Werden die Vorsichtigen jetzt weichgekocht? (I)
von Ronald Gehrt
Guten Morgen, verehrte Leserinnen und Leser!
Gestern schrieb mir ein Leser, er bereue es, im Sommer seine Aktien verkauft zu haben. Und er bereue es noch mehr, nicht zu günstigen Kursen längst wieder eingestiegen zu sein. Ich warne und warne ... doch ich kann ihn verstehen.
Klar, wenn man sich nun die Charts ansieht sieht man seit Wochen steigende Kurse. Man realisiert dabei in der Regel nicht, dass ein auch nur einigermaßen sicheres Kauflevel erst beim Ausbruch des Dax über 7.630 gegeben gewesen wäre, also nur gut 300 Punkte unter aktuellem Stand. Nein, man sieht den Chart vom absoluten Verlaufstief bei 7.190 und rechnet von dort aus.
Und manch einer sieht das nicht als Bewegung an, bei der man nicht dabei war, sondern als faktischen „Verlust“. Letzteres ist zwar falsch, weil dem Markt fernzubleiben keine Verluste mit sich bringen kann. aber es sogar das ist verständlich. Denn dieses Denken basiert meist auf einem Aspekt:
Vorsicht wird bestraft
Das beachten der Rahmenbedingungen, das nachdenken über die Lage und die Konsequenz daraus, sich zurück zu halten, scheint nun wie eine Dummheit auszusehen. Es sieht aus, als würde Vernunft an der Börse bestraft und die dümmsten Bauern, die gar nicht mitbekommen haben, wie gefährlich die Situation ist, haben nun die dicksten Kartoffeln geerntet.
Wieder einmal sieht es so aus, als wäre die stupide Regel der Marktschreier und Scharlatane die richtige: Wenn’s fällt, einfach kaufen. Es kann nur steigen. Sie riskieren nicht das Geringste! Es ist mir zuwider, dergleichen auch nur zu kommentieren, zumal man deren Argumente nie widerlegen kann ... denn sie haben keine. Und doch ...
... wer am lautesten schreit, scheint momentan recht zu bekommen. Und eines ist zweifellos richtig: Selbst, wenn nun plötzlich eine kalte Dusche wie Ende Februar käme, blieben noch hinreichend Zeit, um mit geringen Verlusten oder gar einem kleinen Gewinn auszusteigen. Aber da kommt ein Häkchen ins Spiel:
Noch liegen potenzieller Einstieg und Stoppmarke übereinander
Wer bei 7.200 oder auch nur 7.350 eingestiegen ist, hat einfach nur Glück gehabt. Sie wissen ja nun, dass diese Rallye seit der Zinssenkung in den USA im Endeffekt der allerersten Reaktion nach dieser Notenbanksitzung zu verdanken war. Es hätte genauso logisch und gut klingende Argumente zur Begründung gegeben, hätten die Aktienmärkte danach neue Tiefs markiert. Erst nach der Bekanntgabe dieser Zinssenkung, also bei einem Dax über 7.630 (siehe Chart, indiziert mit „3“), hätte man zumindest eine charttechnische Basis gehabt, um einzusteigen ... wäre da aber schon einmal verlustreich in eine Bullenfalle getappt (im Chart indiziert mit „2“).

Nun überlegen wir mal anhand des Dax-Chart: „Gefühlt“ wäre man bei 7.200 eingestiegen, realistisch bei 7.630 aufwärts. Wo wäre denn nun der Punkt, an dem man umgekehrt eine wenigstens charttechnisch einigermaßen brauchbare Basis haben würde um auszusteigen? Also ein Punkt, wo man nicht raten muss, wie es weitergeht, sondern wenigstens die Charttechnik andeutet – und sicher ist ja das ebenfalls keineswegs – dass es bei Unterschreiten dieser Linie weiter fällt?
Sehen sie sich den Chart an: Es ist die Kreuzunterstützungs-Zone zwischen 7.560 und 7.650 (indiziert mit „4“, darunter wäre wieder ein Test der 7.350 zu erwarten). Noch lägen mögliches Einstiegsniveau und die erste Stoppmarke somit auf dem selben Niveau.
Am Hoch verkaufen, am Tief einsteigen?
Ich bitte Sie inständig: Denken Sie daran, bevor Sie jetzt entnervt doch noch kaufen! Denken sie nicht nach Schema F, indem Sie das Tief im August ansehen und bis zum heutigen Stand die Differenz ausrechnen. Und sehen Sie eine Strecke des Dax, die der ohne sie lief, vor allem nicht als Verlust, den man nun aufholen muss, indem man besonders spekulative Positionen kauft!
Und wenn Sie daraus die Konsequenz ziehen „das passiert mir nie wieder, ich kaufe jetzt jedes Mal, wenn es runter geht“ ... stehen Sie direkt davor, zwei massive Fehler zu machen!
Wenn Sie ab sofort ebenfalls die dicksten Kartoffeln ernten wollen ... müssen Sie am besten auch genau am Hoch verkaufen (sprich raten und Glück haben). Oder dann, wenn ein einigermaßen brauchbares Verkaufssignal generiert wird. Im Juli war das der Rutsch unter 7.750 auf Schlusskursbasis. Das nächste Opening, zu dem man da hätte aussteigen können war 7.708 Punkte am 26.7 (im Chart indiziert mit „1“). Alles darüber war nur eine Seitwärtskonsolidierung, bei der es keine Vorgabe gab, wann es und ob es überhaupt nach unten ausbricht.
Wer höher verkauft hat, musste also raten ... oder hat verkauft, weil sich die Rahmenbedingungen verschlechtert hatten. Doch ersteres hieße Glück haben, zweites ist keine Basis für Timing. Also wartet man auf die Charttechnik. Gut, das hieße: Raus bei 7.708 im Dax ... und sieben Wochen später wieder rein bei 7.630. Mit Verkaufs- und Kaufgebühren kommen wir da auf Plusminus Null. Dazu, weil es gerade zum Thema passt:
Was Jochen Steffens sagt
Sie wissen, liebe Leser, dass ein Newsletter kein Börsendienst ist. Der Daily Observer kann informieren, Denkanstöße geben ... aber ich kann Ihnen in einem solchen Rahmen keine konkreten Empfehlungen geben.
Aber ich kann Ihnen diejenigen Kollegen ans Herz legen, deren Dienst im Investor-Verlag zuhause ist. Und gerade für Situationen wie diese ist mein wirklich sehr geschätzter Kollege Jochen Steffens eine ideale Adresse! Und auch er, den nun wirklich niemand als „Dauer-Bär“ ansehen könnte, ist momentan sehr beunruhigt hinsichtlich der fröhlichen Aktienhausse und nutzt daher konkret Sondersituationen.
Sein „Target Trader“ ist ein Börsendienst für aktive, ein bisschen risikobereite Investoren, die bereit sind, auch mal ungewöhnliche Investments einzugehen und schnell zuzuschlagen, wenn es etwas zu verdienen gibt. Und Jochen Steffens ist genau der richtige, um das zu präsentieren. Er ist ein cleverer Börsianer mit langer Erfahrung, flexibler Denkweise und flotter Schreibe. Es macht Spaß, ihn zu lesen, und seine Art, die Märkte zu analysieren, ist vorurteilsfrei und jedem verständlich. Wir sind keineswegs immer einer Meinung (aktuell allerdings schon), aber was er empfiehlt, hat Hand und Fuß. Ich schlage vor, Sie sehen sich das einmal an!
