Meinhard Miegel lässt an den Plänen der Koalition kein gutes Haar. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE schlägt der Wirtschaftsexperte eine Nullrunde für das Kabinett vor.
SPIEGEL ONLINE: CSU-Generalsekretär Thomas Goppel hat SPD und Grünen eine "bis ins Kleinste ausgeklügelte Abzocke" vorgeworfen. Wie bewerten Sie die Pläne der Regierung?
Meinhard Miegel: Das große Ziel der Bundesregierung war, durch ihre Politik Wachstumsimpulse auszulösen und die Beschäftigungslage zu verbessern. Das was jetzt beschlossen worden ist, ist ganz sicherlich nicht dazu geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Es ist eher ein Signal dafür, dass in den nächsten vier Jahren so weitergewurstelt werden soll wie in den vergangenen vier Jahren. Das kennen wir alle: Es wird weder besser noch schlechter, aber weitere vier Jahre werden vertan, um wichtige Reformen auf den Weg zu bringen.
SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie in dem Koalitionsprogramm Ansätze, die ein höheres Wirtschaftswachstum erwarten lassen?
Miegel: Nein. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Die Wirtschaft wird sich auf Grund dieser Maßnahmen nicht dynamischer entwickeln, als sie sich ohnehin entwickelt hätte. Ich kann nicht erkennen, warum jetzt irgendjemand in Deutschland zusätzlich investieren oder zusätzlich Arbeitsplätze schaffen sollte.
SPIEGEL ONLINE: Befürchten sie nun, dass das Wirtschaftswachstum zum Erliegen kommt?
Miegel: Das denke ich nicht. Wir haben momentan einen konjunkturellen Tiefpunkt erreicht. Das nächste Jahr wird sicher etwas besser aussehen als das laufende Jahr. Aber das Wachstum wird voraussichtlich nicht so dynamisch verlaufen, dass die öffentlichen Haushalte saniert, die sozialen Sicherungssysteme finanziert und die Beschäftigungslage verbessert werden können. Auch die Annahme, dass die Koalition in den kommenden Jahren tatsächlich die geplanten Mehreinnahmen verbuchen kann, halte ich für wenig realistisch.
SPIEGEL ONLINE: Wäre es nicht möglich, dass Superminister Clement das Ruder herumreißt?
Miegel: Ich vermag nicht zu beurteilen, was er im Hinterkopf hat. Das, was die Koalitionäre zu Papier gebracht haben, lässt allerdings nichts in dieser Richtung erwarten. Aber vielleicht bringt er ja Dinge auf den Weg, die bis jetzt noch nicht zu erkennen sind.
SPIEGEL ONLINE: Wird er sich an die Steinkohlesubventionen herantrauen?
Miegel: Hier läuft der Vertrag noch bis 2005. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er an ihm etwas ändert. Danach wird die unsinnige Steinkohlesubventionierung wohl allenfalls auf Druck der europäischen Kommission abgebaut. Clement wird sich hüten, etwas zu tun, was die Wahlchancen seiner Partei in Nordrhein-Westfalen gefährden könnte.
SPIEGEL ONLINE: Die Gewerkschaften haben das Sparpaket der Koalition als sozial gerecht bezeichnet. Wie sehen Sie das?
Miegel: Ich weiß nicht, was die Gewerkschaften unter sozialer Gerechtigkeit verstehen. Der Gaspreis wird sich erhöhen, die Flugpreise werden sich erhöhen. Das sind Dinge, die treffen die breite Bevölkerung. Darüber hinaus ist völlig willkürlich beschlossen worden, allen, die zwischen 4500 und 5000 Euro im Monat verdienen, eine Art Sondersteuer aufzuerlegen damit die Rentenversicherung aufrecht erhalten werden kann. Das alles sind für mich keine Akte sozialer Gerechtigkeit.
SPIEGEL ONLINE: Wie kann der Wirtschaft kurzfristig auf die Beine geholfen werden?
Miegel: Kurzfristig kann überhaupt nichts mehr getan werden, da ist der Zug abgefahren. Die strukturellen Verwerfungen sind einfach zu groß. Wenn etwas schnell in Bewegung gesetzt werden soll, dann ist das nur noch durch ermutigende Signale möglich.
SPIEGEL ONLINE: Welche wären das?
Miegel: Beispielsweise könnte die Regierung sagen: Das Kabinett fängt bei den eigenen Einkommen mit einer Nullrunde an und wird dafür Sorge tragen, dass auch der öffentliche Dienst im kommenden Jahr mit einer Nullrunde oder allenfalls einem Inflationsausgleich Vorlieb nimmt. Gleichzeitig müssen große Anstrengungen gemacht werden, dass die öffentliche Verwaltung effizienter wird. Dann könnte man wenigstens in diesem Bereich sagen: Hier tut sich etwas. Zusätzlich müsste dringend eine weitere Verkleinerung des Bundestages und der Bundesbehörden in Angriff genommen werden. Wenn solche Dinge als Ziel der nächsten vier Jahre glaubwürdig dargestellt würden, würden viele Leute sagen: endlich passiert etwas. Und sie würden die Ärmel aufkrempeln.
SPIEGEL ONLINE: CSU-Generalsekretär Thomas Goppel hat SPD und Grünen eine "bis ins Kleinste ausgeklügelte Abzocke" vorgeworfen. Wie bewerten Sie die Pläne der Regierung?
Meinhard Miegel: Das große Ziel der Bundesregierung war, durch ihre Politik Wachstumsimpulse auszulösen und die Beschäftigungslage zu verbessern. Das was jetzt beschlossen worden ist, ist ganz sicherlich nicht dazu geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Es ist eher ein Signal dafür, dass in den nächsten vier Jahren so weitergewurstelt werden soll wie in den vergangenen vier Jahren. Das kennen wir alle: Es wird weder besser noch schlechter, aber weitere vier Jahre werden vertan, um wichtige Reformen auf den Weg zu bringen.
SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie in dem Koalitionsprogramm Ansätze, die ein höheres Wirtschaftswachstum erwarten lassen?
Miegel: Nein. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Die Wirtschaft wird sich auf Grund dieser Maßnahmen nicht dynamischer entwickeln, als sie sich ohnehin entwickelt hätte. Ich kann nicht erkennen, warum jetzt irgendjemand in Deutschland zusätzlich investieren oder zusätzlich Arbeitsplätze schaffen sollte.
SPIEGEL ONLINE: Befürchten sie nun, dass das Wirtschaftswachstum zum Erliegen kommt?
Miegel: Das denke ich nicht. Wir haben momentan einen konjunkturellen Tiefpunkt erreicht. Das nächste Jahr wird sicher etwas besser aussehen als das laufende Jahr. Aber das Wachstum wird voraussichtlich nicht so dynamisch verlaufen, dass die öffentlichen Haushalte saniert, die sozialen Sicherungssysteme finanziert und die Beschäftigungslage verbessert werden können. Auch die Annahme, dass die Koalition in den kommenden Jahren tatsächlich die geplanten Mehreinnahmen verbuchen kann, halte ich für wenig realistisch.
SPIEGEL ONLINE: Wäre es nicht möglich, dass Superminister Clement das Ruder herumreißt?
Miegel: Ich vermag nicht zu beurteilen, was er im Hinterkopf hat. Das, was die Koalitionäre zu Papier gebracht haben, lässt allerdings nichts in dieser Richtung erwarten. Aber vielleicht bringt er ja Dinge auf den Weg, die bis jetzt noch nicht zu erkennen sind.
SPIEGEL ONLINE: Wird er sich an die Steinkohlesubventionen herantrauen?
Miegel: Hier läuft der Vertrag noch bis 2005. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er an ihm etwas ändert. Danach wird die unsinnige Steinkohlesubventionierung wohl allenfalls auf Druck der europäischen Kommission abgebaut. Clement wird sich hüten, etwas zu tun, was die Wahlchancen seiner Partei in Nordrhein-Westfalen gefährden könnte.
SPIEGEL ONLINE: Die Gewerkschaften haben das Sparpaket der Koalition als sozial gerecht bezeichnet. Wie sehen Sie das?
Miegel: Ich weiß nicht, was die Gewerkschaften unter sozialer Gerechtigkeit verstehen. Der Gaspreis wird sich erhöhen, die Flugpreise werden sich erhöhen. Das sind Dinge, die treffen die breite Bevölkerung. Darüber hinaus ist völlig willkürlich beschlossen worden, allen, die zwischen 4500 und 5000 Euro im Monat verdienen, eine Art Sondersteuer aufzuerlegen damit die Rentenversicherung aufrecht erhalten werden kann. Das alles sind für mich keine Akte sozialer Gerechtigkeit.
SPIEGEL ONLINE: Wie kann der Wirtschaft kurzfristig auf die Beine geholfen werden?
Miegel: Kurzfristig kann überhaupt nichts mehr getan werden, da ist der Zug abgefahren. Die strukturellen Verwerfungen sind einfach zu groß. Wenn etwas schnell in Bewegung gesetzt werden soll, dann ist das nur noch durch ermutigende Signale möglich.
SPIEGEL ONLINE: Welche wären das?
Miegel: Beispielsweise könnte die Regierung sagen: Das Kabinett fängt bei den eigenen Einkommen mit einer Nullrunde an und wird dafür Sorge tragen, dass auch der öffentliche Dienst im kommenden Jahr mit einer Nullrunde oder allenfalls einem Inflationsausgleich Vorlieb nimmt. Gleichzeitig müssen große Anstrengungen gemacht werden, dass die öffentliche Verwaltung effizienter wird. Dann könnte man wenigstens in diesem Bereich sagen: Hier tut sich etwas. Zusätzlich müsste dringend eine weitere Verkleinerung des Bundestages und der Bundesbehörden in Angriff genommen werden. Wenn solche Dinge als Ziel der nächsten vier Jahre glaubwürdig dargestellt würden, würden viele Leute sagen: endlich passiert etwas. Und sie würden die Ärmel aufkrempeln.