Financial Times" sagte Patten: "Der verblüffende und überraschend schnelle Erfolg der Militärkampagne in Afghanistan ehrt die amerikanische Leitungsfähigkeit, aber es wurden vielleicht einige gefährliche Instinkte verstärkt: Dass die Anwendung militärischer Macht die einzige Grundlage für wahre Sicherheit ist; dass die USA sich auf niemand außer sich selbst verlassen können; und dass Verbündete als auf Wunsch erhältliche Extras nützlich sein können."
Er wolle den Erfolg der USA in Afghanistan keinesfalls schmälern, sagte Patten. Es gelte jedoch die US-Regierung vor einem schweren Fehler zu bewahren. "Ich hoffe, dass sich diese Instinkte nicht durchsetzen, weil ich sie für sehr fehlgeleitet halte. Wahre Freunde sind keine Speichellecker", erklärte Patten. "Diejenigen unter uns, die sich über gewisse Entwicklungen in der US-Politik sorgen, haben die Pflicht, sich zu äußern."

Die Kritik der Europäer an der USA reißt nicht ab, seit US-Präsident George W. Bush die drei Staaten Iran, Irak und Nordkorea als "Achse des Bösen" bezeichnet hat. Während der Woche waren außerdem Spekulationen aufgekommen, die USA planten den Irak noch in diesem Jahr anzugreifen.

Doch die US-Regierung ist nicht nur mit Kritik von jenseits dem Atlantik konfrontiert. Auch der kanadische Außenminister Bill Graham krittelte an den Plänen der USA herum. Es müsse nach den Spielregeln der internationalen Politik einen guten Grund dafür geben, einen souveränen Staat anzugreifen. Alles andere wäre Chaos.

US-Außenminister Colin Powell versucht seit Tagen die europäischen Kritiker zu beschwichtigen. Er hielt ihnen jedoch vor, sie hätten einen "vernebelten Blick" in der Beurteilung des amerikanischen Präsidenten. Bevor Bush entscheide, den irakischen Präsidenten Saddam Hussein zu stürzen, würden die Verbündeten konsultiert. Gleichzeitig sagte er, die USA hielten sich die Option offen, einen Militärschlag gegen den Irak auch allein zu führen.

Auch Bushs nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice macht indirekt klar, dass sich die USA nicht sonderlich von außen reinreden lassen wollen. Auf die Kritik des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der derzeit keinen Grund sieht, den Krieg gegen den internationalen Terrorismus auf andere Länder als Afghanistan auszudehnen, ging Rice vor Journalisten in Washington gar nicht erst ein. Das einzig Interessante, so Rice, sei die Tatsache, dass die Bush-Regierung bisher offiziell von Putin keine Kritik an den amerikanischen Erwägungen vernommen habe. In ihrem Büro pfiff sie Reporter der Nachrichtenagentur AP sogar an, sich doch bitteschön nicht in Analysen über alles und jeden zu ergehen.

Quelle: spiegel.de
Brummer:

Die Uno muss handeln - nicht die USA

 
16.02.02 02:49
Die Einigkeit zwischen dem russischen Präsidenten Putin und dem amerikanischen Präsidenten Bush scheint zu schwinden
 
Moskau - Auf dem Weg zu einer "neuen globalen Verfassung, befreit von den Stereotypen des Kalten Kriegs und von den Ängsten realer Bedrohungen" müssten alle Kräfte gegen die realen Gefahren vereint werden, sagte Putin am Freitag bei einem Treffen mit dem kanadischen Premier Jean Chrétien in Moskau.
Zugleich forderte Putin von der internationalen Gemeinschaft eine Abstimmung bei den Maßnahmen gegen den Terrorismus. "Dies sollte aber auch geschehen mit Blick auf die Staaten, die jetzt auf der Liste so genannter Ausgestoßener stehen", sagte Putin mit Hinweis auf die von US-Präsident George W. Bush geächteten Länder der "Achse des Bösen". "Wir können gewisse Differenzen mit den Regierungen dieser Staaten haben, aber dies ist kein Grund, diese Differenzen auch auf die Völker dieser Staaten zu übertragen."

In Moskau bereitete sich unterdessen nach Informationen der Agentur Interfax eine Expertengruppe der russischen Regierung zum Abflug nach Kuba vor. Sie sollen auf dem US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba die Personalien von zwei russischen Staatsbürgern überprüfen, die sich unter den dort inhaftierten Taliban-Kämpfern aus Afghanistan befinden.

Quelle: spiegel.de
Brummer:

Die Wut der Freunde wächst

 
16.02.02 03:34
Die mögliche Ausweitung des Anti-Terror-Feldzugs auf den Irak erzürnt nicht nur die West-Europäer. Nun hat der russische Außenminister Igor Iwanow US-Präsident George W. Bush vor einem Bruch des Völkerrechts gewarnt.

Hamburg - Seit sicher zu sein scheint, dass die USA planen, noch in diesem Jahr einen massiven Angriff auf den Irak zu führen mit dem Ziel, Saddam Hussein zu stürzen, wird die Liste der US-Kritiker immer länger. Nach den Anschlägen vom 11. September wetteiferten die europäischen Regierungen darin, wer sich mit dem Vorgehen der Amerikaner solidarischer zeigen würde.
Nun, nach dem schnellen Erfolg in Afghanistan, mehren sich die Stimmen, die von einer Ausweitung des "Feldzuges gegen den Terror" warnen. Zunächst mahnte Javier Solana, EU-Koordinator für die Außenpolitik, an, die US-Regierung solle nicht einem "globalen Unilateralismus" verfallen. Die Supermacht solle nicht alle Probleme auf der Welt allein lösen wollen.

Der bisher als einer der Getreuesten unter den Getreuen der USA in Erscheinung getretene deutsche Außenminister Joschka Fischer wagte, die Bush-Regierung leise zu kritisieren: Iran, den Irak und Nordkorea als "Achse des Bösen" zu bezeichnen, sei nicht die "Art, wie wir Politik anlegen", sagte Fischer.

Im Laufe der Woche arbeiteten die Europäer zunehmend an ihrem neu gewonnenen Selbstvertrauen. Zuletzt verstärkte EU-Außenkommissar Chris Patten seine Kritik am außenpolitischen Kurs der US-Regierung. Die derzeitige Neigung der USA, sich zu isolieren und einsame Entscheidungen ohne Absprache mit ihren Verbündeten zu treffen, sei "gefährlich", "ineffektiv" und "völlig fehlgeleitet".

Und auch aus Moskau wogten die Warnungen es immer kräftiger gen Washington: Der russische Außenminister Igor Iwanow kritisierte Bushs Begriff von der "Achse des Bösen" als "Erbe des Kalten Kriegs". "Jede Aktion gegen Terroristen muss auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen stehen", sagte Iwanow der französischen Tageszeitung "Le Figaro".

Jede Einzelaktion eines Landes gegen den Terror würde die gemeinsamen Bemühungen zunichte machen, sagte der Politiker, der am Freitag in Paris mit Außenminister Hubert Védrine zusammentraf. Zur russischen Reaktion auf einen eventuellen amerikanischen Militärschlag gegen den Irak meinte Iwanow, dass Afghanistan nicht als "systematischer Präzedenzfall" dienen dürfe.

Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin das Szenario eines US-Angriffs auf den Irak kritisiert. Bei einem Treffen mit dem kanadischen Premier Jean Chrétien in Moskau sagte Putin, der Kampf gegen den internationalen Terror müsse in Zukunft unter der Schirmherrschaft der Uno, nicht der USA stattfinden.

Auch der kanadische Außenminister Bill Graham krittelte an den Plänen der USA herum. Es müsse nach den Spielregeln der internationalen Politik einen guten Grund dafür geben, einen souveränen Staat anzugreifen. Alles andere wäre Chaos.

US-Außenminister Colin Powell war die Woche über vor allem damit beschäftigt, die Alliierten zu besänftigen und gleichzeitig die Position seines Präsidenten stark zu verteidigen. Er sagte zu, dass die befreundeten Staaten konsultiert würden, dass sich die USA jedoch alle Optionen offen halten werden. Einen Angriff auf den Irak würden sie auch im Alleingang machen, wenn sie es für nötig hielten.

Quelle: spiegel.de
Schnorrer:

Auch Fischer warnt:

 
16.02.02 14:53
Samstag 16. Februar 2002, 14:19 Uhr
Fischer warnt USA vor Angriff gegen Irak

Berlin (Reuters) - Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sowie weitere Spitzenpolitiker der Europäischen Union (EU) haben die USA erneut vor einem Angriff auf den Irak gewarnt.


Dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sagte Fischer in einem am Samstag vorab verbreiteten Bericht: "Mir hat
man bis jetzt keine Beweise präsentiert, dass der Terror des Osama bin Laden mit dem Regime im Irak zu tun hat." Die internationale Koalition gegen den Terror sei "für sich allein kein Freibrief für eine Invasion in irgendein Land - erst recht nicht im Alleingang." Auch der spanische Ministerpräsident und EU-Ratsvorsitzende Jose Maria Aznar ging auf Distanz zu den USA. Gegen so genannte Schurkenstaaten loszuschlagen, "von denen angeblich Gefahr ausgeht, ist nicht dasselbe wie Terrorismusbekämpfung", sagte er in einem "Spiegel"-Interview. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, August Hanning, sagte dem Magazin, er sehe keine Verbindung zwischen Irak und der El-Kaida-Organisation Bin Ladens.


US-Präsident George W. Bush hatte den Irak zusammen mit dem Iran und Nordkorea als "Achse des Bösen" bezeichnet und militärische Schritte nicht ausgeschlossen. Daraufhin hatten europäische Staaten, vor allem Frankreich, und auch Russland vor einem Alleingang und einem Angriff auf das Land gewarnt. US-Vizepräsident Dick Cheney sagte dazu am Freitag: "Wir reden nicht über absehbare, zukünftige Maßnahmen, doch ich meine, wenn ein aggressives Vorgehen erforderlich ist, kann ich erwarten, dass es die angemessene Unterstützung dafür sowohl vom amerikanischen Volk als auch von der internationalen Gemeinschaft gibt."


Der außenpolitische EU-Koordinator Javier Solana sagte der Zeitung "Bild am Sonntag", bei ihren nächsten Schritten sollten die USA "die Notwendigkeit, die breite internationale Anti-Terrorallianz aufrecht zu erhalten", im Auge behalten. Irak, Iran und Nordkorea als "Achse des Bösen" zu bezeichnen, sei "nicht unbedingt ein Ausdruck, den die Europäer gebrauchen würden".


Aznar sagte, im Kampf gegen den Terrorismus hätten die Europäer im Rahmen ihrer Möglichkeiten getan, "was wir tun mussten". Nun müsse man über "die neue Vision der amerikanischen Außenpolitik" diskutieren. "Wir erleben einen historischen Augenblick, da Europäer und Nordamerikaner ihr Bündnis neu abstimmen müssen."


Hanning sagte, für Nordkorea treffe der Aspekt Förderung des internationalen Terrorismus im Augenblick nicht zu. Auch Iran müsse man differenzierter sehen als die USA dies täten. Im Falle Iraks sei entscheidend, dass das Land endlich wieder Inspektionen der Vereinten Nationen zulasse. "Die bisherige fehlende Bereitschaft Saddams begründet zu Recht die Forderung der USA, zu wirkungsvollen Uno-Inspektionen zu kommen." Im Kampf gegen Terrorismus müsse man fort kommen vom traditionellen Bild einer staatlichen Unterstützung. "Wir sehen Finanzströme, die über religiöse und wohltätige Stiftungen direkt in terroristische Strukturen liefen."


Hanning warnte davor, aus der Ruhe nach der Anschlagserie vom 11. September zu folgern, dass die Bedrohung geringer geworden sei. "Ich sehe nach wie vor für uns eine Bedrohung, und wir sind gut beraten, uns darauf einzustellen", sagte der BND-Präsident. Bislang hätten zwischen den Anschlägen der El-Kaida immer bis zu zwei Jahren gelegen, die zur intensiven Vorbereitung genutzt worden seien.
ecki:

Zum Irak angreifen braucht es mindestens

 
16.02.02 19:54
4 Monate massiven Vorlauf und 200- 250000Mann starke Truppe. Und wieviel Geld?
Das ist bloss Säbelrasseln.
Schnorrer:

Die Hamburger für die Truppenverpflegung

 
16.02.02 19:59
und für die Navy sind schon ausgeliefert und ausgelagert. Brötchen natürlich auch. In über sechs Monaten. Seit November 2000 (!!!) bis Mitte letzten Jahres.
Brummer:

Bush erneuert Drohungen gegen Irak und Nordkorea

 
17.02.02 13:32
Trotz der anhaltenden Kritik aus Europa bleibt US-Präsident George W. Bush bei seiner harten Haltung im Kampf gegen den Terror. Vor seiner Asienreise wiederholte er seine Drohungen gegen die "Achse des Bösen" und sprach den Irak und Nordkorea direkt an.

Präsident Bush ließ bei einem Zwischenstopp auf dem Luftwaffenstützpunkt Elmendorf in Alaska keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit. Seine größte Sorge sei es, dass Staaten "mit einer dunklen Geschichte und einer hässlichen Vergangenheit" atomare, biologische oder chemische Waffen herstellen und verkaufen könnten. Damit spielte er direkt auf die beiden Länder Irak und Nordkorea an, die von den USA weiter verdächtigt werden, solche Massenvernichtungswaffen herzustellen.

Während seiner Rede in Alaska sprach Bush auch den Irak direkt an. "Leute, die etwas zu verbergen haben, machen uns nervös, besonders solche, die ihre eigenen Bürger vergast haben", sagte der US-Präsident in einer Anspielung auf den irakischen Präsidenten Saddam Hussein. Dieser hatte zuvor der amtlichen Nachrichtenagentur INA zufolge erklärt, sein Land wolle sich keine Massenvernichtungswaffen aneignen.

"Verteidigung unserer Freiheit"

Auch bei den Maßnahmen der USA gegen den ausgemachten Feind blieb Bush bei seiner Linie. "Natürlich wollen wir, dass sie ihr Verhalten ändern und wir werden weiter entsprechenden Druck auf sie ausüben", sagte Bush vor den Soldaten, die seine Rede immer wieder mit patriotischen "USA! USA!"-Chören unterbrachen. Auch über die Folgen ließ Bush keinen Zweifel aufkommen. "Aber wenn sie es nicht tun, werden die Vereinigten Staaten das tun, was zur Verteidigung unserer Freiheit notwendig ist", sagte Bush.

Bushs knapp einwöchige Reise führt ihn nach Japan, Südkorea und China. Zentrales Thema der Gespräche Bushs dürfte der von den USA propagierte Krieg gegen den Terrorismus sein. Im staatlichen südkoreanischen Rundfunk KBS sagte er, das Angebot zu einem Dialog sei von Nordkorea ausgeschlagen worden. "Ich glaube, das Haupthindernis ist, dass sie keinen Dialog wünschen".

URL: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,182868,00.html  
Brummer:

Rambo torpediert den Sonnenschein

 
18.02.02 12:33
Von Wieland Wagner

Mit seinen Drohungen gegen die vermeintlichen "Schurkenstaaten" Irak, Iran und Nordkorea hat US-Präsident George Bush viel Porzellan zerdeppert. Nicht nur in Japan, auch in Südkorea stößt das lautstarke Getöse über die "Achse des Bösen" auf Kopfschütteln.

Tokio - Je tiefer das Entsetzen, desto eisiger das Schweigen: Getreu dieser asiatischen Verhaltensregel reagierten die Regierungen in Japan und Südkorea auf die jüngste Rede von US-Präsident George W. Bush, in der dieser den Irak, Iran und Nordkorea als "Achse des Bösen" gebrandmarkt hatte. Unmittelbar vor seinem Ostasien-Besuch hätte der Amerikaner seine Gastgeber kaum schwerer schockieren können.

Zwar dürfte die Mehrheit der Südkoreaner die Einschätzung von Bush über den so genannten Schurkenstaat im Norden teilen: "Nordkorea ist ein Regime", rief Bush vor beiden Häusern des US-Kongresses aus, "das mit Raketen und Massenvernichtungs-Waffen bewaffnet ist, während es seine Bürger verhungern lässt".

Doch entsetzt sind die Südkoreaner vor allem, weil durch Bushs Äußerungen jener Staatsmann sein Gesicht verliert, der mit seiner so genannten Sonnenscheinpolitik die derzeit einzig denkbare friedliche Alternative zum Kalten Krieg verfolgt: Südkoreas Präsident und Friedensnobelpreisträger Kim Dae Jung.

Naive Politik

Gewiss, seit dem historischen Nord-Süd-Gipfel von Kim Dae Jung und dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Il im Juni 2000 in Pjöngjang ist auch in Südkorea längst wieder Ernüchterung eingezogen. Denn seinen versprochenen Gegenbesuch im Seoul machte der "liebe Führer" Kim Jong Il nicht wahr, und weitere Treffen von in Nord und Süd getrennten Familien stoppte er kaltblütig. Der Vorwand für den Rückfall in den Kalten Krieg wurde Pjöngjang jedoch von Bush höchst selbst geliefert: Denn anders als sein Vorgänger Bill Clinton machte der US-Präsident dem Nobelpreisträger Kim schon im Mai vergangenen Jahres klar, dass er dessen Sonnenscheinpolitik für reichlich naiv hält.

Mit seinem jüngsten Verbalangriff formulierte Bush daher nur die logische Schlussfolgerung seiner Nordkorea-Politik: Tatsächlich setzen die Kalten Krieger in Washington längst auf einen weniger versöhnlichen Nachfolger Kims nach den südkoreanischen Präsidentschaftswahlen im Dezember - so etwa den aussichtsreichen Kandidaten Lee Hoi Chang von der konservativen Opposition.

Angriff wenig wahrscheinlich

Allerdings wird selbst die Bush-Regierung - anders als im Falle Irak - kaum einen militärischen Angriff gegen das schwer bewaffnete Regime in Nordkorea riskieren. Die koreanische Halbinsel, in deren Südteil rund 37.000 US-Soldaten stationiert sind, bildet historisch ein Pulverfass im Verhältnis der rivalisierenden Großmächte Japan, China, Russland und eben den USA. Hinzu kommt: Washington braucht das stalinistische Regime in Pjöngjang auch weiterhin - und zwar vor allem als nützliches Feindbild, um etwa den geplanten Aufbau einer nationalen Raketenabwehr zu rechtfertigen.

Die Regierung von Präsident Kim Dae Jung befindet sich in einem Dilemma. Durch mehrere Korruptionsskandale ohnehin angeschlagen, scheut sich der sichtlich gealterte Ex-Dissident, der befreundeten Supermacht USA offen zu widersprechen. Nur Kim Geun Tae, ein möglicher Präsidentschafts-Kandidat der regierenden Demokratischen Millennium Partei (MDP) brachte den Mut auf, Bush offen zu kritisieren: "Die MDP und das Volk dieses Landes sind gegen Terrorismus, aber sie sind auch gegen einen neuen Kalten Krieg gegen den Norden oder jeglichen Krieg auf der koreanischen Halbinsel", rief Kim vor dem Parlament in Seoul aus.

Wenn Bush mit seiner umstrittenen Äußerung etwas bewirkt hat, dann vor allem dies: Er hat den latenten Anti-Amerikanismus in Südkorea nachhaltig belebt. So erinnerte der aufmüpfige Abgeordnete Kim die USA daran, dass sie die Militärdiktaturen in Südkorea stets unterstützt hätten, als das Volk dort für die Demokratie kämpfe. "Wir haben die schmerzvolle Vergangenheit noch nicht vergessen", schimpfte Kim.

Japanisches Kopfschütteln

Auch in Japan erntet Bush mit seinen jüngsten Tiraden gegen die so genannten Schurkenstaaten vor allem Kopfschütteln. Schon der von Bush bedenkenlos gebrauchte Begriff "Achse" rief bei geschichtsbewussten japanischen Kommentatoren sogleich böse Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg wach, als das japanische Kaiserreich gemeinsam mit den faschistischen "Achsenmächten" Deutschland und Italien gegen die USA kämpfte.

In einem Interview, das der japanische Fernsehsender NHK am Samstag ausstrahlte, zeigte sich Bush zwar grundsätzlich gesprächsbereit mit Nordkorea. Doch den politischen Schaden, den seine verbalen Attacken in Asien bereits verursacht haben, konnte er damit kaum mildern. So fürchtet Tokio, dass die USA mit ihren eigenmächtigen Vorstößen die sensible Machtbalance auf der koreanischen Halbinsel unnötig gefährden. Weil jegliche Instabilität auf der einst von Japan als Kolonie beherrschten koreanischen Halbinsel eine brisante Konfrontation mit China auslösen könnte, wünscht Japan dort den Status quo.

Daher unterstützen die Japaner die Sonnenschein-Politik von Kim Dae Jung, obwohl ihre Beziehungen zu dem stalinistischen Regime in Pjöngjang alles andere als freundlich sind: Im Sommer 1998 ließ Nordkoreas "lieber Führer" eine Rakete - das Geschoss wurde von Pjöngjang offiziell als Satellit bezeichnet - über Japan hinweg in den Pazifik. Tokio wirft dem "lieben Führer" überdies vor, etwa zehn Landsleute aus Japan nach Nordkorea entführt zu haben, um sie dort für geheimdienstliche Zwecke zu verwenden. Erst im Dezember versenkte die japanische Küstenwache ein Schiff, bei dem es sich angeblich um ein nordkoreanisches Spionageschiff gehandelt haben soll.

Dennoch will Tokio das unberechenbare Regime in Pjöngjang nicht unnötig reizen. Die Situation in Nordostasien sei "nicht so simpel, dass sie sich mit der "'Achse des Bösen' erklären lässt", verlautet aus dem japanischen Außenministerium. Und die liberale Tageszeitung "Asahi Shimbun" wirft dem US-Präsidenten in ihrem Leitartikel vom Samstag "Unbedachtheit" vor: Mit seinen Äußerungen erhöhe Bush die Spannungen in der Region.

Der defensive Gastgeber

Besonders ungehalten sind Nippons Strategen jedoch über Bushs Kritik am Iran. Gegenüber dem islamischen Staat beharrt das Land traditionell auf einer eigenständigen Linie, die sich von der sonst in Tokio geübten beflissenen Anlehnung an die einstige Besatzungsmacht USA unterscheidet: Das rohstoffarme Industrieland Japan behandelt seinen wichtigen Erdöl-Lieferanten Iran nicht als Schurkenstaat, sondern fast wie einen strategischen Partner.

Offene Widerworte braucht Bush vom japanischen Premier Junichiro Koizumi gleichwohl nicht zu befürchten. Denn der japanische Gastgeber ist gegenüber seinem amerikanischen Besucher in der Defensive: Der bislang glücklose Reformpolitiker muss Bush erklären, wie er Nippons rapide wirtschaftliche Talfahrt stoppen will. So fürchtet Washington nicht nur, dass der angeschlagene asiatische Wirtschaftsriese ein Chaos an den globalen Finanzmärkten auslösen könnte. Der wirtschaftliche Niedergang, so warnen führende Bush-Berater, bedrohe auch die Japan zugedachte strategische Rolle als regionales Bollwerk gegenüber der ungeliebten, aufsteigenden Großmacht China.

Die "Achse des Bösen" dürfte daher bei den Gesprächen zwischen Koizumi und Bush kaum für offenen Streit sorgen. Wie man asiatische Bedenken über die Wildwest-Rhetorik der Bush-Regierung in Washington abzubügeln gedenkt, demonstrierte US-Vizeaußenminister Richard Armitage in der abgelaufenen Woche. Auf kritische Nachfragen eines japanischen Oppositionsabgeordneten entgegnete der Amerikaner schlicht: Japan habe allen Grund, Bush für dessen Äußerungen "dankbar zu sein".

Quelle: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,druck-182978,00.html
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