SMS - Waffe gegen Handydiebe
Wie macht man ein gestohlenes Handy unbrauchbar? Kein Problem, dachten sich holländische Polizisten, man spamt die Dinger einfach mit SMS-Nachrichten in den Vollstillstand. Die Sache klappt tatsächlich. Der Handy-Diebstahl in Amsterdam ging prompt um 50 Prozent zurück.
DealTime.com (Europe) B.V.
Ping, die Post ist da: Mit bis zu 20 Nachrichten pro Stunde macht Amsterdams Polizei Handydieben das "SMSen" zur Qual
Irgendwie waren sie immer ein wenig lockerer und hemdsärmeliger, unsere Nachbarn da im Westen. Von den Haarnetz-tragenden Langhaar-Soldaten mit Bart in den Siebzigern bis zu den Inline-Skate-fahrenden Amsterdamer City-Polizisten des 21. Jahrhunderts - in Holland löst man Probleme gern unkonventionell und ohne großes Tamtam.
Ziemlich hemdsärmelig ist auch die Methode, die Amsterdams Polizei nun gegen den wuchernden Handy-Diebstahl entwickelte. Zu erwischen sind die Diebe nur selten. Warum also, dachten sich die Beamten, verderben wir ihnen nicht einfach den Spaß und machen die geklauten Apparate unbrauchbar, oder zumindest zur Dauer-Peinlichkeit?
Nichts einfacher als das: Wofür gibt es schließlich SMS ("Short message Service", auch: "Sado-Maso-Schreiben")?
DPA
Anders als die anderen: Auf Taschendiebe macht Amsterdams Polizei per Inline-Skater Jagd, auf Handydiebe per SMS
Dank Amsterdams Polizei wird SMS für Handy-Diebe zunehmend zur Qual: Die Beamten spammen die geklauten Apparate mit sehr behördlich klingenden Warnungen zu: "Achtung", heißt es da, "dies ist ein gestohlenes Handy. Seine Benutzung ist rechtswidrig, der Diebstahl ein Straftatbestand".
Und das alle drei bis fünf Minuten. Macht für den, der das Ding entnervt für eine Stunde deaktiviert, bis zu 20 Nachrichten. Oder 480 Stück am Tag.
Das, weiß die Amsterdamer Polizeisprecherin Ellie Florax zu berichten, reicht. Die Attraktivität eines Apparates, der seinen unrechtmäßigen Besitzer alle paar Minuten ermahne, sinke doch ganz beträchtlich.
Die Diebstahlquote von Handys in Amsterdam sank jedenfalls binnen vier Monaten um stolze 50 Prozent.
Bleibt nur ein Problem: Bisher war alles nur ein Modellversuch, ein Experiment. Die Amsterdamer Polizei kooperierte hemdsärmelig und ohne jede rechtliche Grundlage mit KPN Telekom. Die versorgten die Polizei mit den nötigen Daten - und haben nun Bedenken, dass dies aus Datenschutzgründen mächtig in die Hose gehen könnte. Schließlich gäbe es da ja noch entsprechende Gesetze, und überhaupt: Brauchen die Beamten nicht so was wie eine richterliche Verfügung, bevor sie jemanden mit Nachrichten bombardieren dürfen?
Die erfahrenen Amsterdamer Beamten sehen im Datenschutz nur eine kleine technische Komplikation, die locker zu lösen wäre. Überhaupt wird gemunkelt, KPN wäre viel besorgter um seine Bandbreiten und den finanziellen Aufwand, sollte das Beispiel Schule machen: Alle drei bis fünf Minuten ein Polizei-Ermahnungs-Spam an jedes geklaute Handy im Lande? Da pfiffe die Infrastruktur ja bald auf dem letzten Loch.
Die Amsterdamer Polizei lässt sich nicht beirren. Derzeit bemüht sich die Behörde um Kooperationen auch mit den anderen Mobilfunk-Betreibern im Lande. Die Beamten sind sich sicher: In der Polizeiarbeit gehört die Zukunft dem Ermahnungs-Spam. Die Amsterdamer Polizeisprecherin Florax ist selbst begeistert vom SMS-Spammen: "Wir glauben, dass man mit dieser Strategie den Handy-Diebstahl in dieser Stadt eliminieren könnte".
Widerstand ist da wohl zwecklos.
SPIEGEL ONLINE - 06. November 2001, 16:32
URL: www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,166388,00.html
Wie macht man ein gestohlenes Handy unbrauchbar? Kein Problem, dachten sich holländische Polizisten, man spamt die Dinger einfach mit SMS-Nachrichten in den Vollstillstand. Die Sache klappt tatsächlich. Der Handy-Diebstahl in Amsterdam ging prompt um 50 Prozent zurück.
DealTime.com (Europe) B.V.
Ping, die Post ist da: Mit bis zu 20 Nachrichten pro Stunde macht Amsterdams Polizei Handydieben das "SMSen" zur Qual
Irgendwie waren sie immer ein wenig lockerer und hemdsärmeliger, unsere Nachbarn da im Westen. Von den Haarnetz-tragenden Langhaar-Soldaten mit Bart in den Siebzigern bis zu den Inline-Skate-fahrenden Amsterdamer City-Polizisten des 21. Jahrhunderts - in Holland löst man Probleme gern unkonventionell und ohne großes Tamtam.
Ziemlich hemdsärmelig ist auch die Methode, die Amsterdams Polizei nun gegen den wuchernden Handy-Diebstahl entwickelte. Zu erwischen sind die Diebe nur selten. Warum also, dachten sich die Beamten, verderben wir ihnen nicht einfach den Spaß und machen die geklauten Apparate unbrauchbar, oder zumindest zur Dauer-Peinlichkeit?
Nichts einfacher als das: Wofür gibt es schließlich SMS ("Short message Service", auch: "Sado-Maso-Schreiben")?
DPA
Anders als die anderen: Auf Taschendiebe macht Amsterdams Polizei per Inline-Skater Jagd, auf Handydiebe per SMS
Dank Amsterdams Polizei wird SMS für Handy-Diebe zunehmend zur Qual: Die Beamten spammen die geklauten Apparate mit sehr behördlich klingenden Warnungen zu: "Achtung", heißt es da, "dies ist ein gestohlenes Handy. Seine Benutzung ist rechtswidrig, der Diebstahl ein Straftatbestand".
Und das alle drei bis fünf Minuten. Macht für den, der das Ding entnervt für eine Stunde deaktiviert, bis zu 20 Nachrichten. Oder 480 Stück am Tag.
Das, weiß die Amsterdamer Polizeisprecherin Ellie Florax zu berichten, reicht. Die Attraktivität eines Apparates, der seinen unrechtmäßigen Besitzer alle paar Minuten ermahne, sinke doch ganz beträchtlich.
Die Diebstahlquote von Handys in Amsterdam sank jedenfalls binnen vier Monaten um stolze 50 Prozent.
Bleibt nur ein Problem: Bisher war alles nur ein Modellversuch, ein Experiment. Die Amsterdamer Polizei kooperierte hemdsärmelig und ohne jede rechtliche Grundlage mit KPN Telekom. Die versorgten die Polizei mit den nötigen Daten - und haben nun Bedenken, dass dies aus Datenschutzgründen mächtig in die Hose gehen könnte. Schließlich gäbe es da ja noch entsprechende Gesetze, und überhaupt: Brauchen die Beamten nicht so was wie eine richterliche Verfügung, bevor sie jemanden mit Nachrichten bombardieren dürfen?
Die erfahrenen Amsterdamer Beamten sehen im Datenschutz nur eine kleine technische Komplikation, die locker zu lösen wäre. Überhaupt wird gemunkelt, KPN wäre viel besorgter um seine Bandbreiten und den finanziellen Aufwand, sollte das Beispiel Schule machen: Alle drei bis fünf Minuten ein Polizei-Ermahnungs-Spam an jedes geklaute Handy im Lande? Da pfiffe die Infrastruktur ja bald auf dem letzten Loch.
Die Amsterdamer Polizei lässt sich nicht beirren. Derzeit bemüht sich die Behörde um Kooperationen auch mit den anderen Mobilfunk-Betreibern im Lande. Die Beamten sind sich sicher: In der Polizeiarbeit gehört die Zukunft dem Ermahnungs-Spam. Die Amsterdamer Polizeisprecherin Florax ist selbst begeistert vom SMS-Spammen: "Wir glauben, dass man mit dieser Strategie den Handy-Diebstahl in dieser Stadt eliminieren könnte".
Widerstand ist da wohl zwecklos.
SPIEGEL ONLINE - 06. November 2001, 16:32
URL: www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,166388,00.html