Tote Fonds

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Tote Fonds

 
14.10.02 21:19
Nie war es so leicht, an der Börse zu einem kleinen Vermögen zu kommen wie in den vergangenen zwei Jahren. Natürlich nur, wenn man vorher ein großes gehabt hatte. Die Aktien selbst renommierter Unternehmen wie SAP oder Ericsson haben bis zu 90 Prozent ihres Kurswertes verloren. Kein Wunder also, dass die Anleger neben viel Geld auch die Lust verloren haben, weiterhin an der Börse zu investieren. Das haben vor allem die Fondsgesellschaften zu spüren bekommen. Viele Anleger haben ihr Geld - das, was noch übrig war - zurück geholt, mehr und mehr Fonds wurden mangels Masse vom Markt genommen.

Wann es einem Fonds an den Kragen geht

Ende der 90er Jahre war die große Zeit der Fonds. Die Börse boomte, DAX und NEMAX nahmen eine Rekordmarke nach der anderen. Offenbar schienen die Kurse nur eine Richtung zu kennen: aufwärts.

Um Kapital bei den Anlegern einzusammeln ließen sich die Fondsgesellschaften immer neue Fonds einfallen. Vor allem Branchen- und Spezialfonds: Biotechnologie, Branchen, Internet und Medien oder Regionalfonds für Japan oder Russland etwa.

Gerade diese Fonds waren es in der Regel, deren Kurse in den vergangenen zwei Jahren ins Bodenlose stürzten. Und die Kursverluste bewogen viele Anleger, ihre Anteile zu verkaufen, um wenigstens etwas von ihrem Geld zu retten. Die Folge: die Volumina - also das Vermögen - der betroffenen Fonds wurde immer geringer.

Anders als bei einer Aktie, die man sich ins Depot legt und bei der man dann die Kursbewegungen abwartet, haben Fonds Manager, die das angelegte Geld verwalten, umschichten und Entscheidungen über günstige Anlagen treffen sollen. Und diese Manager müssen natürlich bezahlt werden, aus dem Fondsvermögen. Die Höhe dieser Entlohnung kann dem Verkaufsprospekt des Fonds entnommen werden.

Wenn das Fondsvermögen durch die fallenden Kurse und den Geldschwund durch verkaufende Anleger so sehr schrumpft, dass das Fondsmanagement sich nicht mehr rechnet, kann die Fondsgesellschaft beschließen, den Fonds vom Markt zu nehmen.

Kleine Fonds, große Kosten

Einige Fondsgesellschaften „leisten“ sich auch Fonds weiter zu führen, die für die Gesellschaft nicht mehr rentabel sind. Beispielsweise, wenn damit eine Nische abgedeckt wird, die man unbedingt weiter anbieten möchte. Der Nachteil für den Anleger: Bestimmte Fixkosten, z.B. der Druck und die Erstellung der Halbjahresberichte oder die Wirtschaftsprüfung, werden direkt aus dem Fondsvermögen bezahlt. Bei kleinen Fonds sind diese also anteilig besonders hoch und nagen an der Wertentwicklung.

Was man gegen die Schließung tun kann

Nichts. In den Paragraphen 13 und 14 des Kapitalanlagegesetzes sind Fondsschließungen ausdrücklich vorgesehen. Allerdings muss die Fondsgesellschaft die beabsichtigte Schließung wenigstens drei Monate im voraus bekannt geben. Und in der Regel bietet die Gesellschaft den betroffenen Anlegern in diesem Fall die Möglichkeit, kostenlos in einen anderen Fonds zu wechseln.

Ist das Geld nun futsch?

Nein. Selbst wenn Sie gar nichts unternehmen, bekommen Sie den aktuellen Restwert Ihrer Fondsanteile ausgezahlt. Allerdings sind die in der Regel nur noch einen Bruchteil dessen wert, was Sie seinerzeit dafür bezahlt haben.

Wechselangebote

Wenn Sie Ihren Fonds bei einer deutschen Kapitalanlagegesellschaft haben, muss diese ihnen einen Wechsel in einen Alternativ-Fonds anbieten. Das gilt nicht für ausländische Fondsgesellschaften, und zu denen zählen juristisch auch die Luxemburger oder irischen Tochtergesellschaften der deutschen Anbieter. Aber auch die unterbreiten ihren Anlegern in der Regel ein Angebot.

Welche Fonds Ihnen als Alternative angeboten werden, entscheidet die Fondsgesellschaft. Bei einigen haben Sie die freie Auswahl über die gesamte Fondspalette des Unternehmens, bei anderen dürfen Sie nur unter einigen wenigen Fonds frei wählen, für alle anderen müssen Sie etwas drauf legen; oft die Differenz zwischen dem Ausgabeaufschlag Ihres alten Fonds und dem des neuen.

Nicht jeder Tausch ist kostenlos

Einen kostenlosen Tausch kann die Fondsgesellschaft nur den Anlegern anbieten, die ihre Anteile direkt bei der Gesellschaft und ihren Partnerbanken (Bsp. Deutsche Bank - DWS, Dresdner Bank - d.i.t.) gekauft und im Depot haben. Wer sein Depot bei seiner Direktbank hat, muss unter Umständen mit einer Bearbeitungsgebühr durch die Bank rechnen. Im ungünstigsten Fall muss der volle Ausgabeaufschlag des neuen Fonds berappt werden.

Tauschen oder auszahlen lassen?

Ob Sie das Tauschangebot annehmen oder nicht, sollten Sie vor allem davon abhängig machen, was Ihnen als Tauschmöglichkeit geboten wird. Wenn der Fonds Ihrem alten stillgelegten Fonds sehr ähnelt, also bspw. wieder ein auf ein begrenztes Gebiet oder eine einzelne Branche konzentriertes Produkt ist, kann es passieren, dass auch dieser Fonds in absehbarer Zeit den Bach hinunter geht. Nutzen Sie die Schließung eines Ihrer Fonds als Gelegenheit grundsätzlich zu entscheiden, ob und wo Sie investiert bleiben möchten.

Schnell handeln

Wie auch immer Sie sich entscheiden: Entscheiden Sie sich schnell. Denn erfahrungsgemäß verlieren Fonds, deren Einstellung bekannt gegeben worden ist, bis zum endgültigen Schlusstermin beständig an Wert, weil immer mehr Anleger ihre Anteile abstoßen und das Fondsvermögen dadurch weiter sinkt.

Tipps auf einen Blick

  • Falls Ihr Fonds geschlossen wird, überlegen Sie, ob Sie überhaupt weiter in Fonds investieren möchten oder nicht.

  • Prüfen Sie die Tauschangebote gründlich. Finger weg von Nischenfonds. Experten raten zurzeit eher zu breit streuenden Fonds, die in bekannte große Werte investieren.

  • Egal ob Sie tauschen oder sich auszahlen lassen wollen: Entscheiden Sie sich schnell. Sterbenden Fonds verlieren praktisch täglich an Wert.

  • Falls Sie unsicher sind, ob es einen Ihrer Fonds in naher Zukunft auch treffen könnte, erkundigen Sie sich bei der Fondsgesellschaft.

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