Finanzinvestor will Schieder retten
Möbelhersteller» Am Freitag sah es düster aus für Europas größten Möbelhersteller Schieder. Es ging sogar die Angst um, dass preiwerte Möbel – Schieders Spezialität – bald Mangelware sein könnten. Doch nun scheint es so, als sei das Unternehmen gerettet. Ein Finanzinvestor will zuschlagen. Er kenne das Unternehmen gut, heißt es.
HB/ire DÜSSELDORF. Ein Investor sei bereit, das Unternehmen zu übernehmen, teilte Schieder am Sonntagabend mit. Eine entsprechende Absichtserklärung sei bereits unterzeichnet worden. Der vorläufige Insolvenzverwalter habe den Überlegungen zugestimmt. Interims-Geschäftsführer Ulrich Wlecke sagte, geplant sei ein „schnelles Geschäft“, die Übernahme solle in einer Woche durchgezogen werden.
Ziel sei eine „endgültige und nachhaltige Sanierung mit einer neuen Finanzierung für die gesamte Gruppe“, ergänzte ein Unternehmenssprecher. Der Investor kenne das Unternehmen gut, da er zu den Schuldnern gehöre. Er stamme „aus dem angelsächsischen Bereich“. Es sei aber keine der großen Banken. Unter anderem haben die Deutsche Bank, die DZ-Bank und Goldman Sachs dem Möbelhersteller Millionen geliehen.
Schieder hatte am Freitag Insolvenz angemeldet, nachdem Gespräche mit Banken und Investoren über die weitere Finanzierung des von einem Bilanzskandal betroffenen Unternehmens gescheitert waren. Mehrere Hedge-Fonds hätten besonders aggressiv versucht, ihre Forderungen zu sichern, wurde aus Bankenkreisen bekannt.
Schieder ist mit rund 880 Mill. Euro Europas umsatzstärkster Möbelhersteller. Das Unternehmen beliefert 5 000 Kunden in 60 Ländern, darunter den schwedischen Möbelriesen Ikea und den deutschen Discounter Roller. 11 000 Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen, davon gut 1 000 In Deutschland. Ein Stellenabbau sei nicht ausgeschlossen, sagte der Unternehmenssprecher am Sonntag, es sei aber noch zu früh, um mit Zahlen zu arbeiten.
Der große Lieferant preiswerter Wohnmöbel war bereits im April nur ganz knapp an einer Insolvenz vorbeigeschlittert. Unternehmensgründer Rolf Demuth, bis dahin Mehrheitsgesellschafter des Möbelherstellers, musste daraufhin die Macht im Unternehmen an seine Gläubigerbanken abgeben.
Das Bankenkonsortium unter Führung der Investmentbank Goldman Sachs setzte sofort ein neues Management ein. Bei einer anschließenden Überprüfung der Bilanzen hatten sich Unregelmäßigkeiten ergeben, die in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld mündeten. Demuth und sein langjähriger Geschäftsführer Samir Jajjawi sowie zwei weitere ehemalige Schieder-Manager befinden sich seitdem in Untersuchungshaft.
Lesen Sie weiter auf Seite 2: Warum Schieder zusammengebrochen ist
„Mit System“ hätten Mitglieder des alten Managements bei Europas größtem Möbelhersteller Verluste verschleiert, Kreditbetrug verübt und insgesamt „erheblichen Missbrauch“ getrieben, sagte vor einigen Tagen der neue Schieder-Chef Ulrich Wlecke. Hinweise, dass die Manager in die eigene Tasche gewirtschaftet hätten, gebe es aber nicht, bestätigte die Bielefelder Staatsanwaltschaft. Bei einer Verurteilung drohen den Festgenommenen Haftstrafen zwischen fünf und zehn Jahren. Die Ermittlungen gegen die einstigen Manager können nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Monate dauern.
Die Insolvenz Schieders hatte Befürchtungen ausgelöst, es könne zu Problemen bei der Lieferung preiswerter Möbel kommen. In diesem Segment kommt Schieder auf geschätzt 5 bis 7 Prozent Marktanteil. Trotz drohender Insolvenz war die Produktion in den vergangenen Wochen unvermindert weitergegangen. Dies hatte – zumindest kurzfristig – die Nerven vieler Möbelhändler beruhigt, die derzeit ihre Angebote für den Herbst vorbereiteten.
Problemfall Finanzen
Bilanzskandal: Den Beschuldigten wirft die Staatsanwaltschaft vor, die Bilanzen für die vergangenen Jahre um mindestens 34 Mill. Euro geschönt zu haben. Dadurch war der Weg für neue Kredite von 283 Mill. Euro erst frei geworden.
Dominosteine: Wie Dominosteine kippten die einzelnen Finanzierungsinstrumente, die Schieder unter Führung des Unternehmensgründers Rolf Demuth mühsam aufgebaut hatte. So wurden beispielsweise aus den Genussscheinen im Wert von 50 Mill. Euro, die Schieder seit 2004 ausgegeben hatte und die in der Bilanz wie Eigenkapital behandelt wurden, durch die aufgedeckten Bilanzmanipulationen quasi „über Nacht“, wie Firmenchef Ulrich Wleke berichtet, Verbindlichkeiten.
[17.06.2007]
Möbelhersteller» Am Freitag sah es düster aus für Europas größten Möbelhersteller Schieder. Es ging sogar die Angst um, dass preiwerte Möbel – Schieders Spezialität – bald Mangelware sein könnten. Doch nun scheint es so, als sei das Unternehmen gerettet. Ein Finanzinvestor will zuschlagen. Er kenne das Unternehmen gut, heißt es.
HB/ire DÜSSELDORF. Ein Investor sei bereit, das Unternehmen zu übernehmen, teilte Schieder am Sonntagabend mit. Eine entsprechende Absichtserklärung sei bereits unterzeichnet worden. Der vorläufige Insolvenzverwalter habe den Überlegungen zugestimmt. Interims-Geschäftsführer Ulrich Wlecke sagte, geplant sei ein „schnelles Geschäft“, die Übernahme solle in einer Woche durchgezogen werden.
Ziel sei eine „endgültige und nachhaltige Sanierung mit einer neuen Finanzierung für die gesamte Gruppe“, ergänzte ein Unternehmenssprecher. Der Investor kenne das Unternehmen gut, da er zu den Schuldnern gehöre. Er stamme „aus dem angelsächsischen Bereich“. Es sei aber keine der großen Banken. Unter anderem haben die Deutsche Bank, die DZ-Bank und Goldman Sachs dem Möbelhersteller Millionen geliehen.
Schieder hatte am Freitag Insolvenz angemeldet, nachdem Gespräche mit Banken und Investoren über die weitere Finanzierung des von einem Bilanzskandal betroffenen Unternehmens gescheitert waren. Mehrere Hedge-Fonds hätten besonders aggressiv versucht, ihre Forderungen zu sichern, wurde aus Bankenkreisen bekannt.
Schieder ist mit rund 880 Mill. Euro Europas umsatzstärkster Möbelhersteller. Das Unternehmen beliefert 5 000 Kunden in 60 Ländern, darunter den schwedischen Möbelriesen Ikea und den deutschen Discounter Roller. 11 000 Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen, davon gut 1 000 In Deutschland. Ein Stellenabbau sei nicht ausgeschlossen, sagte der Unternehmenssprecher am Sonntag, es sei aber noch zu früh, um mit Zahlen zu arbeiten.
Der große Lieferant preiswerter Wohnmöbel war bereits im April nur ganz knapp an einer Insolvenz vorbeigeschlittert. Unternehmensgründer Rolf Demuth, bis dahin Mehrheitsgesellschafter des Möbelherstellers, musste daraufhin die Macht im Unternehmen an seine Gläubigerbanken abgeben.
Das Bankenkonsortium unter Führung der Investmentbank Goldman Sachs setzte sofort ein neues Management ein. Bei einer anschließenden Überprüfung der Bilanzen hatten sich Unregelmäßigkeiten ergeben, die in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld mündeten. Demuth und sein langjähriger Geschäftsführer Samir Jajjawi sowie zwei weitere ehemalige Schieder-Manager befinden sich seitdem in Untersuchungshaft.
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„Mit System“ hätten Mitglieder des alten Managements bei Europas größtem Möbelhersteller Verluste verschleiert, Kreditbetrug verübt und insgesamt „erheblichen Missbrauch“ getrieben, sagte vor einigen Tagen der neue Schieder-Chef Ulrich Wlecke. Hinweise, dass die Manager in die eigene Tasche gewirtschaftet hätten, gebe es aber nicht, bestätigte die Bielefelder Staatsanwaltschaft. Bei einer Verurteilung drohen den Festgenommenen Haftstrafen zwischen fünf und zehn Jahren. Die Ermittlungen gegen die einstigen Manager können nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Monate dauern.
Die Insolvenz Schieders hatte Befürchtungen ausgelöst, es könne zu Problemen bei der Lieferung preiswerter Möbel kommen. In diesem Segment kommt Schieder auf geschätzt 5 bis 7 Prozent Marktanteil. Trotz drohender Insolvenz war die Produktion in den vergangenen Wochen unvermindert weitergegangen. Dies hatte – zumindest kurzfristig – die Nerven vieler Möbelhändler beruhigt, die derzeit ihre Angebote für den Herbst vorbereiteten.
Problemfall Finanzen
Bilanzskandal: Den Beschuldigten wirft die Staatsanwaltschaft vor, die Bilanzen für die vergangenen Jahre um mindestens 34 Mill. Euro geschönt zu haben. Dadurch war der Weg für neue Kredite von 283 Mill. Euro erst frei geworden.
Dominosteine: Wie Dominosteine kippten die einzelnen Finanzierungsinstrumente, die Schieder unter Führung des Unternehmensgründers Rolf Demuth mühsam aufgebaut hatte. So wurden beispielsweise aus den Genussscheinen im Wert von 50 Mill. Euro, die Schieder seit 2004 ausgegeben hatte und die in der Bilanz wie Eigenkapital behandelt wurden, durch die aufgedeckten Bilanzmanipulationen quasi „über Nacht“, wie Firmenchef Ulrich Wleke berichtet, Verbindlichkeiten.
[17.06.2007]