Telekom Manni Krug geht auf Distanz

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Nassie:

Telekom Manni Krug geht auf Distanz

 
17.11.02 18:11
Krug sagt leise "Sorry"
    Der bekannte Schauspieler wirft Asche auf sein Haupt und bedauert sein Werbe-Engagement für die Telekom. Zum sechsten Geburtstag der Volksaktie zeigt er sich "bestürzt" über die Kursverluste. Er hätte keine Ahnung von Aktien, sagt Krug. Den Aktionären nützt dies wenig.

Berlin - Nach dem Ende des Börsenbooms bedauert der Schauspieler Manfred Krug (65) seine Werbung für die Telekom-Aktien. In einem Interview der "Bild am Sonntag" (BamS) zeigte er sich bestürzt über den Kursverfall und die Verluste der Anleger. "Ich kann mich überhaupt nicht darüber freuen, dass ich mich verwendet habe für eine Sache, die nicht geklappt hat. Das ist kein gutes Gefühl." Er habe "keine Ahnung von Aktien und die T-Aktie selbst gekauft". Die Aktie sei sein erstes und bislang einziges Wertpapier.

 
Strafe muss sein" - Manfred Krug hat seine T-Aktien nicht verkauft.


Als "Selbstbestrafung" habe er seine T-Aktien behalten. "Das ist die Watschen, die ich mir selbst verpasst habe", sagte Krug. Er wirbt seit 1996 für die Telekom. Der Schauspieler hatte mit dazu beigetragen, dass weite Bevölkerungsteile ihre Skepsis gegen riskante Spekulationspapiere aufgaben und zu Aktionären wurden.

Sechster Geburtstag – Kein Grund zum Feiern

Zum sechsten Geburtstag der T-Aktie haben indes auch alle anderen Telekom-Aktionäre kein Grund zum Feiern. Neben dramatischen Kursverlusten müssen sie nun die nächste bittere Pille schlucken. Nach dem bislang höchsten Verlust eines Unternehmens im Deutschen Aktienindex Dax streicht das Management die Dividende für 2002.

Schlechte Nachrichten von der Börse kommen täglich, doch Hiobsbotschaften von der Telekom rütteln die Bundesbürger immer noch auf. "Die T-Aktie hat für Deutschland eine nationale Bedeutung wie keine andere", erkannte schon Ex-Telekom-Chef Ron Sommer. Dies war auch die eigentliche Ursache für den Rausschmiss des einst gefeierten Managers.

Börsengang galt als Initialzündung für die Aktienkultur

Der Börsengang am 18. November 1996 gilt als Initialzündung für die neue Aktienkultur in Deutschland. "Die Telekom hat durch ihre Öffentlichkeitsarbeit die Aktie ins Bewusstsein der Deutschen gerückt", betont Franz-Josef Leven, Direktor beim Deutschen Aktieninstitut (DAI). "Aber jetzt hat sie auch einen erheblichen Anteil am Niedergang der Aktienkultur", hält Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) entgegen. "Was da mit einem DAX-Wert passiert ist, der auch noch als Volksaktie angepriesen wurde, hat es so noch nie gegeben".

Chronik des Niedergangs
Durch den Absturz der "Volksaktie" nach dem Rekordhoch von März 2000 wurde ein Vermögen von über 300 Milliarden Euro vernichtet. ...mehr  


Am ersten Börsentag der T-Aktie  floss der Champagner an der Frankfurter Wertpapierbörse in Strömen. Zum Debüt der Volksaktie hatte sich fast alles versammelt, was in der Finanzwelt Rang und Namen besaß. Die Spitzen der Großbanken und Politprominenz gaben sich ein Stelldichein. "Das ist ein wunderbarer Tag für die Telekom, für die Börse und den Finanzplatz Deutschland", schwärmte der damalige Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper.

Der Einstiegspreis von 28,50 DM (14,57 Euro) explodierte im Taumel der Begeisterung für moderne Technologien in nicht einmal vier Jahren auf den historischen Höchststand von 103,50 Euro. Heute dümpelt die Aktie Lichtjahre davon entfernt bei elf Euro.

Nicht zuletzt der Tatort-Kommissar Krug brach die Skepsis weiter Bevölkerungsteile gegen riskante Spekulationspapiere. Damals wurden in der Bundesrepublik lediglich 3,7 Millionen Aktionäre gezählt. Vier Jahre später waren es schon 6,2 Millionen. Zum Höhepunkt der Euphorie hielt beinahe jeder zehnte Bundesbürger Anteile an Aktiengesellschaften.

Doch es folgte ein böses Erwachen: Die Börsenkurse brachen weltweit ein. Bei der Telekom schlugen - neben schmilzenden Gewinnen - viel zu hoch bewertete Immobilien zusätzlich ins Kontor.

Aufgebrachte Aktionäre brachten die ersten Strafanzeigen gegen die Konzernspitze auf den Weg. Die Enttäuschten hegten den Verdacht, die Führungsetage habe schon viel früher von den Immobilienproblemen gewusst.

Für einen weiteren Tiefschlag sorgte im August 2001 die Deutsche Bank. Das Kreditinstituts empfahl die Aktie zum Kauf. Wenig später verkaufte das Geldhaus im Auftrag eines Großaktionärs ein riesiges Paket von rund 44 Millionen Papieren. Kurz darauf wurde bekannt, dass der finnische Konzern Sonera vor Ablauf seiner Haltefrist in aller Heimlichkeit 22 Millionen Aktien abgestoßen hatte - mit Wissen der Telekom.

September 2001: Aktie erstmals unter Ausgabepreis

Erstmals einen Tag vor den Anschlägen des 11. Septembers 2001 in den USA fiel der Aktienkurs unter den Ausgabepreis. Der Unmut der Anleger erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt, als das Management einerseits die Dividende kürzte, sich selbst aber eine kräftige Gehaltserhöhung genehmigte.

Auf der legendären Hauptversammlung 2002 entlud sich die Empörung in Buhrufen und Tiraden gegen Ron Sommer. Mit dem neuen Chef Kai-Uwe Ricke probt die Telekom nun den Neuanfang.

Nassie:

Der Neue

 
17.11.02 18:17
DEUTSCHE TELEKOM - Frisch auf dem heißen Stuhl  
Rekordverluste, Massenentlassungen - und ein neuer Chef. Kai-Uwe Ricke tritt bei der Telekom ein schweres Erbe an. Dennoch stehen seine Chancen, den Konzern zu sanieren, gar nicht schlecht.
Möglicherweise macht es auch der Ricke!" Der Satz fiel eigentlich immer, wenn in den vergangenen Wochen über die Person des neuen Telekom-Chefs spekuliert wurde - hießen die Kandidaten nun Klaus Zumwinkel (Deutsche Post World Net), Wendelin Wiedeking (Porsche), Ulrich Schumacher (Infineon) oder gar Ex-Wirtschaftsminister Werner Müller.



Die Liste ließe sich noch verlängern. Doch wer auch immer ins Spiel gebracht wurde, der winkte ab. So blieb Aufsichtsrats-Chef Hans-Dietrich Winkhaus und Interims-Chef Helmut Sihler am Ende wohl gar keine andere Wahl, als sich für einen der internen Kandidaten - neben Ricke standen noch Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick und Josef Brauner (T-Com, T-Systems) zur Disposition - zu entscheiden.



Eine Verlegenheitslösung ist der 41-Jährige dennoch nicht. Ricke war für viele Kenner des Unternehmens ohnehin erste Wahl. Gegen ihn sprach jedoch, dass er lange Zeit als Mann Ron Sommers galt, der im Juli auf Betreiben der Bundesregierung aus dem Amt gejagt worden war. Ricke weist diese Einschätzung von sich: "Ich bin ich", sagt er. "Ich bin nicht der Erfüllungsgehilfe für irgendjemanden." Es war dieses Versprechen, mit dem er auch die Skeptiker aus dem Aufsichtsrat auf seine Seite zog. Am Ende fiel das Votum für Ricke mit 19:0 einstimmig aus.



Auch für die Märkte hat der Neue eine Botschaft parat: "Die Lage ist ernst. Aber eine konsequent gemanagte Deutsche Telekom ist eine Cash-Maschine." Zu einem radikalen Strategiewechsel, wie er von vielen Investoren angesichts der katastrophalen Entwicklung der T-Aktie gefordert worden war, will Ricke sich freilich nicht durchringen. Zwar hatte Interims-Chef Helmut Sihler zu Beginn seiner Amtszeit noch verkündet, dass er "alles auf den Prüfstand" stelle. Eine neue Strategie ist dabei jedoch nicht herausgekommen. Der 72-Jährige, der zurück in den Aufsichtsrat wechselt, verschärfte lediglich die Sparmaßnahmen. Sihlers Einschnitte bei den Personalkosten sind drastisch. 54000 der insgesamt rund 250000 Stellen sollen bis 2005 wegfallen. Was Tausende von Mitarbeitern in der vergangenen Woche bei Demonstrationen vor der Bonner Konzernzentrale mit Pfiffen und Buhrufen quittierten.
Diese Beschlüsse wird Ricke nicht aufheben, auch wenn der Aufsteiger seine Wahl nicht zuletzt der Unterstützung der Arbeitnehmerfraktion im Aufsichtsrat verdankt. Vielmehr dürfte der Tanker Telekom weiterhin auf dem Kurs bleiben, den schon Ex-Kapitän Sommer einst vorgegeben hat:



- Die Vier-Säulen-Strategie, also die Ausrichtung des Konzerns auf die Geschäftsfelder Festnetz (T-Com), Mobilfunk (T-Mobile), Internet (T-Online) und Datenverarbeitung (T-Systems) bleibt bestehen.



- Die Telekom versucht weiterhin, zum Global Player aufzusteigen. Die von Sommer zusammengekauften internationalen Tochtergesellschaften und Beteiligungen bleiben, bis auf unwesentliche Ausnahmen, erhalten. Insbesondere die viel zu teuer eingekaufte US-Mobilfunkgesellschaft Voicestream wird nicht verkauft. Eine Fusion mit einem US-Konkurrenten zu einem späteren Zeitpunkt schließt Ricke jedoch nicht aus.



- An den Plänen zum Ausbau der neuen Mobilfunkgeneration UMTS wird trotz hoher Investitionskosten festgehalten.



- Der Verkauf von Randbeteiligungen wird fortgesetzt.



- Das bereits von Sommer eingeleitete Sparprogramm wird ausgeweitet. Oberstes Ziel bleibt der Abbau der Schulden von derzeit 64 Milliarden Euro. Ende 2003 soll diese Summe auf maximal das Dreifache des operativen Gewinns (Ebitda) gesunken sein, nach Rechnung von Finanzvorstand Eick also höchstens 49,5 bis 52,3 Milliarden Euro.



Für seinen Nachfolger hat Interims-Chef Sihler zudem noch zwei Antrittsgeschenke parat: Um ihm den Start so leicht wie möglich zu machen, wird die Bilanz durch Sonderabschreibungen von Altlasten befreit. Auch die Streichung der Dividende, die schon im vergangenen Jahr um 40 Prozent gekürzt worden war, nimmt Sihler auf seine Kappe. 1,6 Milliarden Euro wird die Telekom dadurch im laufenden Jahr einsparen - Geld, das für den Schuldenabbau verwendet werden soll.



Vor allem wegen der hohen Sonderabschreibungen weist die Telekom in den ersten neun Monaten 24,5 Milliarden Euro Miese aus - der mit Abstand größte Verlust, den je ein DAX-Unternehmen erzielt hat. Schuld sind vor allem Wertberichtigungen von insgesamt 22 Milliarden Euro auf die Mobilfunktöchter T-Mobile USA (ehemals Voicestream) und Ben sowie auf britische UMTS-Lizenzen. Bislang hatte die Telekom Wertberichtigungen ihrer US-Tochter stets abgelehnt. Jetzt also das offizielle Eingeständnis, dass man über den Tisch gezogen wurde.



Die Auswirkungen bleiben freilich überschaubar: Den Preis dafür haben die T-Aktionäre längst gezahlt - mit dem beispiellosen Wertverfall ihrer einst als "Volksaktie" gepriesenen Anteilscheine. "Auf den Cash-Flow haben die Sonderabschreibungen keinen Einfluss", so Finanzvorstand Eick. Anders gesagt: Die laufenden Geschäfte sind von der Maßnahme nicht betroffen.
Die gute Nachricht: Operativ, also vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Sondereinflüssen stieg das Ergebnis um 5,6 Prozent auf zwölf Milliarden Euro. Der Umsatz wuchs um zwölf Prozent auf 39,2 Milliarden. "Die operative Entwicklung der ersten neun Monate des Jahres war extrem stark", findet Ricke.



Der Meinung waren auch einige Investoren. Sie überzeugt besonders der Barmittelzufluss (Free Cash-Flow), der in den ersten neun Monaten auf 4,7 Milliarden Euro geklettert ist. Geld, das ebenfalls zum Schuldenabbau zur Verfügung steht. 2001 war der Free Cash-Flow noch negativ. Konsequenz: Die T-Aktie machte zum Wochenschluss einen kräftigen Satz nach oben.
So kann es weitergehen. Rickes Parole für die Zukunft lautet: konsequente Entschuldung und organisches Wachstum. "Das ist ein schmaler Grat, aber nur so erreichen wir eine nachhaltige Ergebnisverbesserung." Hat er damit Erfolg, dann sollte auch die nachhaltige Verbesserung des Aktienkurses nicht mehr lange auf sich warten lassen.



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