SVR/Franz: Diskutierte Gesundheitspläne konjunkturdämpfend 2007
BERLIN (Dow Jones)--Die gegenwärtig diskutierten Reformpläne der
Bundesregierung vor allem auch im Gesundheitssektor werden sich aus Sicht des
Wirtschaftsweisen Wolfgang Franz im kommenden Jahr negativ auf die
Wirtschaftsentwicklung in Deutschland auswirken. "Zu euphorischen Einlassungen
besteht kein Anlass mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung im Jahr 2007",
sagte Franz, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR), zu Dow Jones Newswires am Donnerstag
in Berlin. Eine konkrete Prognose wollte Franz mit Verweis auf das Votum aller
fünf Wirtschaftsweisen, das stets im Herbst abgegeben werde, nicht machen.
Konjunkturdämpfend werde 2007 nicht allein die inzwischen beschlossene
Mehrwertsteuererhöhung zu Beginn des kommenden Jahres sein, sondern auch die
jetzt offenbar geplanten Reformen im Gesundheitswesen. Sollte es zu einer
Erhöhung von Einkommens- und Verbrauchssteuern kommen, um damit die Senkung der
Krankenkassenbeiträge zu finanzieren, "wird das nicht gerade dazu beitragen, den
Konsum zu beleben", warnte Franz. Abgesehen davon gehe ein solches Vorgehen im
Gesundheitssektor nach seiner Auffassung "in die völlig falsche Richtung".
Zudem bleibe für die Konjunkturentwicklung 2007 die weitere Entwicklung beim
Ölpreis, den Wechselkursen wie auch den weltwirtschaftlichen Ungleichgewichten
abzuwarten. Franz rechnet "nicht mit einer markanten Senkung der Ölpreise" vor
allem angesichts der großen Weltnachfrage nach Erdöl, besonders auch in China.
Der Wirtschaftsweise erwartet, dass der Preis etwa auf dem gegenwärtigen Niveau
verbleiben wird. Große Unsicherheiten für die konjunkturelle Entwicklung 2007
gehen aus Sicht von Franz auch von den weltwirtschaftlichen Ungleichgewichten
aus, den hohen Leistungsbilanzdefiziten der USA oder den hohen Devisenreserven
beispielsweise Chinas.
Wirtschaftliche Impulse durch die Regierungsarbeit sind laut
Wirtschaftsweisem Franz schwer auszumachen. Insgesamt zeigte sich der
Sachverständige enttäuscht über die bisherige Arbeit der Regierung. "Auf keiner
der großen Baustellen sehe ich Ansätze zu einer wirklich durchgreifenden Reform",
bemängelte der Wirtschaftsweise. Nichts spreche gegen eine schrittweise
Einführung von Reformen, wie sie von Bundeskanzlerin Angela Merkel für die
Unternehmensbesteuerung ins Gespräch gebracht wurde. "Dafür hätte ich
Verständnis, wenn die Schritte wenigstens in die richtige Richtung gehen", sagte
Franz.
Tatsächlich zeichneten sich aber keine durchgreifenden Reformen etwa bei der
Unternehmensbesteuerung ab. "Mit dem, was ich jetzt vernehme, bleibt die Politik
weit hinter dem zurück, was etwa der Sachverständigenrat oder die Stiftung
Marktwirtschaft mit ihren Steuerkonzepten vorgeschlagen haben", sagte der
Wirtschaftsweise. Eine Unternehmenssteuerreform müsse nach seiner Auffassung die
Standortattraktivität erhöhen und für Entscheidungsneutralität bei der Wahl
einer Rechtsform oder auch Finanzierungsentscheidungen sorgen. Letztere sollten
nicht nach steuerlichen, sondern rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten
getroffen werden. Die Ankündigung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück aber,
die Gewerbesteuer beibehalten zu wollen, sei alles andere als
entscheidungsneutral, sagte Franz.
Eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt bereits im laufenden Jahr "ist
vielleicht ein bisschen zu viel erhofft", sagte Franz. In jedem Fall werde es
aber zu einem "leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit" kommen. Am meisten Sorgen
bereitet Franz der bisherige markante Rückgang der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten. Es bestehe die Gefahr, dass den Systemen der sozialen Sicherung
allmählich die Einnahmebasis wegbrechen. Allerdings zeigten die Indikatoren
"wohl an, dass der Rückgang der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
allmählich zum Stillstand kommt", sagte Franz.
Die Konjunkturentwicklung im laufenden Jahr sei besser, als noch im Herbst
vergangenen Jahres vom Sachverständigenrat prognostiziert. "Die Tendenz ist
erfreulich", sagte Franz. Allerdings müsse sich zeigen, ob die inzwischen vom
SVR vorausgesagten 1,5% Anstieg beim Bruttosozialprodukt (BIP) tatsächlich
erreicht würden. Das werde davon abhängen, "wie sich der private Konsum
entwickelt und inwieweit sich die erfreulichen Daten, die wir bisher vom
Statistischen Bundesamt bekommen haben, in die nächsten Quartale hineintragen
und nicht noch gegebenenfalls revidiert werden", sagte der Wirtschaftsweise.
-Von Beate Preuschoff, Dow Jones Newswires, +49 (0)30 - 2888 4122,
beate.preuschoff@dowjones.com
DJG/bep/apo
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Gruß Pichel