Es war einmal ein Herr namens Kuno Qualle, der wollte wegen grosser Geschäfte eine Reise durch die Lande tun und mietete bei dem Eseltreiber Jonny Palmi einen Esel; einen Esel, wie er im Buche steht: folgsam, genügsam, vielleicht auch ein wenig blöd, denn er widersetzte sich nie, wenn er Schläge bekam oder es tagelang kein Futter gab. Wie dem auch sei. Es war ein heisser Sommertag als Kuno Qualle seine Reise antrat. Die Hitze machte ihm sehr zu schaffen, so dass er beschloss, eine Rast einzulegen und ,mangels eines anderen Schattens, sich in des Esels Schatten zu legen. Dies aber verweigerte ihm der Eseltreiber Palmi. Er dürfe sich nur gegen ein zusätzliches Entgelt in des Esels Schatten legen, weil nur der Esel, nicht aber dessen Schatten vermietet worden sei, was wiederum dem gerechten Kuno Qualle nicht einleuchtete und die beiden alsbald vor das Gericht eilen liess.
Kuno berief sich darauf, dass der Esel und sein Schatten miteinander gingen, also er, der den Esel selbst gemietet hatte, den Niessbrauch seines Schattens geniessen dürfe.
Der Eseltreiber Palmi sah nicht ein, warum er schuldig sein sollte, seinen Esel umsonst in der Sonne stehen zu lassen, damit sich ein anderer in seinen Schatten setze. „Nur der Esel sei vermietet worden“, sagte er, „ein anderes ist sein Schatten“.
Kuno, der ein wenig die Fassung verlor, entgegnete mit lautem Tonfall: “Wo, zum Henker, soll es mit unserer Freiheit hinkommen, wenn einem Menschen nicht einmal freistehen soll, sich in den Schatten eines Esels zu setzen? Gleich als ob ein Eselsschatten vornehmer wäre als der Schatten des Gemeindehauses oder der Kirche, in den sich stellen, setzen und legen mag, wer da will.“
Die Menschen, die diesem Rechtstreit beiwohnten, waren ob der unterschiedlichen Darlegungen in zwei Lager gespalten. Die einen, die einen Eselsschatten keineswegs als vornehmer gelten lassen wollten als so erhabende Gegenstände wie Gemeindehaus und Kirche - dies aus nahe liegenden Gründen, um von vornherein den Anspruch des Eseltreibers auf des Esels Schatten als gleichsam gotteslästerlich zu entlarven – buhten den Eseltreiber P. aus.
Die anderen aber bemühten das Mitgefühl mit dem sozial ohnehin benachteiligten Eseltreiber, der ja eine grosse Familie zu ernähren hatte und für den eh` schon abgemagerten Esel Schulden aufgenommen hatte. „Es könne doch nicht zugelassen werden, dass ein armer Mann durch eine offenbare Intrige unterdrückt werde“ wandten sie ein. „Dabei spiele es auch keine Rolle, dass der Anstoß des Rechtsstreits sehr gering sei. Man könne nichts geringfügig nennen, was die Rechte und Freiheiten der Menschen betreffe. Wenn es dem ehrwürdigen Richter gestattet würde, einen Handel nach einer willkürlichen Billigkeit zu entscheiden, würde das das Ende der Freiheit sein“ fuhren sie fort.
Der Richter war irritiert und befragte einen Gutachter, der sich wohl mit Eseln auskannte. Dieser stellte klar, dass der Eselsschatten nichts anderes sei als ein Schattenesel und der Eigentümer des leibhaftigen Esels auch als Eigentümer des von jenem ausgehenden, aber gleichwohl rechtlich zu trennenden Schattenesels keineswegs angehalten werden könne, letzteren unentgeltlich an den Mieter des ersteren zu überlassen. Außerdem habe der Mieter durch den Vertrag nicht jeden Gebrauch des Esels, sondern nur denjenigen an sich gebracht, ohne welchen die Absicht des Vertrages, nämlich die beabsichtigte Reise, unmöglich hätte erzielt werden können.
Die Menge staunte. War das die Lösung des Problems oder das Problem für eine Lösung ? Der Eseltreiber grinste siegessicher über das ganze Gesicht. Kuno aber tobte und brüllte: „Nur ein Betrüger macht sein Recht auf Eigentum an einem Eselschatten geltend. Derjenige, der einer so niedrigen, so rohen und barbarischen Denkart fähig ist, ist keiner unserer Mitbürger. Er ist bloss ein geduldeter Einwohner, ein Mensch, der, ausser dem gleichen Boden und der gemeinsamen Luft, die er atmet, nichts mit uns gemein hat, als was uns auch mit den wildesten Völkern gemein ist.“
„Ausbeuter“ und „Halsabschneider, der Du die Armen bis zum letzten Hemd ausplünderst“ schrie der Eseltreiber, doch sein Lager, welches in das gleiche Horn stossen sollte, verstummte. Die Menge überkam die Einsicht, dass der Prozess über des Esels Schatten ein so böser Handel ist, dass er möglichst schnell abgeschlossen werden sollte.
„Schuld ist nur der Esel“, rief einer, „der verdammte Esel, der uns alle zugrunde richtet. Lasst ihn die Zeche bezahlen und in tausend Stücke zerreissen.“ Der gesamte Volkszorn richtete sich nun gegen den Esel, der alsbald zum Tode verurteilt wurde. Vor seiner Zerstückelung fragte der Esel den Henker: „War ich in dieser Geschichte der Esel?“
Kuno berief sich darauf, dass der Esel und sein Schatten miteinander gingen, also er, der den Esel selbst gemietet hatte, den Niessbrauch seines Schattens geniessen dürfe.
Der Eseltreiber Palmi sah nicht ein, warum er schuldig sein sollte, seinen Esel umsonst in der Sonne stehen zu lassen, damit sich ein anderer in seinen Schatten setze. „Nur der Esel sei vermietet worden“, sagte er, „ein anderes ist sein Schatten“.
Kuno, der ein wenig die Fassung verlor, entgegnete mit lautem Tonfall: “Wo, zum Henker, soll es mit unserer Freiheit hinkommen, wenn einem Menschen nicht einmal freistehen soll, sich in den Schatten eines Esels zu setzen? Gleich als ob ein Eselsschatten vornehmer wäre als der Schatten des Gemeindehauses oder der Kirche, in den sich stellen, setzen und legen mag, wer da will.“
Die Menschen, die diesem Rechtstreit beiwohnten, waren ob der unterschiedlichen Darlegungen in zwei Lager gespalten. Die einen, die einen Eselsschatten keineswegs als vornehmer gelten lassen wollten als so erhabende Gegenstände wie Gemeindehaus und Kirche - dies aus nahe liegenden Gründen, um von vornherein den Anspruch des Eseltreibers auf des Esels Schatten als gleichsam gotteslästerlich zu entlarven – buhten den Eseltreiber P. aus.
Die anderen aber bemühten das Mitgefühl mit dem sozial ohnehin benachteiligten Eseltreiber, der ja eine grosse Familie zu ernähren hatte und für den eh` schon abgemagerten Esel Schulden aufgenommen hatte. „Es könne doch nicht zugelassen werden, dass ein armer Mann durch eine offenbare Intrige unterdrückt werde“ wandten sie ein. „Dabei spiele es auch keine Rolle, dass der Anstoß des Rechtsstreits sehr gering sei. Man könne nichts geringfügig nennen, was die Rechte und Freiheiten der Menschen betreffe. Wenn es dem ehrwürdigen Richter gestattet würde, einen Handel nach einer willkürlichen Billigkeit zu entscheiden, würde das das Ende der Freiheit sein“ fuhren sie fort.
Der Richter war irritiert und befragte einen Gutachter, der sich wohl mit Eseln auskannte. Dieser stellte klar, dass der Eselsschatten nichts anderes sei als ein Schattenesel und der Eigentümer des leibhaftigen Esels auch als Eigentümer des von jenem ausgehenden, aber gleichwohl rechtlich zu trennenden Schattenesels keineswegs angehalten werden könne, letzteren unentgeltlich an den Mieter des ersteren zu überlassen. Außerdem habe der Mieter durch den Vertrag nicht jeden Gebrauch des Esels, sondern nur denjenigen an sich gebracht, ohne welchen die Absicht des Vertrages, nämlich die beabsichtigte Reise, unmöglich hätte erzielt werden können.
Die Menge staunte. War das die Lösung des Problems oder das Problem für eine Lösung ? Der Eseltreiber grinste siegessicher über das ganze Gesicht. Kuno aber tobte und brüllte: „Nur ein Betrüger macht sein Recht auf Eigentum an einem Eselschatten geltend. Derjenige, der einer so niedrigen, so rohen und barbarischen Denkart fähig ist, ist keiner unserer Mitbürger. Er ist bloss ein geduldeter Einwohner, ein Mensch, der, ausser dem gleichen Boden und der gemeinsamen Luft, die er atmet, nichts mit uns gemein hat, als was uns auch mit den wildesten Völkern gemein ist.“
„Ausbeuter“ und „Halsabschneider, der Du die Armen bis zum letzten Hemd ausplünderst“ schrie der Eseltreiber, doch sein Lager, welches in das gleiche Horn stossen sollte, verstummte. Die Menge überkam die Einsicht, dass der Prozess über des Esels Schatten ein so böser Handel ist, dass er möglichst schnell abgeschlossen werden sollte.
„Schuld ist nur der Esel“, rief einer, „der verdammte Esel, der uns alle zugrunde richtet. Lasst ihn die Zeche bezahlen und in tausend Stücke zerreissen.“ Der gesamte Volkszorn richtete sich nun gegen den Esel, der alsbald zum Tode verurteilt wurde. Vor seiner Zerstückelung fragte der Esel den Henker: „War ich in dieser Geschichte der Esel?“