"Ich mache größere Haufen, als ihr!", tönte einer der Hähne. Mit stolzgeschwellter Hühnerbrust steckte er seinen Kopf straußenähnlich wieder tief in den Sand zurück.
Der Rest der Vogelschar, der wieder einmal zu einer Versammlung in einem großen Nest zusammen kam, flog zu dessen eigenen Nest und guckte begierig.
Tatsächlich, "für einen Bodenbrüter nicht schlecht" sagte einer der Spechte. Stare und Amseln pflichteten ihm, die Nase rümpfend, bei: "es riecht hier seltsam, findet ihr nicht?"
Überhaupt:
Störche, die staksig umherwandern im großen weiten Nest. Pfauen, die zuweilen einen Federkranz bilden und sich von den umstehenden Geiern, Krähen, Spechten, Albatrossen, Amseln, Drosseln, Finken, Meisen und Staren bewundern lassen.
Die leisen Meisen, die in vornehmen und zurückhaltenden Grüppchen umherfliegen.
Spatzen, die es von den Dächern pfeifen. Jeder für sich tiriliert sein eigen Lied.
Zuweilen fliegen freche Elstern von Nest zu Nest und nehmen hier und da gern etwas Blinkendes mit, oder etwas, was sie gerade gut gebrauchen können - für das eigene Nest.
"Also, wie findet ihr das", pfoff einer der Spatzen, "da ist eine der Elstern wieder einmal unterwegs gewesen und hat etwas mitgehen lassen. Ein schönes großes Ei".
"Unerhört!, gakkerten einige der Hühner, einige Eulen krächzten gelangweilt: "Bist du sicher?"
"Na ja, unter der Schale des Eies nachsehend, habe ich andere Eltern ausgemacht – es sieht aus, als ob die Elster dieses Ei nun als das eigene, mühsam gelegte, ausgeben würde", konterte der Spatz.
"Manch Spatz mit schlechteren Augen, der meint er wäre ein Specht, hackt gern mal auf eiserne Laternenpfähle ein, anstatt den eigenen, hölzernen Stamm zu bearbeiten", sagte einer der Kormorane.
Die Kormorane, die sich zusammen mit den Falken und Adlern manchmal als Vogelpolizei betätigen, flogen zum Nest der Elster und sahen genauer nach. "Da ist nichts, was es nicht geben darf", urteilten die Kormorane und flogen wieder fort.
"Wie ein Albatross bei der Landung hast du dich benommen!", urteilten einige, "nicht auf dem Punkt landen können, aber andere des Diebstahls bezichtigen - sowas lieben wir ja!"
Dies traf den Spatz, der extra über den großen Teich kam, um hier nach dem Rechten zu schauen, sehr und er verstummt seitdem. Das nächste Mal würde er sich besser vorbereiten. Die Vogelschar ist ja so sensibel geworden, in der letzten Brutsaison.
Der macht man so schnell nichts mehr vor.
Einer der erfahreneren Adler hatte nämlich ein großes, großes Nest gebaut. "Hier stimmt vieles nicht!" kreischte der Adler. Viele Vögel kamen aus den unterschiedlichsten Nestern, um nachzusehen, was nicht stimmte.
Darunter die Bodenbrüter, die stabile Eier legten, und zuweilen den Kopf in den Sand stecken, wenn ihnen etwas nicht passt. Mit großen Nestern.
Einige ungebetene Kuckucksvögel hinterließen Viren und Würmer in dem großen neuen Nest. Den Adler konnte dies nicht erschrecken.
Andere wiederum, die auch große Nester bauten, und in Kolonien brüten, leben nebeneinander und doch zusammen.
Eine der Kolonien wollte eines Tages nicht mehr zum Adler, in dessen Horst fliegen. Sie fragten gleichgesinnte Vögel, ob man überhaupt noch dorthin fliegen solle, zumindest wollte man keinen Wegweiser mehr sehen...
Man stimmte ab, und gemeinsam wollte man dort nicht mehr hinfliegen.
Einer zog es vor, nicht gleich diese Melodie mit zu pfeifen, las in den Nestbestimmungen "wes Korn du pickst, des Lied pfeifst du!" – er überlegte einen Moment und gab den mühsam erworbenen Federschmuck zurück.
Schließlich gab es noch andere Nester, wo er sich auch behütet fühlte.
Eines Tages ereilte ein gerupftes Huhn, was eigentlich ein Hahn war, das Schicksal der Halbierung. Als halber Hahn zieht er seither manches Mal von Nest zu Nest und versucht krampfhaft Eier zu legen. Nach jedem gelegten "Ei", dreht sich der halbe Hahn stolz um, wundert sich, dass niemand ihn bewundert, fragt aber jeden "wie findet ihr mein schönes, schönes Ei?"
Niemand nahm den halben Hahn ernst. Seit diesem Erlebnis, gibt sich der halbe Hahn als Strauß aus und zeigt jedem sein Häuflein, das er mitunter als schönes, schönes Ei anpreist - dann steckt er den Kopf wiederum tief in den Sand.
Die Moral dieser Fabel?
Nicht alles, was aussieht wie ein Ei, wurde von einer Henne gelegt. Manches sieht nicht einmal aus wie ein Ei, riecht stattdessen einfach nur streng.
Gerupfte Hühner sind keine halben Hähnchen.
Jeder pfeift sein eigen Lied.
Die Melodie aller Vögel und das Innere und Äußere einiger Nester ergibt noch lange kein gemeinsames Lied.
Und:
Bald ist wieder Brutzeit.