Der deutsche Aktienmarkt dürfte nach den heftigen Turbulenzen infolge der Anschläge von London vor einem versöhnlichen Wochenausklang stehen, sofern Terroristen nicht nochmals zuschlagen. Die Vorgaben aus Amerika und Asien sind ordentlich. Die Wall Street hat letztlich die Oberhand über die Terrorangst behalten, das gleiche gilt für die Börse in Tokio. Zudem dürften die gesunkenen Ölpreise die Dividendentitel stützen.
Impulse von außen könnte der Aktienmarkt am Nachmittag erhalten, wenn Zahlen zum Arbeitsmarkt, der Lohnentwicklung und der Lagerbestände des Großhandels in den Vereinigten Staaten einlaufen.
Rentenmarkt dürfte um Niveau kämpfen müssen
Mit recht guten Vorgaben aus Amerika, wo Kurse von Anleihen und der Terminkontrakt T-Bond-Future gestiegen sind, geht der deutsche Anleihemarkt nach den deutschen Gewinnen vom Donnerstag in den letzten Handelstag der Woche. Der wegweisende, auf langlaufende Bundesanleihen gemünzte Terminkontrakt Bund-Future legte infolge der Anschläge von London um 42 Basispunkte auf 123,08 Prozent zu, schloß aber deutlich unter seinem Tageshoch von 124,06 Prozent. Während sich der Aktienmarkt erholte, bröckelten die Gewinne im „sicheren Hafen” Rentenmarkt ab.
Angesichts dessen dürfte es der Bund-Future schwer haben, sein Niveau zu verteidigen, wenn deutsche Aktien wie erwartet von den ordentlichen Vorgaben aus Amerika und Asien profitieren sollten. Einig sind sich laut Dow Jones-vwd die Marktteilnehmer, daß erst die Arbeitsmarktdaten am Freitag den weiteren Trend an den Anleihemärkten vorgeben.
Euro verliert wieder etwas - Pfund weiter unter Druck
Nach der Anschlagsserie in London verliert das britische Pfund am Freitag an den asiatischen Devisenmärkten an Wert. Der Dollar kann seine Position zum Euro und zum Yen wieder festigen, nachdem er durch die Anschläge zwischenzeitlich unter Druck geraten war. Das Pfund Sterling notiert bei 1,7422 Dollar etwas unter dem Stand im späten New Yorker Handel und weiter in der Höhe des in London erzielten 19-Monats-Tiefs von 1,7400 Dollar. Die europäische Währung wird mit 1,1935 Dollar gehandelt, nachdem sie im Verlauf des Vortags nach den Anschlägen bis auf über 1,20 Dollar geklettert war. Auch zum Yen verteuerte sich die amerikanische Währung etwas und wurde 112,33 kaum verändert zum New Yorker Handel notiert. Zur Schweizer Währung notierten der Dollar mit 1,2982 Franken und der Euro mit 1,5497 Franken.
Nach den starken Schwankungen in Folge der Anschlagsmeldungen aus London normalisierte sich der Handel wieder. Hinzu kam die Tatsache, daß auch die New Yorker Wall Street ihre anfänglichen Verluste wieder wett machen konnte. „Derartige Ereignisse haben keine dauerhaften Auswirkungen auf den Devisenmarkt", sagte der Händler einer japanischen Bank. Und Kikuko Takeda von der Bank of Tokyo-Mitsubishi fügte hinzu: „So ernst der Vorfall ist, er war nicht stark genug, um den Trend zum Dollar zu erschüttern.”
Börse Tokio etwas fester
Etwas fester tendieren die Aktienkurse am Freitag im späten Tokioter Handel. Die Terroranschläge vom Donnerstag in London belasteten den Markt nicht, sagen Händler. Die Anleger seien überzeugt, daß die Anschläge der Weltwirtschaft keinen nachhaltigen Schaden zufügten. Im Verlauf gewinnt der Nikkei-225-Index 0,4 Prozent oder 47 Punkte auf 11.637. Der Topix-Index steigt um 0,2 Prozent oder zwei Zähler auf 1.183. Gefragt sind vor allem Aktien aus dem Sektor Maschinenbau. Fanuc steigen um 0,4 Prozent auf 7.160 Yen und Okuma um 1,7 Prozent auf 704 Yen. Toshiba Machine, Sumitomo Heavy Industries und Makino Milling Machine verzeichnen ebenfalls Kursgewinne.
Börse Hongkong etwas leichter
Etwas leichter zeigen sich die Aktienkurse am Freitagmittag (Ortszeit) in Hongkong. Die Schwäche habe nur zum Teil mit den Londoner Terroranschlägen vom Donnerstag zu tun, erklären Händler. Der Markt wäre ihrer Ansicht nach auch ohne dieses Ereignis unter Druck geraten. Zum Ende der ersten Sitzungshälfte verzeichnet der Hang-Seng-Index ein Minus von 0,5 Prozent oder 63 Punkten auf 13.968. Das bisherige Tageshoch lag bei 14.053 Punkten. Die meisten Blue Chips notieren im Minus. Hutchison profitieren abermals von Spekulationen um einen Verkauf der Beteiligung an Husky Energy und legen um 0,1 Prozent auf 70,30 Hongkong Dollar zu.
Neuigkeiten und Kursbewegungen nach Börsenschluß
Nachbörslich tendierten amerikanische Aktien am Donnerstag minimal schwächer. Der Nasdaq-100 After Hours Indicator schloß um 0,01 Prozent tiefer bei 1.499,27 Punkte.
Die Aktien von Alcoa haben mit einem Plus im nachbörslichen Handel auf überraschend gute Quartalszahlen reagiert. Die Titel legten um 2,9 Prozent auf 26,84 Dollar zu. Das Unternehmen, das traditionell die amerikanische Berichtssaison eröffnet, meldete einen Nettogewinn je Aktie von 0,52 Dollar. Damit übertraf die Gesellschaft die Erwartungen der Analysten, die von 0,45 Dollar ausgegangen waren. Der Umsatz des Aluminiumherstellers stieg um 13 Prozent auf 6,76 Milliarden Dollar. Die Wall Street war von 6,64 Milliarden Dollar ausgegangen.
Siebel Systems ermäßigten sich um 3,8 Prozent auf 8,46 Dollar, nachdem das Unternehmen für das zweite Quartal eine Umsatzwarnung ausgegeben hatte. Siebel rechnet nun mit einem Quartalsumsatz von 312 Millionen bis 314 Millionen Dollar. Die Konsensprognose der Analysten ging bislang von 319,2 Millionen Dollar aus. Accenture verteuerten sich um 6,2 Prozent auf 23,58 Dollar, nachdem das Unternehmen bessere Ergebnisse als erwartet vorgelegt hatte. Accenture verdiente im dritten Quartal 0,51 Dollar. Die Experten waren von 0,43 Dollar ausgegangen.
Wall Street trotz Anschlägen von London
Die amerikanischen Standardwerte haben am Donnerstag nach der verheerenden Anschlagserie in London etwas fester geschlossen. Nach Darstellung von Marktbeobachtern hat sich angesichts der Attentate - bei denen zahlreiche Menschen getötet oder verletzt wurden - gezeigt, daß die Investoren zunehmend in der Lage sind, mit derartigen Ereignisse unbefangend umzugehen und sich eher um deren konjunkturellen als psychologischen Einfluß kümmern. Nachdem der Dow-Jones-Index für 30 Industriewerte über weite Strecken im Minus tendiert hatte, drehte er in der letzten Handelsstunde ins Plus.
Infolge der Anschläge in London waren zunächst einige Positionen deutlich zurückgefahren worden. Da sich die Attentate außerhalb Amerikas ereigneten, hätten diese jedoch nur kurzfristig Auswirkungen auf die Wall Street gehabt. Die leicht zurückkommenden Notierungen der Öl- Futures stützen zudem den Aktienmarkt leicht. ”Man hat gelernt, mit dem Terror umzugehen”, kommentierte eine Beobachterin den Handelsverlauf.
Der Dow-Jones-Index für 30 Industriewerte stieg 0,3 Prozent oder 32 auf 10.302 Punkte. Der S&P-500-Index gewann 0,3 Prozent oder drei Punkte auf 1.198. Der Nasdaq-Composite legte 0,3 Prozent oder sieben Punkte auf 2.076.
Die vor Handelsbeginn veröffentlichten wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe waren wie vom Markt erwartet ausgefallen. Wal-Markt notierten 0,3 Prozent im Plus bei 49,51 Dollar. Das Unternehmen hatte vor Handelsbeginn einen flächenbereinigten Umsatzanstieg für den Monat Juni von 4,5 Prozent bekanntgegeben. Für den laufenden Monat werde ein Anstieg zwischen drei Prozent und fünf Prozent erwartet.
Die Aktien der Fluglinien wurden von den Anschlägen in London am deutlichsten in Mitleidenschaft gezogen. Wie schon nach den Anschlägen in New York und auch in Madrid gehörte dieser Sektor wieder zu den großen Verlierern. Delta Airlines gaben um 2,9 Prozent auf 3,38 Dollar ab. Deutlich zulegen konnten die Aktien des Biotschnologie-Wertes Amgen, nachdem die Analysten der UBS die Aktie auf ”Buy” nach ”Neutral” hochgestuft haben. Amgen stiegen 5,2 Prozent auf 66,93 Dollar.
Amerikanische Anleihen mit leichten Gewinnen
Nach den Attentaten in London haben sich die amerikanischen Staatsanleihen am Donnerstag im späten Verlauf etwas fester gezeigt. Allerdings lösten sich die Staatsanleihen wieder von den Höchsständen des Handelsverlaufs. Die Serie von Explosionen in London hatte zu verstärkten Umschichtungen in die als ”sicheren Hafen” geltenden Anleihen geführt. Bereits in Europa war es in der Folge der Explosionen zu starken Umschichtungen aus Aktien in Anleihen gekommen, fügt ein Beobachter hinzu.
Zehnjährige Titel stiegen um 7/32 auf 100-20/32 und rentierten mit 4,05 Prozent nach 4,07 Prozent. Die 30jährige Treasury kletterte um 13/32 auf 116-15/32. Seine Rendite lag bei 4,31 Prozent nach 4,33 Prozent. Auch der Langläufer-Terminkontrakt T-Bond-Future legte zu und schloß um 34 Ticks höher bei 117,59 Prozent.
Die Zahl der Erstanträge auf Leistungen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung ist in der Woche zum 2. Juli saisonbereinigt um 7.000 auf 319.000 gestiegen, wie zwischenzeitlich mitgeteilt wurde. Volkswirte hatten dies exakt prognostiziert. Für die Vorwoche wurden die Daten auf minus 4.000 auf 312.000 (vorläufig: minus 6.000 auf 310.000) revidiert.
Im Blick stünden nun die Arbeitsmarktdaten für Juni. Die Daten werden am Freitag veröffentlicht.
Quellen: FAZ.NET, vwd, dpa, AP, AFP, Bloomberg, Reuters.