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Viele europäische Experten glauben weiterhin an den Softwareriesen
Zweifel von US-Analysten drücken SAP-Kurs in den Keller
HANDELSBLATT, Donnerstag, 30. März 2000
koe FRANKFURT/M. Der Software-Hersteller SAP AG gerät wegen seiner Internet-Strategie unter Druck. Einige amerikanische Analysten äußerten im Anschluss an ein Investorentreffen Zweifel am Erfolg und damit den Absatzchancen der Internet-Plattform „mysap.com“. Auch die Aussichten für die Internet-Marktplätze der SAP wurden vereinzelt skeptisch beurteilt. In Frankfurt gaben die SAP-Vorzüge daraufhin zeitweise um mehr als 10 % nach. Das Papier hatte am Mittwoch an der Wallstreet fast 20 % eingebüßt.
Der Stimmungsumschwung kommt überraschend. Noch vor wenigen Tagen hatten sich europäische Analysten überwiegend positiv zur SAP geäußert. Die Experten von Merill Lynch hatten Anfang März ihr Kursziel gerade mit Blick auf das angeblich sehr erfolgreiche Geschäft mit der Internetplattform „mysap.com“ von 1 000 auf 1 350 Euro angehoben. Auch Sal. Oppenheim hat als Kursziel 1 200 Euro vorgegeben. Begründung: Die neuen Produkte würden gut vom Markt akzeptiert.
An dieser generellen Einschätzung hat sich bei vielen deutschen Analysten offensichtlich wenig geändert. „Kein Grund für eine Neubewertung“, sagt etwa Alfred Schoengraf von Delbrück Asset Management. Es sei in San Francisco nicht negatives aber auch nichts positives erzählt worden. SAP habe an der Börse ein beeindruckendes Rennen absolviert, jetzt müsse man dem Unternehmen auch mal eine Pause gönnen. Auch die Experten von Lehman Brothers empfahlen die SAP-Aktie gestern zum Kauf. Das niedrigere Kursniveau solle zum Einstieg genutzt werden.
Dass der SAP-Kurs trotz der generell positiven Einschätzung derart stark absackte, hat mehrere Ursachen: Zum einen ist SAP in den allgemeinen Sog einer Korrektur von Technologiewerten geraten. Offensichtlich konnte der deutsche Softwarekonzern die skeptische Haltung einzelner Investoren gegenüber der aktuellen Börsenbewertung von Technologietiteln bei dem Investorentreffen in San Francisco nicht ausräumen. Zusätzlich angefacht wurden die Zweifel durch SAP-Vorstandssprecher Hasso Plattner. Er hatte Unverständnis darüber geäußert, dass Firmen, die Internet-Technologie für den Bereich E-Commerce zur Verfügung stellen, an der Börse höher bewertet werden, als die traditionellen Unternehmen, die mit Hilfte dieser Software die Produkte herstellen.
Dies wurde offenbar von einigen Analysten dahingehend interpretiert, dass sich SAP in diesem Bereich nicht entsprechend aufstellen wolle. Der Hinweis Plattners, die SAP werde sich an diesem Spiel beteiligen und habe dies durch die Gründung der neuen Marktplatztochter „SAP Markets“ dokumentiert, konnte an dieser Interpretation nichts ändern.
Gleichzeitig sahen sich die SAP-Vertreter einer großen Erwartung gegenüber gestellt, die sie nicht erfüllen konnten. Schon im Vorfeld hatten Analysten die Vermutung geäußert, SAP werde die Veranstaltung dazu nutzen, neue Kooperationen mit Unternehmen bekanntzugeben.
Goldman Sachs hatte vor wenigen Tagen sogar ausdrücklich vor eventuellen Kursrückschlägen gewarnt, falls die erwarteten Ankündigungen ausblieben. Allerdings solle man die niedrigeren Notierungen dann dazu nutzen, in den Wert zu investieren. Im Visier hatten die Finanzexperten den geplanten Internet-Marktplatz für die Zulieferindustrie von Daimler-Chrysler, Ford und General Motor. Bislang ist SAP bei diesem Joint-Venture außen vor geblieben. Technologiepartner sind Commerce One und Oracle. Zwar werden SAP gute Chancen eingeräumt, Kooperationspartner von Daimler-Chrysler und damit dritter Technologielieferant für den Zuliefermarktplatz zu werden. Die Verhandlungen ziehen sich aber länger hin, als allgemein erwartet.
Zudem kursieren laut Schoengraf Gerüchte, dass ein Fonds mit einer großen Position von SAP-Papieren aufgelöst werde. Gleichzeitig dürften auch die verhaltenen Gewinnerwartungen für das erste Quartal 2000 die SAP-Aktie belasten. Zwar nannte SAP in San Francisco keine Zahlen. Doch am Rande des Treffens spekulierten die Analysten heftig über geringere Gewinne. SAP selbst weist seit Wochen auf ein schwächeres Quartal hin. „Doch das haben einige Investoren offenbar vergessen, sagte Schoengraf.
Vor allem die Kosten für das Mitarbeiterprogramm Star von rund 1,3 Mrd. Euro werden die Vierteljahres-Zahlen belasten. SAP hat dafür in den ersten drei Monaten dieses Jahres Aufwendungen von rund 145 Mill. Euro veranschlagt.
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