Weniger Dividende, aber mehr Vorsorge für die Lipobay-Prozesse: Ist der Anstieg der Bayer-Aktie, die in den vergangenen Monaten zu den Favoriten zählte, damit beendet?
Silke Stegemann von der Landesbank Rheinland-Pfalz senkt ihr Kurszie, bewertet die Aktie aber als Outperformer.
Auch wenn 2004 nicht einfach wird... Die schwierigste Ausgangsbasis sehen wir in der Pharmasparte. Dabei dürfte besonders im zweiten Halbjahr das Auslaufen des Cipro-Patents (9. Juni 2004) belasten. Die Industriebereiche von Bayer dürften weiterhin unter dem hohen Ölpreis und der Dollar-Schwäche leiden und nur eine moderate Margenverbesserung schaffen. Wir reduzieren deshalb unser Kursziel bis Ende 2004 auf 29 Euro.
...so ist Bayer Langfristig gut aufgestellt... Die Segmente Crop Science (Agrar) und Healthcare (ohne Pharma) bieten ein beachtliches Ertragspotenzial. Bei Material Science (Kunststoffe) sind die Erfolg versprechenden Einheiten aus den Polymeren und der Chemie vereint. Hier hält Bayer Toppositionen auf dem Weltmarkt. Diese Einheiten können dank ihres zyklischen Charakters an einem Konjunkturaufschwung sehr gut partizipieren.
...und die Aktie notiert unter ihrem fairen Wert. Der Markt konzentriert sich mehr auf die Risiken als die Chancen der neuen Konzernstruktur. Das liegt an der Wahrnehmung als Konglomerat, an den Lipobay-Klagen und der unsicheren Entwicklung der Pharmasparte. Dabei wurde mit Bekanntgabe der Versicherungssumme für Lipobay (1,2 Milliarden Dollar) und der Rückstellung von 300 Millionen Euro eine Unsicherheit ausgeräumt.
Dennis Nacken vom Helaba-Trust bleibt skeptisch und hält an seinem Anlageurteil "untergewichten" fest.
Nun ist doch neue Vorsorge notwendig... Überraschend hat der Leverkusener Konzern verkündet, dass er für die Schadensersatzklagen in Sachen Lipobay und Baycol in den USA im Geschäftsjahr 2003 nun doch eine bilanzielle Vorsorge von 300 Millionen Euro treffen werde. Ursprünglich rechnete das Management damit, dass alle künftigen Zahlungen versichert seien.
...es besteht die Gefahr weiterer Kosten... Mit Blick auf die bereits geleisteten Kompensationszahlungen von 842 Millionen Dollar für die bisher erzielten außergerichtlichen Einigungen (2224 Fälle) scheint die Haftungssumme der Versicherungen von insgesamt 1,2 Milliarden Dollar nicht auszureichen.
...und die wirtschaftlichen Perspektiven bleiben schwierig. Hinzu kommt, dass die Geschäftsaussichten wegen des schwachen Dollar, der gestiegenen Rohstoffkosten und der strukturellen Probleme vor allem im Pharmageschäft unverändert eingetrübt sind.
Angesichts des aktuell schwierigen Markt- und Branchenumfelds ist ein Börsengang der ausgegliederten Chemiesparte wenig Erfolg versprechend. Zudem ist die Aktie im Branchenvergleich ambitioniert bewertet. Wir halten deshalb an unserer Einschätzung fest; Anleger sollten die Bayer-Aktie weiterhin untergewichten.