Terror kein Menetekel für «Kampf der Kulturen»

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cabby:

Terror kein Menetekel für «Kampf der Kulturen»

 
14.09.01 20:49
Terror kein Menetekel für «Kampf der Kulturen» mit Islam

Berlin (dpa) - Die Terroranschläge auf New York und Washington sind von führenden westlichen Politikern und Kommentatoren als «Kriegserklärung gegen die zivilisierte Welt», Anschlag auf die «abendländische Kultur» oder «Krieg gegen den Westen» eingeordnet worden. Daraus könnte aber der Schluss gezogen werden, dass es hinter den Terroristen eine Gegenmacht geben könnte - den Islam. Zugleich taucht das strittige Bedrohungsszenario eines «Kampfes der Kulturen» wieder auf. Doch Experten warnen vor pauschalen Urteilen und relativieren den islamischen Hintergrund der Anschläge.

Islamischen Organisationen äußerten sich weltweit entrüstet über die Bluttaten. Der «barbarische Akt der Unmenschlichkeit» könne niemals mit den Grundsätzen einer Religion gerechtfertigt werden, hieß es vom Islamrat in Deutschland. Selbst aus «Schurkenstaaten» wie Libyen und Iran kamen distanzierende Erklärungen.

Eine anti-westliche Verschwörung durch den Islam sei nicht in Sicht und Unsinn, betont Harald Müller, der Leiter der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (Frankfurt am Main). Bei der Täterschaft deute vieles auf eine isolierte Aktion aus der Richtung des als Terrordrahtzieher gesuchten saudiarabischen Moslemextremisten Osama Bin Laden. Er sehe sich zwar selbst als «Arm Gottes», der dazu berufen sei, gegen das «Grundübel» USA Krieg zu führen. In der islamischen Welt habe er - auch wenn es einen gewaltbereiten islamischen Fundamentalismus gebe - jedoch keine breitere Anhängerschaft.

Osama Bin Laden habe nur eine «kleine Splittergruppe» von einigen hundert Leuten und einem Sympathisantenumfeld von vielleicht einigen Tausend um sich geschart, erläuterte Müller. In der islamischen Welt lebten aber mehr als eine Milliarde Menschen, die keinen Krieg mit den USA oder dem Westen wollten. Es könne keinen Schluss vom Täter auf das gesamte Kulturumfeld geben.

Gleichwohl lenkt der Anschlag den Blick wieder auf die These vom «Kampf der Kulturen» («Clash of Civilizations»). Mit ihr wollte der renommierte Harvard-Politologe Samuel Huntington die neuen Konfliktlinien des 21. Jahrhunderts beschreiben. Nach dem Ende des Kalten Krieges mit der klaren Aufteilung in eine kommunistische und eine freie Welt zeichne sich eine veränderte Ordnung ab: Der westlichen Welt drohe künftig eine Herausforderung vor allem vom islamischen Fundamentalismus und auch dem konfuzianisch geprägtem Kulturraum.

Huntingtons Weltdeutung ist weithin kritisiert worden. Eine konfuzianisch-islamische Allianz sei eine Chimäre, meint Müller. Beide Blöcke seien in sich tief gespalten. Und auch die islamische Welt sei in sich sehr vielfältig. Ein Trend für Mehrheiten der Fundamentalisten sei nicht auszumachen. Sie könnten auch keinen wirtschaftlichen Erfolg vorweisen. Zwischenstaatliche Konflikte und Rivalitäten unter islamischen Staaten seien häufig.

Es sei falsch, die islamische Staaten pauschal als Gegenpart zum Westen zu sehen, erläutert Müller. Die islamische Welt sei sehr vielfältig, ohne Kernstaat und politische Einheit. Saudi-Arabien, Ägypten, Marokko, Jordanien und möglicherweise sogar Syrien stünden im Kampf gegen Terrorismus auf Seiten des Westens. Auch von Iran könnte es versöhnliche Worte geben.

Es gebe eine Reihe «vernünftiger» islamischer Staaten, sagte der Leiter des Orient Instituts (Hamburg), Udo Steinbach. Wichtig sei daher jetzt eine entsprechend «differenzierte Politik» der USA. Osama Bin Laden beabsichtige mit seine Terroranschlägen jedoch genau die in der Theorie von Huntington skizzierte Polarisierung zwischen dem Westen und dem Islam, betonte Müller. «Er will diesen Zivilisationskonflikt.»
hjw2:

interessant o.T.

 
14.09.01 20:53
Falcon2001:

Hervorragender Beitrag. Danke fuers reinstellen. o.T.

 
14.09.01 21:02
Dr.UdoBroem.:

Guter Beitrag!

 
14.09.01 21:19
Trotzdem besteht die Gefahr, dass genau diese Kalkül aufgeht, falls der Westen unangemessen reagiert.

Gruß Dr. Broemme
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