Zum Kanzlerkandidaten Stoiber finden Firmenchefs keinen Draht. Zum Amtsinhaber Schröder schon - aber viele stört der grüne Partner
Peter Dussmann, 63, ist beileibe kein SPD-Fan. "Ich tendiere eher zur FDP", bekennt der Berliner Unternehmer. Verständlich: Dussmann ist Boss einer Dienstleistungsgruppe, die rund um den Globus 54 000 Mitarbeiter beschäftigt und im Jahr gut eine Milliarde Euro umsetzt.
Ein Genosse versetzt den Mittelständler allerdings ins Schwärmen: Gerhard Schröder. Mit dem SPD-Kanzler flog Dussmann als Teilnehmer einer Wirtschaftsdelegation schon mehrmals ins Ausland. Seither ist der Firmenchef des Lobes voll: Wie aufmerksam Schröder Wünsche und Sorgen von Managern und Unternehmern aufnehme, staunte Dussmann, das sei schon "ein gewaltiger Unterschied" zum konservativen Vorgänger Helmut Kohl, der die "Bimbes-Leute" bloß als lästige Staffage angesehen habe.
Aber auch zum derzeitigen Kanzlerkandidaten der Union, dem CSU-Regenten Edmund Stoiber, findet Dussmann keinen rechten Zugang. Vor Jahren wollte der Dienstleister aus Berlin in Bayern bei der Privatisierung eines Bundeswehrkrankenhauses dabei sein. Monatelang bemühte er sich um einen Termin mit Stoiber - vergeblich. Dussmann: "Wir kamen da nicht weiter."
Der Vorstandsvorsitzende eines großen deutschen Konzerns machte im CSU-Land ähnlich frustrierende Erfahrungen. Zum Landesvater drang er zwar vor, aber am Münchner Hofe, so lästert der Firmenlenker seither gerne, herrsche eine "richtige Streberatmosphäre". Stets sei Stoiber von emsigen Einser-Juristen umgeben - die sich Notizen machen und durch schlaue Einwände nerven.
Je länger man sich umhört, desto stärker wird der Eindruck: Edmund Stoiber, der im September Kanzler werden möchte, hat ein Problem. Zwar verfolgen viele Bosse die wirtschaftliche Blüte Bayerns mit Respekt. Aber wer dem Ministerpräsidenten persönlich begegnet, hält ihn hernach eher für einen Underperformer. Stoiber falle es schwer zuzuhören, er doziere lieber, neige zum Populismus. Vor allem aber fehle dem CSU-Regenten jede Ader fürs Gesellige. Persönlichkeitsprofil: Raucht nicht, trinkt nicht, treibt keinen Sport. Hat null Humor.
Wie unterhaltsam sind dagegen Treffen mit dem Sozi-Kanzler - Ende November, beispielsweise, im achten Stock der Berliner Regierungszentrale, wo "im dienstlich genutzten Teil" von Schröders Privaträumen ein illustrer Auto-Gipfel tafelte: Wendelin Wiedeking von Porsche war da, BMW-Chef Joachim Milberg, Daimler-Mann Jürgen Hubbert, auch VW-Lenker Bernd Pischetsrieder, dazu die Deutschland-Statthalter von Ford und Opel, Rolf Zimmermann und Carl-Peter Forster.
Die Herrenrunde sprach lange über ernste Themen: den 11. September, die maue Konjunktur, die Brüsseler Pläne zur Liberalisierung des Autohandels. Und doch hatten sich die meisten blendend amüsiert, als sie zu später Nachtstunde ihre Limousinen bestiegen und von dannen fuhren.
Dass sie bei ihrem Gastgeber auch in puncto Geschäft durchgedrungen waren, konnten die Manager kurz darauf in den Nachrichten verfolgen. Da zog Schröder, wieder mal, gegen die Brüsseler Bürokraten zu Felde: Tausende Jobs, stänkerte der Kanzler, gingen in Deutschland verloren, wenn die Kommission ihr Vorhaben wahr mache und den Fahrzeughandel liberalisiere.
Mit Genugtuung registrierte auch Mittelständler Dussmann, dass seine Botschaften angekommen waren. Er hatte Schröder geschildert, wie überaus schädlich für den Mittelstand die geplanten Eigenkapitalvorschriften der Banken (Expertenjargon: Basel II) seien. Kurz darauf las Dussmann in den Zeitungen markige Zitate Schröders: "Jeder muss mit unserem Widerstand gegen eine EU-Richtlinie auf der Basis von Basel II rechnen", drohte der Kanzler schroff. "Der kümmert sich richtig", lobt Dussmann.
Wie man sich in Unternehmer-Seelen einfühlt, übte Schröder eifrig als Ministerpräsident Niedersachsens. Zweimal im Jahr kommen die Granden der Wirtschaft nach Hannover - zur Industrie-Messe und zur CeBit. Schröder nutzte das seinerzeit ausgiebig, um ein dichtes Netz von Kontakten zu knüpfen. Stoiber hingegen lebte auch in dieser Hinsicht eher enthaltsam. Zwar pflege er, berichten Insider, seit langem gute Kontakte zu den Münchner Platzhirschen Allianz, Siemens, BMW, Münchner Rück. Aber erst neuerdings suche der Kandidat die Nähe zu anderen Konzernchefs. Sogar konzentriertes Zuhören habe er sich nun verordnet.
Notorische Fans
Allzu schnell würden sich freilich selbst Schröder-Fans nicht outen - das Wohl des Konzerns gebietet, keine Partei zum Feind zu haben. Eine Ausnahme ist Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der sogar in Anzeigen Reformen der Bundesregierung preist. Doch konservativere Konzernlenker wie Siemens-Chef Heinrich von Pierer lieben es dezenter. Zwar spielt das CSU-Mitglied gern Tennis mit Schröder; beider Verhältnis gilt als ausgezeichnet. Aber öffentliche Lobgesänge auf den SPD-Kanzler? Undenkbar!
Einen handfesten Makel, das kommt hinzu, sehen viele Bosse auch bei Schröder - ihnen missfallen dessen Kompagnions: Möglichst rasch, so meinen die meisten Firmenlenker, müssen die Grünen weg von den Schalthebeln der Macht. Ihnen wäre eine SPD/FDP-Koalition wesentlich lieber - oder eine Neuauflage von Schwarz-Gelb. Tief sitzt bis heute die Erinnerung an den Atom-Krawallkurs von Umweltminister Jürgen Trittin.
Dabei sind gerade die Stromkonzern-Chefs den Ökofreunden heute überaus dankbar für den Ausstiegsvertrag, der Meilerlaufzeiten von über 30 Jahren garantiert. Die Atombosse wissen: Ohne den Pakt mit Rot-Grün wäre nach den Terroranschlägen vom 11. September eine hitzige Abschaltdebatte entbrannt.
Kein Wunder also, dass die Energiechefs Stoiber längst diskret, aber unmissverständlich bedeuteten, er solle ein Lieblingsthema tunlichst vergessen. Bisher hatte der Bayer verkündet, zu seinen ersten Amtshandlungen als Kanzler werde gehören, den rot-grünen Atompakt rückgängig zu machen. Erleichtert registrierten die Konzernstrategen inzwischen, dass der CSU-Mann das Projekt wohl still und leise fallen lassen werde.
Peter Dussmann, 63, ist beileibe kein SPD-Fan. "Ich tendiere eher zur FDP", bekennt der Berliner Unternehmer. Verständlich: Dussmann ist Boss einer Dienstleistungsgruppe, die rund um den Globus 54 000 Mitarbeiter beschäftigt und im Jahr gut eine Milliarde Euro umsetzt.
Ein Genosse versetzt den Mittelständler allerdings ins Schwärmen: Gerhard Schröder. Mit dem SPD-Kanzler flog Dussmann als Teilnehmer einer Wirtschaftsdelegation schon mehrmals ins Ausland. Seither ist der Firmenchef des Lobes voll: Wie aufmerksam Schröder Wünsche und Sorgen von Managern und Unternehmern aufnehme, staunte Dussmann, das sei schon "ein gewaltiger Unterschied" zum konservativen Vorgänger Helmut Kohl, der die "Bimbes-Leute" bloß als lästige Staffage angesehen habe.
Aber auch zum derzeitigen Kanzlerkandidaten der Union, dem CSU-Regenten Edmund Stoiber, findet Dussmann keinen rechten Zugang. Vor Jahren wollte der Dienstleister aus Berlin in Bayern bei der Privatisierung eines Bundeswehrkrankenhauses dabei sein. Monatelang bemühte er sich um einen Termin mit Stoiber - vergeblich. Dussmann: "Wir kamen da nicht weiter."
Der Vorstandsvorsitzende eines großen deutschen Konzerns machte im CSU-Land ähnlich frustrierende Erfahrungen. Zum Landesvater drang er zwar vor, aber am Münchner Hofe, so lästert der Firmenlenker seither gerne, herrsche eine "richtige Streberatmosphäre". Stets sei Stoiber von emsigen Einser-Juristen umgeben - die sich Notizen machen und durch schlaue Einwände nerven.
Je länger man sich umhört, desto stärker wird der Eindruck: Edmund Stoiber, der im September Kanzler werden möchte, hat ein Problem. Zwar verfolgen viele Bosse die wirtschaftliche Blüte Bayerns mit Respekt. Aber wer dem Ministerpräsidenten persönlich begegnet, hält ihn hernach eher für einen Underperformer. Stoiber falle es schwer zuzuhören, er doziere lieber, neige zum Populismus. Vor allem aber fehle dem CSU-Regenten jede Ader fürs Gesellige. Persönlichkeitsprofil: Raucht nicht, trinkt nicht, treibt keinen Sport. Hat null Humor.
Wie unterhaltsam sind dagegen Treffen mit dem Sozi-Kanzler - Ende November, beispielsweise, im achten Stock der Berliner Regierungszentrale, wo "im dienstlich genutzten Teil" von Schröders Privaträumen ein illustrer Auto-Gipfel tafelte: Wendelin Wiedeking von Porsche war da, BMW-Chef Joachim Milberg, Daimler-Mann Jürgen Hubbert, auch VW-Lenker Bernd Pischetsrieder, dazu die Deutschland-Statthalter von Ford und Opel, Rolf Zimmermann und Carl-Peter Forster.
Die Herrenrunde sprach lange über ernste Themen: den 11. September, die maue Konjunktur, die Brüsseler Pläne zur Liberalisierung des Autohandels. Und doch hatten sich die meisten blendend amüsiert, als sie zu später Nachtstunde ihre Limousinen bestiegen und von dannen fuhren.
Dass sie bei ihrem Gastgeber auch in puncto Geschäft durchgedrungen waren, konnten die Manager kurz darauf in den Nachrichten verfolgen. Da zog Schröder, wieder mal, gegen die Brüsseler Bürokraten zu Felde: Tausende Jobs, stänkerte der Kanzler, gingen in Deutschland verloren, wenn die Kommission ihr Vorhaben wahr mache und den Fahrzeughandel liberalisiere.
Mit Genugtuung registrierte auch Mittelständler Dussmann, dass seine Botschaften angekommen waren. Er hatte Schröder geschildert, wie überaus schädlich für den Mittelstand die geplanten Eigenkapitalvorschriften der Banken (Expertenjargon: Basel II) seien. Kurz darauf las Dussmann in den Zeitungen markige Zitate Schröders: "Jeder muss mit unserem Widerstand gegen eine EU-Richtlinie auf der Basis von Basel II rechnen", drohte der Kanzler schroff. "Der kümmert sich richtig", lobt Dussmann.
Wie man sich in Unternehmer-Seelen einfühlt, übte Schröder eifrig als Ministerpräsident Niedersachsens. Zweimal im Jahr kommen die Granden der Wirtschaft nach Hannover - zur Industrie-Messe und zur CeBit. Schröder nutzte das seinerzeit ausgiebig, um ein dichtes Netz von Kontakten zu knüpfen. Stoiber hingegen lebte auch in dieser Hinsicht eher enthaltsam. Zwar pflege er, berichten Insider, seit langem gute Kontakte zu den Münchner Platzhirschen Allianz, Siemens, BMW, Münchner Rück. Aber erst neuerdings suche der Kandidat die Nähe zu anderen Konzernchefs. Sogar konzentriertes Zuhören habe er sich nun verordnet.
Notorische Fans
Allzu schnell würden sich freilich selbst Schröder-Fans nicht outen - das Wohl des Konzerns gebietet, keine Partei zum Feind zu haben. Eine Ausnahme ist Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der sogar in Anzeigen Reformen der Bundesregierung preist. Doch konservativere Konzernlenker wie Siemens-Chef Heinrich von Pierer lieben es dezenter. Zwar spielt das CSU-Mitglied gern Tennis mit Schröder; beider Verhältnis gilt als ausgezeichnet. Aber öffentliche Lobgesänge auf den SPD-Kanzler? Undenkbar!
Einen handfesten Makel, das kommt hinzu, sehen viele Bosse auch bei Schröder - ihnen missfallen dessen Kompagnions: Möglichst rasch, so meinen die meisten Firmenlenker, müssen die Grünen weg von den Schalthebeln der Macht. Ihnen wäre eine SPD/FDP-Koalition wesentlich lieber - oder eine Neuauflage von Schwarz-Gelb. Tief sitzt bis heute die Erinnerung an den Atom-Krawallkurs von Umweltminister Jürgen Trittin.
Dabei sind gerade die Stromkonzern-Chefs den Ökofreunden heute überaus dankbar für den Ausstiegsvertrag, der Meilerlaufzeiten von über 30 Jahren garantiert. Die Atombosse wissen: Ohne den Pakt mit Rot-Grün wäre nach den Terroranschlägen vom 11. September eine hitzige Abschaltdebatte entbrannt.
Kein Wunder also, dass die Energiechefs Stoiber längst diskret, aber unmissverständlich bedeuteten, er solle ein Lieblingsthema tunlichst vergessen. Bisher hatte der Bayer verkündet, zu seinen ersten Amtshandlungen als Kanzler werde gehören, den rot-grünen Atompakt rückgängig zu machen. Erleichtert registrierten die Konzernstrategen inzwischen, dass der CSU-Mann das Projekt wohl still und leise fallen lassen werde.