(Neu: Aktienkurs aktualisiert, Analysten, Einzelheiten) - Von Andreas Möser - Hannover, 25. Apr (Reuters) - Der weltgrößte Touristikkonzern Preussag erwartet 2002 für die europäische Reisebranche deutliche Einbußen. Konzernchef Michael Frenzel kündigte am Donnerstag zusätzliche Sparmaßnahmen an, um eigene Einbußen möglichst gering zu halten, nachdem Umsatz und Ergebnis im ersten Quartal bereits rückläufig gewesen seien. Wenn die Konjunktur nicht anspringe, sehe er "keine Chance", das Rekordergebnis des Vorjahres zu erreichen, sagte Frenzel auf der Bilanzpressekonferenz in Hannover. Erstmals räumte Preussag in seiner künftig wichtigsten Konzernsparte Touristik erhebliche Probleme im größten europäischen Reisemarkt Deutschland ein. Hier rechnet der Konzern mit einem Marktrückgang von sechs bis acht Prozent, will aber selbst besser abschneiden. Derzeit liegt Preussag für die im Touristikgeschäft maßgebliche Sommersaison beim gebuchten Umsatz in Deutschland noch 13 Prozent unter dem Vorjahr. Europaweit beträgt das Minus bei 8,5 Prozent, da der britische Markt einen deutlich geringeren Rückgang von vier Prozent verzeichne. Für die Wintersaison bezifferte Frenzel das Umsatzminus auf elf Prozent. Konkrete Zahlen zu den Einbußen im ersten Quartal 2002 nannte Preussag noch nicht. KEINE WEITEREN PREISSENKUNGEN - NOCH KEIN KAPAZITÄTSABBAU Preussag hofft auf weiterhin anziehende Buchungszahlen für den Sommer, will aber keine zusätzlichen Preisanreize schaffen. "Für uns ist der Sommer noch nicht abgeschrieben", sagte Frenzel. Die Hauptbuchungszeit stehe noch bevor. Zugleich schloss er negative Auswirkungen durch das Attentat auf der tunesischen Urlaubsinsel Djerba nicht aus. An den Folgen der Explosion sind elf deutsche Touristen gestorben, die mit einem Reisebus der Preussag-Tochter TUI unterwegs waren. Die Kapazitäten würden aber derzeit noch nicht weiter zurückgefahren. "Wir können kurzfristig reagieren, falls sich die Buchungen, die wir für die Hochsaison dieses Sommers noch erwarten, in den nächsten Wochen nicht konkretisieren sollten", sagte Frenzel und verwies auf flexiblere Steuermöglichkeiten. Konkurrent Thomas Cook hatte vorige Woche dagegen eine Kapazitätskürzung um gut zehn Prozent angekündigt. ERGEBNIS FÜR 2001 ÜBER DEN ERWARTUNGEN Die erstmals vorgelegten Bilanzzahlen für das abgelaufene Jahr 2001 waren leicht besser als von Analysten erwartet. Trotz Einbußen durch die schwache Konjunktur und die ersten Folgen der Anschläge in den USA stieg das operative Ergebnis (EBTA) um neun Prozent auf 811 Millionen Euro und damit den höchsten Wert der Konzerngeschichte. Analysten hatten im Schnitt knapp 800 Millionen erwartet. Der Umsatz sei um 2,6 Prozent auf 22,4 Milliarden Euro gewachsen, der Reingewinn um 2,2 Prozent auf 411 Millionen Euro, teilte Frenzel weiter mit. 2002 EXTREM SCHWIERIGES REISEJAHR "2002 ist insbesondere in Deutschland ein extremes Reisejahr", sagte Frenzel. Als Gründe für die Rückstände in Deutschland nannte er die Unsicherheit vieler Bürger infolge der schwachen Konjunktur und den Trend zum späten Buchen. Für das laufende Jahr legte sich Preussag diesmal zur Bilanzpressekonferenz erstmals auf keine konkrete Ergebnis- und Umsatzprognose fest. Für das Gesamtjahr sei allenfalls ein operatives Ergebnis in der Nähe des Vorjahresniveaus erreichbar, sagte Frenzel, verwies aber später auf den dafür noch notwendigen Konjunkturaufschwung. In der Touristik und der Logistik würden die Ergebnisse zurückgehen. In der Energiesparte lasse sich das Niveau möglicherweise halten. Zugleich wurde das Ende vorigen Jahres beschlossene Kostensenkungsprogramm für 2002 von 120 Millionen Euro auf 160 Millionen Euro erhöht. Der bislang geplante Abbau von 1200 Stellen, davon zwei Drittel in Großbritannien und ein Drittel in Deutschland, werde nicht erhöht, sagte Frenzel. Finanzvorstand Rainer Feuerhake kündigte an, die Nettoverschulden bis zum Frühsommer 2003 durch Verkauf unter anderem des US-Stahlhandels von 6,2 Milliarden Euro auf rund vier Milliarden Euro zu senken. Analysten begrüßten in ersten Reaktionen den Kurs der Preussag. Die Bilanz des Vorjahres liege im Rahmen der Erwartungen. Die Zurückhaltung beim Kapazitätsabbau sei auf Grund des guten Mixes an Eigen- und Fremdkapazitäten in Ordnung, hieß es. "Es ist auch gut, dass Preussag die Preise weiter stabil halten und vor allem die eigenen Kapazitäten auslasten will", sagte Christian Obst von der Hypovereinsbank. So sah Obst trotz des möglichen Ergebnisrückgangs keinen Grund seine "Kauf"-Empfehlung für die Preussag-Aktie zu revidieren. Die Aktie habe weiterhin Potenzial. Sie stieg am Donnerstag in einem schwächeren Marktumfeld um gut zwei Prozent auf knapp 31 Euro. Im Plan liegt Preussag mit der geplanten Namensänderung in TUI AG. Der Aufsichtsrat billigte, den Namen der wichtigsten Touristiktochter bei der Hauptversammlung im Juni zu übernehmen. amr/zap Veröffentlicht von RZ-Online am 25.04.2002 17:12